Berliner Kurier 19.09.2019
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*<br />
REPORT<br />
Eine Fahrt<br />
mit der Seilbahn<br />
bietet ein tollen<br />
Blick auf die<br />
Hochhäuser von<br />
Marzahn<br />
Von<br />
ELMAR SCHÜTZE<br />
Berlin – Sie war die Attraktion<br />
der Internationalen Garten-<br />
Ausstellung in Marzahn 2017:<br />
Auf der anderthalb Kilometer<br />
langen Trasse der Seilbahn<br />
wurden mehr als drei Millionen<br />
Fahrten absolviert. Mit Schließung<br />
der IGA stellte sich die<br />
Frage, ob –und wenn ja, wie –<br />
die Seilbahn ins Nahverkehrsnetz<br />
eingebunden werden<br />
kann. Aktuell laufen Verhandlungen.<br />
Doch eine Lösung erscheint<br />
alles andere als einfach.<br />
Das liegt vor allem daran, dass die<br />
Seilbahn ein Zuschussgeschäft ist.<br />
Errichtet wurde sie zur IGA von<br />
der Firma Leitner Ropeways aus<br />
Südtirol. Sie betreibt die Bahn von<br />
Anfang an im Auftrag der landeseigenen<br />
Grün Berlin GmbH, die<br />
die Gärten der Welt und den<br />
Kienbergpark verwaltet.<br />
Derzeit kostet eine Hin- und<br />
Rückfahrt 6,50 Euro. Das klingt<br />
nach viel Geld, deckt aber nicht<br />
einmal die Kosten für die Strecke<br />
mit den zwei Endpunkten „Kienbergpark“<br />
in Hellersdorf und<br />
„Gärten der Welt“ in Marzahn<br />
und der Station „Wolkenhain“ dazwischen.<br />
Das liegt in erster Linie<br />
am Rückgang der Fahrgastzahl<br />
seit Ende der IGA. Exakte Zahlen<br />
veröffentlicht Leitner nicht. Sprecherin<br />
Tanja Terruli sagte dem<br />
KURIER, dass man „an den Wochenenden<br />
in der Saison bis zu<br />
18 000 Fahrgäste“ habe. Und das<br />
sei deutlich mehr als noch im Februar,<br />
als man an manchen Wochenenden<br />
nur 12 000 Tickets<br />
verkauft habe. Über die Frequenz<br />
an Werktagen sagte sie nichts.<br />
Der Vertrag mit dem Land Berlin<br />
läuft Ende 2020 aus.<br />
Von der Grün Berlin GmbH war<br />
am Mittwoch nur eine dürre Mit-<br />
teilung zu erhalten, wonach man<br />
sich in Verhandlungen mit Leitner<br />
befinden. Es würden mögliche<br />
Betriebsmodelle ab 2021 besprochen<br />
und geprüft. Ziel sei es,<br />
den „langfristigen Betrieb der<br />
Seilbahn als barrierefreies, nachhaltiges<br />
Verkehrsmittel und Besucherattraktion<br />
zu sichern“.<br />
Zu klären wird sein, wie die Seilbahn<br />
in den öffentlichen Nahverkehr<br />
integriert werden kann –<br />
wer immer auch Betreiber sein<br />
wird. Im Haushalt für das Jahr<br />
2021 soll dafür ein Million Euro<br />
zur Verfügung stehen. Außerdem<br />
soll es bereits Anfang 2020 Gespräche<br />
mit der BVG über „Kombiticket-Lösungen“<br />
geben.<br />
Am politischen Willen fehlt es<br />
jedenfalls nicht. „Meiner Meinung<br />
nach sollte es für BVG-Kunden<br />
einen reduzierten Preis für<br />
die Nutzung der Seilbahn geben“,<br />
sagte der Linke-Verkehrsexperte<br />
Kristian Ronneburg. SPD-Verkehrspolitiker<br />
brachten die Bahn<br />
als Modell für den Technologiepark<br />
ins Spiel. Dieser soll auf dem<br />
Gelände des Flughafens Tegel<br />
entstehen, wenn erst einmal der<br />
BER in Betrieb gegangen ist.<br />
Hierzulande hat es in den vergangenen<br />
Jahren immer wieder<br />
Initiativen für Seilbahnen in<br />
Großstädten gegeben. Neben der<br />
laufenden Machbarkeitsstudie<br />
für München (siehe Text rechts),<br />
ist ein Projekt in Köln in Planung.<br />
Die Stadtverwaltung will, dass eine<br />
Seilbahn den Hauptbahnhof<br />
mit der Messe verbindet.<br />
Doch es gibt auch Rückschläge<br />
für Seilbahn-Fans. So scheiterten<br />
Projekte in Hamburg und Wuppertal<br />
am Bürgerwillen. In Hamburg<br />
wäre die Bahn nicht ans Netz<br />
des öffentlichen Bahnverkehrs<br />
angeschlossen gewesen, in Wuppertal<br />
wollten Anwohner nicht<br />
hinnehmen, dass man ihnen aus<br />
den Gondeln in die Wohnungen<br />
hätte gucken können.<br />
Eine Seilschaft<br />
für die Seilbahn<br />
Die IGA in Marzahn ist längst<br />
Geschichte. Doch die Gondeln<br />
sollen weiter fahren<br />
Kann losghehen:<br />
IGA-Besucher<br />
Deborah, Steffen<br />
und Grace Engler<br />
Foto: dpa