RegioBusiness - Oktober 2019
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<strong>Oktober</strong> <strong>2019</strong> I Jahrgang 18 I Nr. 207<br />
Blickpunkt 07<br />
Weniger Geld im Alter<br />
Kindererziehung, Teilzeit-Job und Angehörige pflegen – dabei bleibt die Vorsorge für Frauen oftmals auf der Strecke.<br />
VON EILEEN SCHEINER<br />
Immer wieder ist in Foren zu<br />
lesen, dass Frauen im Rentensystem<br />
benachteiligt werden –<br />
ein subjektiver Eindruck, meint Johanna<br />
Göller, Firmenberaterin im<br />
Regionalzentrum Schwäbisch Hall<br />
der Deutschen Rentenversicherung<br />
und erläutert: „Grundsätzlich<br />
gilt: Das Rentengesetz macht<br />
keinen Unterschied zwischen<br />
Mann und Frau.“<br />
ENTSCHEIDUNG Dass Frauen<br />
weniger Rente als Männer erhalten,<br />
ist allerdings anhand von Zahlen<br />
belegbar. So lag der durchschnittliche<br />
Rentenzahlbetrag für<br />
Frauen in den alten Bundesländern<br />
im Jahr 2018 bei 688 Euro.<br />
Das sind rund 400 Euro weniger<br />
als für Männer. „Hauptgrund hierfür<br />
ist der Teilzeitfaktor. Es sind<br />
immer noch hauptsächlich die<br />
Frauen, die nach der Geburt des<br />
Kindes zu Hause bleiben“, sagt die<br />
Expertin. Dabei werden für die Erziehungszeit<br />
(bis zu drei Jahre)<br />
Pflichtbeiträge für die Rente gutgeschrieben.<br />
„Der Verlust entsteht<br />
meistens erst danach, weil viele<br />
Frauen nur in Teilzeit wieder in<br />
den Beruf zurückkehren“, erklärt<br />
Göller.<br />
Die sogenannte Teilzeit-Falle ist<br />
ein echtes Problem. Laut Statistischem<br />
Landesamt sind 84,7 Prozent<br />
aller Teilzeitbeschäftigten in<br />
Heilbronn-Franken weiblich.<br />
Verteilung: Verheiratete Paare sind grundsätzlich gut aufgestellt. Dennoch bekommen Männer rund ein Viertel mehr Rente als Frauen – und<br />
können sich wohl auch deswegen entspannt zurücklehnen.<br />
Foto: Stephan Scheuer/dpa<br />
„Die Vereinbarkeit zwischen Familie<br />
und Beruf ist in einigen Fällen<br />
immer noch schwierig“, meint die<br />
Firmenberaterin. „Ob, wer und<br />
wie lange man für die Kinder daheim<br />
bleibt, ist eine Frage, die<br />
sich jeder nur selbst beantworten<br />
kann“, sagt sie.<br />
Dass Frauen im Alter weniger<br />
Rente bekommen und öfter wegen<br />
Familie und Kindern zu Hause<br />
bleiben, hat aber noch einen weiteren<br />
Grund: das Lohngefälle. „Leider<br />
ist es immer noch so, dass<br />
Männer in den gleichen Tätigkeitsfeldern<br />
mehr verdienen als<br />
Frauen. Das macht sich dann natürlich<br />
auch im Rentenanspruch<br />
bemerkbar“, erläutert Johanna<br />
Göller. Laut einer Studie des Bundesministeriums<br />
für Familie, Senioren,<br />
Frauen und Jugend liegt<br />
das unter anderem daran, dass<br />
Frauen weniger tough in Gehaltsverhandlungen<br />
agieren. Wenn der<br />
Mann also mehr verdient, sei die<br />
Entscheidung schnell gefallen,<br />
wer zugunsten der Kinder zu<br />
Hause bleibt. Doch es gibt eine positive<br />
Tendenz. „Es zeigt sich, dass<br />
Frauen vermehrt früher wieder in<br />
den Beruf einsteigen, oftmals<br />
auch mit 70 bis 80 Prozent, wenn<br />
nicht sogar Vollzeit“, sagt Göller.<br />
Die Gründe hierfür sind vielfältig.<br />
Sie haben studiert, eine Ausbildung<br />
gemacht, sich eine Karriere<br />
aufgebaut und sich nach oben gekämpft<br />
– daran soll angeknüpft<br />
werden. „Es hat aber ebenso viel<br />
mit Eigenständigkeit zu tun. Viele<br />
sagen sich: ,Ich möchte mein eigenes<br />
Geld verdienen’. Und natürlich<br />
hat es obendrein einen psychologischen<br />
Hintergrund“, erläutert<br />
die Expertin. Im Beruf werde<br />
man auf andere Art und Weise gefordert<br />
– ein Ausgleich zum Familienleben.<br />
Auch Politik und Kommunen haben<br />
sich mit dem Ausbau der Kindertagesstätten<br />
für die Vereinbarkeit<br />
von Familie und Beruf eingesetzt.<br />
In der Region Heilbronn-<br />
Franken wurden vergangenes<br />
Jahr etwa 6800 Kinder unter drei<br />
Jahren in einer Einrichtung betreut.<br />
2009 waren es nur etwa<br />
3000. „Man kann nicht früh genug<br />
an die Rente denken“, versichert<br />
Johanna Göller. „Wer früher<br />
anfängt, hat selbstverständlich<br />
mehr Zeit etwas fürs Alter zurückzulegen.“<br />
Deswegen sei es auch<br />
wichtig, Jugendliche und Auszubildende<br />
für das Thema zu sensibilisieren.<br />
BERATUNG Die Deutsche Rentenversicherung<br />
bietet dazu kostenlose<br />
Vorträge in Betrieben an,<br />
um die Belegschaft über Möglichkeiten<br />
der Altersvorsorge zu informieren.<br />
„Es muss hier aber klar<br />
sein. Es gibt nie das perfekte Produkt.<br />
Gerade in der aktuellen<br />
Niedrigzinsphase gestaltet sich die<br />
Vorsorge schwieriger denn je“,<br />
sagt die Firmenberaterin.<br />
Auch wenn das Thema Rente in<br />
den Medien immer wieder hochgeschaukelt<br />
werde und viele zu<br />
Schwarzmalerei neigen, ist sich<br />
die Expertin sicher: „Die Rentenversicherung<br />
ist ein stabiles System.“<br />
Ein verheiratetes Ehepaar in<br />
der Region, bei dem ein Partner<br />
das ganze Leben Vollzeit gearbeitet<br />
hat und der andere nur in Teilzeit,<br />
stehe später gut da. Trotzdem<br />
warnt sie: „Ein Mann ist keine Altersvorsorge.<br />
Jeder sollte seine eigene<br />
Vorsorge im Blick behalten.“<br />
www.deutsche-rentenversicherung-bw.de<br />
firmenservice.drv.info<br />
Reigen der unterhaltsamen Aufklärung<br />
Vorträge, Diskussionsrunden und Workshops: Die Veranstaltungen zu den Frauenwirtschaftstagen in der Region bieten eine gute Gelegenheit, sich speziellen<br />
Bereichen des Themenfeldes Frau und Wirtschaft informativ zu nähern. Nicht nur Frauen ist die Teilnahme ausdrücklich empfohlen. VON HERIBERT LOHR<br />
Das Thema „Frauen in Führung“<br />
bestimmt die diesjährigen<br />
Frauenwirtschaftstage. Beinahe<br />
schon traditionell werden in<br />
der gesamten Region Heilbronn-<br />
Franken dazu spezifische Aktionen<br />
geboten. Heilbronn, Tauberbischofsheim,<br />
Künzelsau und Schwäbisch<br />
Hall sind in diesem Jahr die<br />
vier Städte, wo sich Frauen bei<br />
Vorträgen, Workshops und Diskussionsrunden<br />
über ganz unterschiedliche<br />
Aspekte des Themenfeldes<br />
„Frau und Wirtschaft“ informieren<br />
und austauschen können.<br />
Die Kooperationspartner bei der<br />
Organisation sind neben örtlichen<br />
Einrichtungen unter anderem die<br />
Agentur für Arbeit, die Hochschule<br />
Heilbronn, das Regionalbüro<br />
der Netzwerke für berufliche<br />
Fortbildung Heilbronn, Hohenlohe,<br />
Main-Tauber-Kreis und<br />
Schwäbisch Hall, die Kontaktstelle<br />
Frau und Beruf Heilbronn-Franken<br />
und die Duale Hochschule Baden-Württemberg<br />
Heilbronn.<br />
Aber auch die Erstberatungsstelle<br />
„unternehmensWert:Mensch“,<br />
die Wirtschaftsfördergesellschaften,<br />
die Städte sowie die Wirtschaftsjunioren<br />
Heilbronn-Franken.<br />
Ein besonderer Höhepunkt der<br />
Veranstaltungen ist der Auftritt<br />
der Bundesliga-Schiedsrichterin<br />
Bibiana Steinhaus in Schwäbisch<br />
Hall, die als Gastrednerin bei der<br />
Abendveranstaltung am Mittwoch,<br />
16. <strong>Oktober</strong>, die Frage beleuchtet,<br />
welche Rahmenbedingungen es<br />
braucht, damit Frauen in Führung<br />
gehen können.<br />
Ganz generell geht es an diesem<br />
Abend darum, wie Gesellschaft,<br />
Verwaltung und Wirtschaft Frauen<br />
dabei unterstützen können, Führungspositionen<br />
zu übernehmen.<br />
Durchweg bestens<br />
besetzte Podien<br />
Mit Claudia Klug, Generalbevollmächtigte<br />
der Bausparkasse<br />
Schwäbisch Hall, Anja Frank, Abteilungsleiterin<br />
Versuchsanlagen<br />
vom Deutschen Zentrum für Luftund<br />
Raumfahrt, Elke Rauscher,<br />
Leiterin Qualitätsmanagement<br />
beim Maultaschen- und Nudelfabrikanten<br />
Bürger in Crailsheim,<br />
Karin Sesselmann, Referentin der<br />
Geschäftsleitung „Kommunikation<br />
& Kultur“ bei Carl Zeiss Meditec<br />
in Oberkochen und Anja Wagemann,<br />
Bürgermeisterin der Gemeinde<br />
Fichtenau wurde eine<br />
sehr illustre Runde zusammengestellt,<br />
die mit der Polizeibeamtin<br />
Bibiana Steinhaus dann verschiedene<br />
Facetten von Führung durch<br />
Frauen intensiv diskutiert.<br />
„Da ist noch Luft nach oben … –<br />
Workshops für starke Frauen“<br />
sind die Frauenwirtschaftstage in<br />
Heilbronn überschrieben. Am<br />
Samstag, 19. <strong>Oktober</strong> findet von 9<br />
bis 14.30 Uhr auf dem Bildungscampus<br />
der DHBW Heilbronn<br />
eine Veranstaltung statt, die die<br />
Teilnehmerinnen ermutigt, sich<br />
selbst, ihre persönlichen Fähigkeiten<br />
und Kompetenzen weiterzuentwickeln.<br />
Dabei setzen die Organisatoren<br />
nicht nur auf bekannte<br />
Methoden und Konzepte.<br />
Zur Einstimmung starten alle Teilnehmerinnen<br />
gemeinsam mit<br />
Reingard Gschaider (Carisma-<br />
Training) und dem Thema „Emotionsmanagement<br />
für mutige<br />
Frauen und solche, die es werden<br />
wollen“ in den Tag. Im Anschluss<br />
können die Frauen unter fünf verschiedenen<br />
Workshop-Angeboten<br />
wählen.<br />
Wie Frau herausfordernde Lebenssituationen<br />
meistern kann, wird<br />
unter anderem Tanja Eggers unter<br />
dem Titel „Mittendrin statt nur dabei“<br />
erörtern.<br />
Sehr strategisch geht es im Workshop<br />
„Selbstmarketing durch Networking“<br />
zu: Die Teilnehmerinnen<br />
sollen lernen, die eigenen Potenziale<br />
und Ressourcen bewusst<br />
und zielorientiert zu nutzen und<br />
Netzwerke und Beziehungen aufzubauen.<br />
Der Workshop von<br />
Anna-Daniela Pickel ist darauf ausgerichtet,<br />
sich im Beruf überzeugend<br />
zu präsentieren: Worte, Mimik,<br />
Gestik und Körperhaltung tragen<br />
zu einem – oft entscheidenden<br />
– ersten Eindruck bei, der<br />
„Souveränes Auftreten und Ausstrahlung“<br />
im Beruf fördert. Einen<br />
ganz anderen, bewegungsorientierten<br />
Ansatz verfolgt der einzige<br />
Mann in der Referenten-<br />
Streitbar: Der Auftritt der Buchautorin und<br />
Kolumnistin Helma Sick bestimmt die Frauenwirtschaftstage<br />
in Künzelsau.<br />
Foto: Aichinger<br />
Riege, Markus Homburg: Mit<br />
„Tangolead – Feiner führen“ wird<br />
der Bildungsmanager und begeisterte<br />
Tango-Tänzer die Kunst ausgewogener<br />
Führung behandeln:<br />
Improvisation und nonverbale<br />
Kommunikation bieten einen vertieften<br />
und verfeinerten Zugang<br />
zum Thema Führung. „Authentisch,<br />
selbstbewusst, kompetent:<br />
mein Weg zu mehr Verantwortung“<br />
ist der Titel der Veranstaltung<br />
im Rahmen der Frauenwirtschaftstage<br />
am 16. <strong>Oktober</strong> im<br />
Technologie- und<br />
Gründerzentrum in<br />
Tauberbischofsheim<br />
(Beginn<br />
18.30 Uhr).<br />
Frauen sind gut ausgebildet.<br />
Mindestens<br />
so gut wie Männer,<br />
wenn nicht besser.<br />
Dennoch übernehmen<br />
Männer<br />
viel selbstverständlicher<br />
und bereitwilliger<br />
Führungspositionen<br />
in unteren,<br />
mittleren und oberen<br />
Ebenen. Oft erschweren<br />
es gewohnte<br />
Rollenbilder<br />
und Strukturen<br />
den Frauen, im Beruf<br />
voranzukommen.<br />
In ihrem Impulsvortrag<br />
möchte<br />
Vanessa Weber, Geschäftsführerin<br />
der Firma Werkzeug Weber,<br />
Frauen deshalb Mut machen,<br />
diese Herausforderung anzunehmen<br />
und ihre Chancen zu nutzen.<br />
Sei es als Führungskraft im Unternehmen,<br />
in der Geschäftsführung<br />
oder mit einem eigenen Betrieb.<br />
Frauen aus der Region sprechen<br />
in der anschließenden Gesprächsrunde<br />
darüber, wie sie ihren Weg<br />
zu mehr Verantwortung gemeistert<br />
haben. Mit dabei sind Vera<br />
Herzog (Geschäftsführung Kindertagesstätten<br />
Evangelisches Verwaltungs-<br />
und Serviceamt in Tauberbischofsheim),<br />
Laura Englert (Trainee<br />
Englert in Wertheim), Karin<br />
Schnäbele (Geschäftsführerin<br />
und Augenoptikmeisterin Optik<br />
Werz Stolz & Schnäbel in Bad Mergentheim)<br />
sowie Heide Fahrenkrog-Keller<br />
(Marketing Managerin<br />
Poulten & Graf in Wertheim).<br />
„Ein Mann ist keine Altersvorsorge“.<br />
Diese provokante Überschrift<br />
steht über der Veranstaltung<br />
in Künzelsau. Die Buchautorin,<br />
Brigitte-Kolumnistin und Finanzexpertin<br />
für Frauen Helma<br />
Sick beschäftigt sich am Freitag,<br />
18. <strong>Oktober</strong>, von 10 bis 12 Uhr in<br />
der Sparkasse Hohenlohekreis,<br />
mit der Frage: „Warum finanzielle<br />
Unabhängigkeit für Frauen so<br />
wichtig ist.“<br />
Helma Sick räumt auf mit Illusionen,<br />
Vorurteilen und falschen Anreizen.<br />
An konkreten Beispielen<br />
zeigt sie, was überholte Rollenvorstellungen<br />
im Leben von Frauen<br />
anrichten können und was die Politik,<br />
aber auch die Frauen selbst<br />
dagegen tun können.<br />
www.frauenwirtschaftstage.de