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Touring Oktober 2019

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DOSSIER<br />

530 km Reichweite<br />

strebt Easyjet<br />

für ihr Elektro-<br />

Hybrid-Flugzeug an<br />

Null-Emissions-Flüge sind keine Utopie,<br />

wir haben bereits bewiesen, dass<br />

solche auf lokaler Ebene möglich<br />

sind.» Das erklärte Ziel des Flugzeugbauers<br />

ist übrigens, bis zum Jahr 2030<br />

elektro-hybride Flugzeuge für 100<br />

Passagiere zum Fliegen zu bringen.<br />

Im Rahmen ihrer Strategie des kohlenstofffreien<br />

Luftverkehrs und der Lärmreduzierung<br />

ist Easyjet namentlich<br />

eine Partnerschaft mit Wright Electric,<br />

einem amerikanischen Start-up, eingegangen,<br />

das 2016 von einem Team aus<br />

Luftfahrtingenieuren, Experten für<br />

Motorantrieb und auf Batterien spezialisierten<br />

Chemikern gegründet wurde.<br />

Im Rahmen dieser Zusammenarbeit<br />

wollen die beiden Unternehmen im<br />

Laufe der nächsten zehn Jahre das<br />

erste elektro-hybride Passagierflugzeug<br />

betreiben. Das auf diese Weise<br />

entwickelte Flugzeug soll 20% der<br />

heute von der Airline durchgeführten<br />

Flüge abdecken, 100 Passagiere befördern<br />

und eine Reichweite von 530 Kilometern<br />

haben. Im Fokus steht dabei<br />

das Ziel, in 20 Jahren null Emission<br />

für die Kurzstreckenflüge zu erreichen.<br />

Die am zweithöchsten frequentierte<br />

Fluglinie Europas, Amsterdam–London,<br />

wird vermutlich eine zu 100%<br />

elektrische Strecke.<br />

Ein gewichtiges Problem<br />

Die grösste Herausforderung der Elektroenergie<br />

besteht laut Airbus in deren<br />

effizienter Speicherung, sowohl hinsichtlich<br />

Gewicht als auch Volumen.<br />

Wohingegen ein Tank den Vorteil hat,<br />

während des Flugs allmählich leerer<br />

und damit leichter zu werden. «Es<br />

braucht sehr viele Batterien, um die<br />

gleichen Leistungen wie mit Treibstoff<br />

zu erzielen. In einem Elektroauto zum<br />

Beispiel kann die Batterie bis zu einem<br />

Drittel des Leergewichts ausmachen»,<br />

erfährt man am Standort des Flugzeugherstellers.<br />

Airbus schätzt, dass<br />

ein Kilo Kerosin ungefähr 25 bis 30<br />

Kilogramm Batterien entspricht. «Bei<br />

einem Flug Genf–Amsterdam werden<br />

etwa 2,5 Tonnen Treibstoff verbraucht.<br />

Das Gewicht der Batterien allein<br />

würde also schon ungefähr 75 Tonnen<br />

ausmachen. Die aktuelle Technologie<br />

ist noch nicht ausgereift», veranschaulicht<br />

der CEO von Easyjet<br />

Schweiz.<br />

Weitere Strategien<br />

Doch nicht alle Forschung konzentriert<br />

sich auf diese eine Technologie.<br />

Glenn Llewellyn von Airbus tüftelt<br />

DIE E-LUFTFAHRT<br />

auch an anderen Optionen, wie Wasserstoff<br />

oder nachhaltige Treibstoffe.<br />

IN DER SCHWEIZ<br />

«Es handelt sich um komplementäre<br />

Technologien», meint er. Ein Hybridantrieb<br />

würde laut dem Flugzeugbauer<br />

gestatten, in gewissen Flugphasen einen<br />

Verbrennungsmotor zu benutzen<br />

und so den Verbrauch zu optimieren.<br />

«Man darf keinen Ansatz ausser Acht<br />

lassen. Eine einzige Lösung ist nicht<br />

wirkungsvoll genug», bestätigt Jean-<br />

Marc Thévenaz. Easyjet hat seine<br />

Emissionen seit 2000 bereits um 32%<br />

gesenkt und möchte bis 2022 38% erreichen,<br />

sprich 72 Gramm CO2 pro<br />

Passagier und Kilometer. Die Airline<br />

bemüht sich, ihre Ökobilanz zu verbessern,<br />

insbesondere durch verschiedene<br />

Kooperationen mit Airbus, Derwent<br />

Engineering oder Safran. Zu den<br />

bereits umgesetzten Massnahmen gehören<br />

leichtere Sitze, ein Schalldämpfer<br />

unter den Tragflächen sowie der<br />

Kauf von Maschinen, die weniger<br />

Kerosin brauchen und leiser sind. Eines<br />

der nächsten kurzfristigen Ziele?<br />

Den Verbrauch beim Rollen am Boden,<br />

das momentan mit den Triebwerken<br />

erfolgt, unter Einsatz elektrischer Antriebe<br />

zu reduzieren. Erste Tests werden<br />

ab nächstem Jahr in Toulouse<br />

stattfinden, und die Airline rechnet<br />

mit einer Reduzierung um 55 000 Tonnen<br />

CO2 pro Jahr. «Diese Einsparung<br />

ist dank der heutigen Technologien<br />

bereits jetzt realisierbar. Man muss<br />

etappenweise vorgehen, um die<br />

Flugzeug industrie vom Kohlenstoff zu<br />

befreien», fügt der Chef von Easyjet<br />

Schweiz an. •<br />

Antonello Laveglia, Sprecher des<br />

Bundesamts für Zivilluftfahrt (BAZL),<br />

erklärt, dass es etwa zehn Projekte<br />

zum Elektroflugzeug gibt. «Sie betreffen<br />

häufig Kleinflugzeuge und<br />

sind sehr heterogen. Während gewisse<br />

Ideen kommerziellen Charakter<br />

haben, sind andere an technischen<br />

Hochschulen oder unter dem<br />

Impuls von Privatpersonen entstanden.<br />

Doch all diesen Projekten ist<br />

gemeinsam, dass Luftfahrtbegeisterte<br />

daran mitwirken», so der Mediensprecher,<br />

der insbesondere das<br />

Unternehmen H55 als bereits konkretes<br />

Beispiel für die Nutzung eines<br />

kleinen Schweizer Elektroflugzeugs<br />

nennt. Das Flugzeug dient Schulungszwecken<br />

und wurde von ehemaligen<br />

Mitarbeitern von Solar<br />

Impulse entwickelt. Was die kommerzielle<br />

Luftfahrt mit grossen<br />

emissionsfreien Maschinen betrifft,<br />

geht Antonello Laveglia mit den Experten<br />

einig, dass dies noch Zeit benötigt.<br />

Hingegen findet er, dass die<br />

Schweiz ein sehr interessantes Spielfeld<br />

für die Entwicklung der Technologie<br />

von Vertikalflügen und Flugzeugtaxis<br />

darstellt. «Der gesetzliche<br />

und wirtschaftliche Rahmen sowie<br />

die vorhandenen Kompetenzen in<br />

der Schweiz (Universitäten, Hochschulen<br />

usw.) sind international sehr<br />

konkurrenzfähig», erzählt Antonello<br />

Laveglia, wobei er sich fragt, ob die<br />

Gesellschaft solche Flüge wohl akzeptieren<br />

würde.<br />

<strong>Oktober</strong> <strong>2019</strong> | touring 23

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