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10 BERLIN BERLINER KURIER, Donnerstag, 26. September 2019<br />
JolantaWolff(59)<br />
erkrankte 2015 an<br />
Brustkrebs, kämpfte<br />
gegen die Krankheit –<br />
und stellt heute als<br />
Model Bademode und<br />
Unterwäsche für<br />
betroffene Frauen vor.<br />
Jolanta(59) gibt dem<br />
Krebs ein Körbchen<br />
Die <strong>Berliner</strong>in erkrankte2015 an einem Brusttumor.Heute führtsie als Model spezielle Wäsche für Patientinnen vor<br />
Von<br />
FLORIAN THALMANN<br />
Lichtenberg – Modenschauen<br />
gibt es in Berlin ständig –<br />
aber die Models, die heute<br />
über den Laufsteg des Sana-<br />
Klinikums laufen, laufen für<br />
das Leben! Am Abend stellen<br />
Brustkrebs-Patienten Mode<br />
für Menschen vor, die unter<br />
der tückischen Krankheit leiden.<br />
Eine von ihnen ist Jolanta<br />
Wolff –die 59-Jährige hat<br />
nach ihrer Therapie mit der<br />
Model-Arbeit eine völlig<br />
neue Perspektive entdeckt.<br />
Bereits im Jahr 2015 wurde bei<br />
der 59-Jährigen ein Mammakarzinom<br />
diagnostiziert, ein<br />
Tumor in der Brust, 2,7 Zentimeter<br />
groß. „Im ersten Moment<br />
war es ein Schock“, erzählt<br />
sie dem KURIER. „Ich habe<br />
geweint wie ein Kind –aber<br />
mein Mann hat mir Kraft gegeben.<br />
Er sagte: Wir schaffen das,<br />
alles wird gut.“ Bei einer Operation<br />
wurde der Tumor entfernt,<br />
eine Chemotherapie lehnte<br />
Wolff ab. „Ich wollte für mich<br />
einen Weg finden. Krebs bildet<br />
sich nur, wenn der Körper<br />
nicht gesund ist, deshalb stellte<br />
Bei der Modenschau, die um 18.30 im Sana-Klinikum beginnt,sind auch die<br />
Models Micaela Schäfer,Sarah Knappik und Sänger Nevio PassarozuGast.<br />
ich mein Leben um.“ Sie begann<br />
eine Fasten-Kur, nahm 14 Kilo<br />
ab. „Ich fühlte mich danach<br />
besser. Mein Blutdruck war<br />
niedriger, die Blutwerte besser,<br />
die Schlafstörungen waren<br />
weg.“ 2018 kehrte der Krebs zurück,<br />
dieses Mal aber kleiner.<br />
„Da wurde ich wieder operiert<br />
–seitdem kam die Krankheit<br />
zum Glück nicht wieder.“<br />
Während der Behandlung sah<br />
sie eine Modenschau, auf dem<br />
Laufsteg andere Krebs-Patientinnen.<br />
„Das fand ich so spannend,<br />
dass ich bei der Firma anfragte,<br />
ob sie noch Models brauchen“,<br />
sagt sie. Heute ist die<br />
frühere Rettungsassistentin,<br />
die seit zehn Jahren in Berlin<br />
lebt, seit anderthalb Jahren in<br />
dem Bereich tätig, arbeitet außerdem<br />
als Beraterin in einem<br />
Dessousgeschäft. „Dass ich mal<br />
Model werde, hätte ich nie gedacht,<br />
obwohl ich in meiner<br />
Studienzeit nebenher geschauspielert<br />
habe. Als ich das erste<br />
Mal auf den Laufsteg ging, war<br />
ich sehr nervös, habe etwas geschwitzt,<br />
aber alles wurde gut.“<br />
Gemeinsam mit fünf anderen<br />
Fotos: Sabine Gudath, Bernd Friedel, zVg/Sana Klinikum Lichtenberg<br />
Dr.JuttaKrocker ist Chefärztin des<br />
Brustzentrums am Sana-Klinikum.<br />
Patientinnen stellt sie im Sana-<br />
Klinikum heute Bademode und<br />
Unterwäsche für Erkrankte<br />
vor. „Frauen, die an Brustkrebs<br />
leiden, brauchen spezielle Wäsche<br />
– vor allem, wenn eine<br />
Brust amputiert werden muss“,<br />
sagt sie. „Aber nur weil es einen<br />
medizinischen Hintergrund<br />
hat, heißt das nicht, dass wir<br />
nicht auch schön aussehen wollen.<br />
Wir sind Frauen!“<br />
Das sagt auch Dr. Jutta Krocker,<br />
Chefärztin des Sana-Brustzentrums.<br />
„Eleganz und Schönheit<br />
trotz eines körperlichen<br />
Handicaps müssen kein Widerspruch<br />
sein. Auch wenn die Diagnose<br />
für die betroffenen Frauen<br />
eine traumatische Erfahrung<br />
ist, oft begleitetvon Todesängsten,<br />
Zweifeln, Sorgenund sogar<br />
Scham, so geht das Leben doch<br />
weiter.“ Patientinnen sollen<br />
nicht das Gefühl haben, nur medizinische<br />
Mode tragen zu müssen.<br />
„Den eigenen Körper neu<br />
anzunehmen und zu lieben, so<br />
wie er jetzt ist, ist ein wichtiger,<br />
oft nicht leichter Schritt.“ Veranstaltungen<br />
wie diese seien<br />
auch wichtig für den Umgang<br />
mit der Krankheit, bestimmt<br />
durch Verdrängung und Angst.<br />
„Früherkennungsprogramme<br />
werden ignoriert, dabei macht<br />
Früherkennung gerade bei<br />
Brustkrebs die Heilung um vieles<br />
wahrscheinlicher.“InAnbetracht<br />
der Tatsache, dass jede<br />
siebte Frau im Laufe des Lebens<br />
an Brustkrebs erkrankt, könne<br />
man nicht oft genug für das Thema<br />
sensibilisieren.<br />
Für Wolff ist die Model-Arbeit<br />
eine neue Perspektive, die<br />
ihr Leben verändert hat. Sie ist<br />
stolz, über den Laufsteg schreiten<br />
zu können. „Nach der Erkrankung<br />
muss man überlegen,<br />
wie man weiterleben kann. Ich<br />
habe meinen Weg gefunden.“