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SEITE19<br />
BERLINER KURIER, Donnerstag, 15. August 2019<br />
BossDirk Zingler stelltsich<br />
hinter das eiserne Schweigen<br />
Eisernen nichts vom Stimmungs-Boykott<br />
Spiel und nicht einmal 15 Minuten,<br />
ach, nicht eine Minute.“<br />
Kaum jemand kann die Chemie<br />
zwischen Rasen und Rängen<br />
besser fühlen als Matthies.<br />
Viermal haben die Anhänger<br />
ihn zu Unions Spieler des Jahres<br />
gewählt und hätten es wahrscheinlich<br />
viel öfter getan, wäre<br />
diese Ehrung nicht erst 1982<br />
eingeführt worden. Als es 2006<br />
darum ging, Unions wertvollsten<br />
Spieler der Vereinsgeschichte<br />
zu wählen, war auch<br />
da die langjährige Nummer 1<br />
die tatsächliche Nummer 1.<br />
Selbst den Pokalhelden von<br />
1968 hat er den Rang abgelaufen.<br />
Umso aufmerksamer sollten<br />
alle zuhören, wenn Matthies<br />
vor dem Start in eine völlig<br />
neue Etappe sagt: „Wenn ich<br />
könnte, würde ich den Anhängern<br />
ins Gewissen reden, ihren<br />
Boykott irgendwie anders zu<br />
artikulieren, nur nicht zum<br />
Schaden der Mannschaft. Dass<br />
der erste Gegner ausgerechnet<br />
So schön wird die Atmosphäre<br />
am Sonntag in der Försterei.<br />
RB Leipzig ist, hat doch nie-<br />
mand von uns zu verantwor-<br />
ten.“<br />
Von sich aus auf den sprich-<br />
wörtlichen 12. Mann zu ver-<br />
zichten, zumal noch als Neu-<br />
ling gegen den Vorjahresdrit-<br />
ten, ist für Matthies so, „als<br />
würden wir am Anfang freiwil-<br />
macht doch auch niemand.“<br />
Außerdem weiß seit dem<br />
lig nur zu zehnt auflaufen. Das<br />
Abend des 27. Mai, seit<br />
22.27 Uhr an jenem denkwürdigen<br />
Montag jeder,<br />
„dass unsere Mannschaft<br />
die Anfeuerung jetzt noch<br />
nötiger hat als sonst schon.<br />
Außerdem ist Leipzig alles<br />
andere als Fallobst und<br />
nur gemeinsam können wir<br />
ein erfolgreiches Debüt feiern.“<br />
Also, Leute, wenn der Kult-<br />
Keeper einen Wunsch frei hat<br />
und ihr den erfüllen möchtet,<br />
lasst es von der ersten Sekunde<br />
an krachen!<br />
o/Koch (2)<br />
Fotos: City-Press (2), imago<br />
Berlin – Die Debatte ist da, die<br />
Oliver Ruhnert vor Saisonbeginn<br />
geahnthatte. Unions Manager<br />
hätte jeden Klub gern<br />
zum ersten Spieltag als Gast<br />
gesehen, nur eben nicht Leipzig.<br />
Weil er befürchtete, dass<br />
das Politische die reine Vorfreude<br />
auf den historisch ersten<br />
Bundesligaspieltag in den<br />
Hintergrunddrücken könnte.<br />
Seit Tagen wird der Protestaufruf<br />
der Szene Köpenick –das<br />
sind nicht nur die Ultras, sondern<br />
auch zahlreiche Fanclubs –<br />
kontrovers diskutiert. 15 Minuten<br />
soll lautstark geschwiegen<br />
werden, umsodie Ablehnung<br />
gegenüber RB zum Ausdruck zu<br />
bringen.<br />
Nicht alle finden die Art und<br />
Weise des Protestes gut oder<br />
halten den Zeitpunkt für gelungen.<br />
Es wird heftig im Internet<br />
um den Plangerungen. Und das<br />
mit so viel Leidenschaft, dass einem<br />
kaum bange werden muss,<br />
was ab Minute 15:01 im Stadion<br />
am Sonntag gegen das Marketing-Konstrukt<br />
eines Getränkeherstellers<br />
los sein wird. Da<br />
wird es dann richtig krachen<br />
und laut werden.<br />
Bei einer Union-Sondersen-<br />
dung von Radio 1 am<br />
Dienstagabend stellte<br />
sich im übrigen Präsident<br />
Dirk Zingler voll<br />
hinter die Idee des<br />
stummen Fan-Protestes.<br />
„Die Ultras<br />
haben den Verein<br />
BossDirk Zingler unterstützt<br />
den Protestaufruf der Ultras.<br />
Die Ultras vomWuhlesyndikat rufen zu einem 15-minütigen Schweigen auf.<br />
an ihrer Seite“, sagte der 54-Jährige.<br />
Seine nachvollziehbare Begründung:<br />
„Ich habe in den letzten<br />
Wochen immer wieder gesagt,<br />
dass wir darauf achten,<br />
dass sich Union nicht verändert.<br />
Deshalb ist es für mich brutal<br />
ehrlich, dass die Szenesagt: Wir<br />
verhalten uns in der ersten<br />
Liga genauso wie in<br />
der zweiten Liga.<br />
Schon da haben<br />
wir klar Position<br />
und Haltung gegen<br />
Leipzig bezogen“,<br />
so<br />
Unions Präsident.<br />
„Ich<br />
halte es für<br />
sehr ehrlich,<br />
es auch jetzt zu<br />
machen. Es ist<br />
schmerzhaft für<br />
uns, dass<br />
es am ersten Spieltag ist. Vielleicht<br />
ist es deshalb auchbesonders<br />
stark, es wirklich in den ersten<br />
15 Minuten zu machen“, so<br />
sein Statement.<br />
Auch das Wuhlesyndikat<br />
(WS), UnionsgrößteUltragruppierung,<br />
meldete sich auf ihrer<br />
Homepage noch einmal ausführlich<br />
und sehr differenziert<br />
zu Wort<br />
und verteidigte sein Andas<br />
keiner „Ultra-Laune“<br />
liegen, entsprungen sei. Der Wider-<br />
das Konstrukt müs-<br />
stand gegen<br />
se lebendig gehalten werden.<br />
„Ein Spiel gegen dieses kann nie<br />
ein normales Spiel sein!“,sodie<br />
Begründung.<br />
Andere Protestformen wie<br />
Banner,<br />
Choreografien oder<br />
Spruchbänder wurden verwor-<br />
es nach Meinung des<br />
fen, weil<br />
WS<br />
keine „wirkungsvollere<br />
Form“ als das brutale Schwei-<br />
kann. Dies werde<br />
gen geben<br />
man auch in den kommenden<br />
Jahren so durchziehen, denn<br />
Leipzig<br />
mit seinen 17 Mitglie-<br />
kein Klub, sondern<br />
dern sein<br />
ferngesteuert und gehätschelt<br />
durch Brause-Millionen aus Ös-<br />
Und noch ein Aspekt ist dem<br />
terreich.<br />
WS wichtig. „Wir sind keine<br />
Ultraszene, die Ihre Ansichten<br />
und Meinungen anderen aufzwingt.<br />
Aber wir werben für unsere<br />
Ansichten und wir werdafür,<br />
wie so oftinunse-<br />
ben<br />
rerr Geschichte,gemeinsam<br />
zu<br />
handeln und gemeinsam<br />
ein starkes Bild abzugeben.“<br />
Am Sonntag lautet also<br />
für 15 Minuten die<br />
Devise:Reden ist Silber,<br />
Schweigen ist Gold!<br />
Mathias Bunkus