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48 SPORT B <strong><strong>20</strong>19</strong> Nationalmannschaft: Interview mit Michael Mair<br />
„Ergebnisse dürfen nie das Ziel sein“<br />
Michael Mair stammt aus einer<br />
eishockeybegeisterten Familie. Er<br />
ist einer von 7 Brüdern, die sich<br />
dem <strong>Eishockey</strong> verschrieben haben.<br />
4 von ihnen schafften es bis in die<br />
Nationalmannschaft. Auch Michael<br />
Mair, der die „Azzurri“ für einige Zeit<br />
sogar als Kapitän aufs Eis geführt<br />
hatte.<br />
Der ehemalige Mittelstürmer hat<br />
zudem mit dem HC Bozen 7 Italienmeistertitel<br />
gewonnen. Nach seiner<br />
Spielerkarriere arbeitete Mair unter<br />
anderem als Trainer bei der Young<br />
Selection und in Sterzing. Er betreute<br />
auch Italiens U<strong>20</strong>-Auswahl und war<br />
für einige Jahre Assistent von Nationaltrainer<br />
Adolf Insam. Der heute<br />
63-jährige Sportlehrer arbeitet seit 4<br />
Jahren für den italienischen Verband.<br />
Dort ist er für die Entwicklung<br />
des Nachwuchses zuständig.<br />
Im nachfolgenden<br />
Interview erklärt<br />
Mair das Entwicklungsprogramm<br />
des<br />
italienischen Eissportvebrandes<br />
FISG.<br />
>Radius: <strong>Eishockey</strong> spielt italienweit<br />
eine untergeordnete Rolle. Das<br />
spiegeln teilweise auch die Ergebnisse<br />
auf internationaler Ebene wieder. Wie<br />
erklären Sie sich diesen Umstand?<br />
Michael Mair: <strong>Eishockey</strong> hinkt<br />
in Italien im Vergleich zu anderen<br />
Sportarten hinterher. Es muss in allen<br />
Bereichen wachsen: Im physischen,<br />
technischen und mentalen Bereich.<br />
Die Basis dazu ist ein positives Umfeld,<br />
das eine große Leidenschaft für<br />
diesen Sport entwickelt.<br />
>Radius: Sie haben ein Entwicklungsprogramm<br />
für Nachwuchsspieler<br />
ausgearbeitet. Was sieht dieses vor?<br />
M. Mair: Es ist ziemlich komplex und<br />
in 7 Abschnitte gegliedert: Von den<br />
Unter 7- bis 8-Jährigen bis hinauf zu<br />
den Unter 19- bis <strong>20</strong>-Jährigen. In erster<br />
Linie geht es darum, die Kinder zum<br />
<strong>Eishockey</strong> zu bringen. Dazu müssen<br />
wir es ihnen ermöglichen,<br />
<strong>Eishockey</strong> als spannendes<br />
Abenteuer zu erleben. Das Erlernen<br />
der Grundfertigkeiten<br />
soll auf spielerischem Wege<br />
erfolgen. Die nächsten Schritte<br />
sollten sie hinführen zum<br />
Spiel in einer Mannschaft und<br />
zu dem, was man unter Trainieren<br />
versteht. Wenn die Jugendlichen<br />
15 Jahre alt sind, sollten<br />
Michael Mair<br />
sie sich entscheiden, ob sie <strong>Eishockey</strong>spieler<br />
werden wollen. In den folgenden<br />
Jahren geht es in der Ausbildung<br />
verstärkt darum, das Spiel zu lesen, Entscheidungen<br />
zu treffen und diese dann<br />
auszuführen. Erst im letzten Abschnitt<br />
geht es vorrangig um das Ergebnis, sich<br />
durchzusetzen und den Sprung in die<br />
höchste Spielklasse zu schaffen.<br />
>Radius: Kinder wollen immer<br />
gewinnen. Wie wichtig sind für Sie die<br />
Ergebnisse?<br />
M. Mair: In einer langfristig angelegten<br />
Entwicklungsarbeit dürfen<br />
Ergebnisse nur eine Folgeerscheinung,<br />
nie das Ziel sein. In erster Linie sollen<br />
Kinder eine solide Grundausbildung<br />
im technischen Bereich erhalten, wobei<br />
das Eislaufen das Um und Auf ist.<br />
Ein Meistertitel für die 12-Jährigen<br />
muss für uns erwachsene Trainer, Betreuer<br />
und Eltern nebensächlich sein.<br />
>Radius: Hierzulande können die<br />
Kinder nur bis zum Mittelschulalter<br />
international einigermaßen mithalten.<br />
Warum hinken sie danach der Konkurrenz<br />
hinterher?<br />
M. Mair: Weil ihnen die Perspektiven<br />
fehlen. Diese müssen die Verantwortlichen<br />
des Verbandes den Mittelschulabgängern<br />
bieten. Für die jungen Spieler<br />
muss es möglich sein, auf hohem<br />
Niveau zu spielen, ohne dass dabei die<br />
schulische oder berufliche Ausbildung<br />
vernachlässigt wird.<br />
>Radius: Ihnen schwebt also eine<br />
Akademie nach dem Vorbild von<br />
Salzburg vor?<br />
M. Mair: Eine solche Struktur wie in<br />
Salzburg ist aus finanziellen Gründen<br />
nicht möglich. Wir haben derzeit rund<br />
150 Nachwuchsspieler, die irgendwo<br />
im Ausland spielen. Unser Ziel muss<br />
es sein, sie nach Italien zurückzuholen.<br />
Dazu benötigen wir hierzulande<br />
gute Ausbildungsmöglichkeiten. Das<br />
geht nur, wenn die Vereine näher<br />
zusammenrücken und Kooperationen<br />
geschaffen werden.