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Berliner Kurier 11.08.2019

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19<br />

Die<br />

Nützlichmacher<br />

Pflanzenschädlingen mit Chemiekeulen zu Leibe zu rücken, mag effektiv sein.<br />

Viel besser aber ist es für Ihren Balkon und Ihren Garten, wenn Siesich<br />

mit den natürlichen Feinden von Blattlaus und Co.verbünden<br />

dünnt versprüht. Auch Ackerschachtelhalm<br />

lässt sich zu einer<br />

wirksamen Substanz verarbeiteten<br />

(24 Stunden mit<br />

Wasser ziehen lassen, dann eine<br />

halbe Stunde kochen und<br />

durchsieben), den Extrakt gibt<br />

es auch fertig im Gartenhandel.<br />

Zwiebeln und Knoblauch<br />

sind ebenfalls bewährte Zutaten<br />

für Jauchen und Spitzbrühen,<br />

sie helfen auch gegen Milben<br />

und Pilzkrankheiten. Genauso<br />

Rainfarn, auch ein heimisches<br />

Wildkraut, das<br />

allerdings giftig ist und daher,<br />

wenn überhaupt, mit viel Umsicht<br />

zu behandeln ist.<br />

Außer solchen Sofortmaßnahmen<br />

sollten wir es nützlichen<br />

Tieren so angenehm wie<br />

möglich machen: Mit Hecken<br />

und Nistkästen für Vögel, mit<br />

umgedrehten, mit Holzwolle<br />

oder Heu gefüllten Blumentöpfen<br />

für Ohrenkneifer, mit<br />

nahrhaften Blüten für Florfliegen,<br />

die sich von Nektar, Pollen<br />

und Läusen ernähren.<br />

Laufkäfer, die Läuse, Kartoffelkäfer,<br />

Schnecken und<br />

Drahtwürmer verzehren, freuen<br />

sich über Totholz, Laub<br />

oder Steine, unter denen sie<br />

sich verstecken können.<br />

Schlupfwespen legen ihre Eier<br />

–200 bis 1000 pro Weibchen –<br />

direkt in Blattläuse, sie überwintern<br />

im Baumschnitt und<br />

in abgestorbenen Pflanzenteilen.<br />

Auch Marienkäfer<br />

und ihre Larven, Raubwanzen<br />

und Spinnentiere sind hungrige<br />

Helfer, ihnen nützt ein wenig<br />

„Unordnung“ im Garten<br />

zum Überleben und Überwintern.<br />

Es lohnt sich, bei Blattlausbefall<br />

genau hinzuschauen: Zwischen<br />

Ameisen, die Blattläuse<br />

lieben, umsorgen und auch<br />

verteidigen, weil sie deren süße<br />

Ausscheidungen fressen,<br />

finden sich oft auch die hungrigen<br />

Feinde. Obwohl einige davon<br />

–Ohrenkneifer oder knubbelige<br />

Larven –wirklich nicht<br />

sehr hübsch aussehen, ist es<br />

wichtig, sie kennenzulernen,<br />

damit wir sie nicht versehentlich<br />

töten. Man kann Marienkäfer-<br />

und Florfliegenlarven<br />

auch kaufen. Sinnvoller und<br />

günstiger ist es, die vorhandenen<br />

Populationen ihr Gleichgewicht<br />

finden zu lassen.<br />

Die eleganteste Art der Prophylaxe<br />

ist vorausschauende<br />

Gartenplanung: Zwischen bedrohten<br />

Pflanzen sollten Lavendel,<br />

Bohnenkraut, Knoblauch<br />

oder Zwiebeln wachsen,<br />

ihren Geruch mögen Läuse<br />

Dieärgsten<br />

Plagegeister<br />

sindoft<br />

Schnecken.<br />

nicht. Gegen schädliche Fadenwürmer<br />

im Boden helfen<br />

Studentenblumen im Gemüsebeet,<br />

deren Blüten, sofern ungefüllt,<br />

zudem nützliche Insekten<br />

anziehen.<br />

Kohlraupenbefall vermeidet<br />

man durch Mischkulturen mit<br />

Tomaten, Sellerie oder Spinat<br />

– der Geruch ihrer Blätter<br />

überdeckt das anziehende<br />

Kohlaroma, auch die Möhrenfliege<br />

führt man mit zwischen<br />

Karotten gepflanzten Zwiebeln<br />

in die Irre.<br />

Auch im Garten sind Monokulturen<br />

anfälliger für unerwünschte<br />

Gäste. Ein hübsches,<br />

durchdachtes Durcheinander<br />

hält viele Schädlinge ab oder<br />

zumindest in Grenzen.<br />

Pilzkrankheiten wie Echter<br />

und Falscher Mehltau oder<br />

Kräuselkrankheit werden je<br />

nach Erreger mit Ackerschachtelhalmbrühen<br />

oder anderen<br />

Kräutermitteln bekämpft.<br />

Manche Gärtner<br />

schwören auf verdünnte<br />

Milch, deren Bakterien die Pilze<br />

bekämpfen. Befallene Blätter<br />

werden entfernt und nicht<br />

auf dem Komposthaufen, sondern<br />

in der Biotonne entsorgt.<br />

Natürlich sind gesunde, gut<br />

an den Standort angepasste<br />

Gartenbewohner robuster als<br />

die sprichwörtliche „Treibhauspflanze“<br />

–schnell hochgezogen,<br />

an Insektizide gewöhnt<br />

und oft sehr zart im<br />

Blatt, leiden sie mehr unter einer<br />

Schädlingsattacke als bei<br />

Wind und Wetter langsam gewachsenes<br />

Grün.<br />

Die ärgsten Plagen sind oft<br />

Schnecken, jedenfalls, wenn<br />

der Sommer nicht so trocken<br />

ist wie der letzte. Hier helfen<br />

nur ein Schneckenzaun, eine<br />

Bierfalle und das Absammeln<br />

und, wenn man Glück hat, Igel,<br />

Blindschleichen, Kröten, Frösche,<br />

Spitzmäuse, Maulwürfe,<br />

Eichhörnchen oder der gefleckte<br />

Tigerschnegel, eine<br />

große Nacktschnecke, die von<br />

anderen Nacktschnecken lebt.<br />

Verzichtet man also auf Gift<br />

und bietet Lebensraum, stellen<br />

sich Nützlinge von Florfliege<br />

bis Igel ganz von alleine ein.<br />

Sie machen den Garten mit der<br />

Zeit zu einem vielfältigen, ausbalancierten<br />

Biotop, in dem<br />

Läuse, Raupen oder Schnecken<br />

schon mal gefressen werden,<br />

bevor wir sie überhaupt<br />

bemerken.<br />

Sabine Rohlfs

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