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DOSSIER<br />
530 km Reichweite<br />
strebt Easyjet<br />
für ihr Elektro-<br />
Hybrid-Flugzeug an<br />
Null-Emissions-Flüge sind keine Utopie,<br />
wir haben bereits bewiesen, dass<br />
solche auf lokaler Ebene möglich<br />
sind.» Das erklärte Ziel des Flugzeugbauers<br />
ist übrigens, bis zum Jahr 2030<br />
elektro-hybride Flugzeuge für 100<br />
Passagiere zum Fliegen zu bringen.<br />
Im Rahmen ihrer Strategie des kohlenstofffreien<br />
Luftverkehrs und der Lärmreduzierung<br />
ist Easyjet namentlich<br />
eine Partnerschaft mit Wright Electric,<br />
einem amerikanischen Start-up, eingegangen,<br />
das 2016 von einem Team aus<br />
Luftfahrtingenieuren, Experten für<br />
Motorantrieb und auf Batterien spezialisierten<br />
Chemikern gegründet wurde.<br />
Im Rahmen dieser Zusammenarbeit<br />
wollen die beiden Unternehmen im<br />
Laufe der nächsten zehn Jahre das<br />
erste elektro-hybride Passagierflugzeug<br />
betreiben. Das auf diese Weise<br />
entwickelte Flugzeug soll 20% der<br />
heute von der Airline durchgeführten<br />
Flüge abdecken, 100 Passagiere befördern<br />
und eine Reichweite von 530 Kilometern<br />
haben. Im Fokus steht dabei<br />
das Ziel, in 20 Jahren null Emission<br />
für die Kurzstreckenflüge zu erreichen.<br />
Die am zweithöchsten frequentierte<br />
Fluglinie Europas, Amsterdam–London,<br />
wird vermutlich eine zu 100%<br />
elektrische Strecke.<br />
Ein gewichtiges Problem<br />
Die grösste Herausforderung der Elektroenergie<br />
besteht laut Airbus in deren<br />
effizienter Speicherung, sowohl hinsichtlich<br />
Gewicht als auch Volumen.<br />
Wohingegen ein Tank den Vorteil hat,<br />
während des Flugs allmählich leerer<br />
und damit leichter zu werden. «Es<br />
braucht sehr viele Batterien, um die<br />
gleichen Leistungen wie mit Treibstoff<br />
zu erzielen. In einem Elektroauto zum<br />
Beispiel kann die Batterie bis zu einem<br />
Drittel des Leergewichts ausmachen»,<br />
erfährt man am Standort des Flugzeugherstellers.<br />
Airbus schätzt, dass<br />
ein Kilo Kerosin ungefähr 25 bis 30<br />
Kilogramm Batterien entspricht. «Bei<br />
einem Flug Genf–Amsterdam werden<br />
etwa 2,5 Tonnen Treibstoff verbraucht.<br />
Das Gewicht der Batterien allein<br />
würde also schon ungefähr 75 Tonnen<br />
ausmachen. Die aktuelle Technologie<br />
ist noch nicht ausgereift», veranschaulicht<br />
der CEO von Easyjet<br />
Schweiz.<br />
Weitere Strategien<br />
Doch nicht alle Forschung konzentriert<br />
sich auf diese eine Technologie.<br />
Glenn Llewellyn von Airbus tüftelt<br />
DIE E-LUFTFAHRT<br />
auch an anderen Optionen, wie Wasserstoff<br />
oder nachhaltige Treibstoffe.<br />
IN DER SCHWEIZ<br />
«Es handelt sich um komplementäre<br />
Technologien», meint er. Ein Hybridantrieb<br />
würde laut dem Flugzeugbauer<br />
gestatten, in gewissen Flugphasen einen<br />
Verbrennungsmotor zu benutzen<br />
und so den Verbrauch zu optimieren.<br />
«Man darf keinen Ansatz ausser Acht<br />
lassen. Eine einzige Lösung ist nicht<br />
wirkungsvoll genug», bestätigt Jean-<br />
Marc Thévenaz. Easyjet hat seine<br />
Emissionen seit 2000 bereits um 32%<br />
gesenkt und möchte bis 2022 38% erreichen,<br />
sprich 72 Gramm CO2 pro<br />
Passagier und Kilometer. Die Airline<br />
bemüht sich, ihre Ökobilanz zu verbessern,<br />
insbesondere durch verschiedene<br />
Kooperationen mit Airbus, Derwent<br />
Engineering oder Safran. Zu den<br />
bereits umgesetzten Massnahmen gehören<br />
leichtere Sitze, ein Schalldämpfer<br />
unter den Tragflächen sowie der<br />
Kauf von Maschinen, die weniger<br />
Kerosin brauchen und leiser sind. Eines<br />
der nächsten kurzfristigen Ziele?<br />
Den Verbrauch beim Rollen am Boden,<br />
das momentan mit den Triebwerken<br />
erfolgt, unter Einsatz elektrischer Antriebe<br />
zu reduzieren. Erste Tests werden<br />
ab nächstem Jahr in Toulouse<br />
stattfinden, und die Airline rechnet<br />
mit einer Reduzierung um 55 000 Tonnen<br />
CO2 pro Jahr. «Diese Einsparung<br />
ist dank der heutigen Technologien<br />
bereits jetzt realisierbar. Man muss<br />
etappenweise vorgehen, um die<br />
Flugzeug industrie vom Kohlenstoff zu<br />
befreien», fügt der Chef von Easyjet<br />
Schweiz an. •<br />
Antonello Laveglia, Sprecher des<br />
Bundesamts für Zivilluftfahrt (BAZL),<br />
erklärt, dass es etwa zehn Projekte<br />
zum Elektroflugzeug gibt. «Sie betreffen<br />
häufig Kleinflugzeuge und<br />
sind sehr heterogen. Während gewisse<br />
Ideen kommerziellen Charakter<br />
haben, sind andere an technischen<br />
Hochschulen oder unter dem<br />
Impuls von Privatpersonen entstanden.<br />
Doch all diesen Projekten ist<br />
gemeinsam, dass Luftfahrtbegeisterte<br />
daran mitwirken», so der Mediensprecher,<br />
der insbesondere das<br />
Unternehmen H55 als bereits konkretes<br />
Beispiel für die Nutzung eines<br />
kleinen Schweizer Elektroflugzeugs<br />
nennt. Das Flugzeug dient Schulungszwecken<br />
und wurde von ehemaligen<br />
Mitarbeitern von Solar<br />
Impulse entwickelt. Was die kommerzielle<br />
Luftfahrt mit grossen<br />
emissionsfreien Maschinen betrifft,<br />
geht Antonello Laveglia mit den Experten<br />
einig, dass dies noch Zeit benötigt.<br />
Hingegen findet er, dass die<br />
Schweiz ein sehr interessantes Spielfeld<br />
für die Entwicklung der Technologie<br />
von Vertikalflügen und Flugzeugtaxis<br />
darstellt. «Der gesetzliche<br />
und wirtschaftliche Rahmen sowie<br />
die vorhandenen Kompetenzen in<br />
der Schweiz (Universitäten, Hochschulen<br />
usw.) sind international sehr<br />
konkurrenzfähig», erzählt Antonello<br />
Laveglia, wobei er sich fragt, ob die<br />
Gesellschaft solche Flüge wohl akzeptieren<br />
würde.<br />
<strong>Oktober</strong> <strong>2019</strong> | touring 23