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JOURNAL<br />
Die Insel der<br />
Immer mehr Flüchtlinge kommen auf Zypern an –<br />
dassesfast unmöglich ist,von dortaufs<br />
Es sei so friedlich an<br />
diesem Ort, sagt Shadi<br />
Al-Jasam leise auf die<br />
Frage, wie er sich fühle.<br />
So sicher. Der 23-jährige Syrer<br />
ist zusammen mit seinem<br />
besten Freund Ibrahim Jadoh<br />
drei Tage zuvor im einzigen<br />
Auffanglager für Flüchtlinge<br />
auf der Insel Zypern im östlichen<br />
Mittelmeer angekommen.<br />
Dem Krieg in der letzten<br />
syrischen Rebellenprovinz Idlib<br />
entronnen, wirken die beiden<br />
jungen Männer auf eine<br />
tastende, vorsichtige Weise<br />
entspannt.<br />
Das kleine Lager von Pournara<br />
mit Platz für 150 Menschen<br />
liegt am Rand eines Gewerbegebiets<br />
nahe der Inselhauptstadt<br />
Nikosia; es wird gerade<br />
umgebaut und erweitert. Al-<br />
Jasam und Jadoh sitzen an diesem<br />
heißen Tag unter einem<br />
Wellblechdach zusammen mit<br />
anderen Syrern aus Idlib,<br />
schwatzen und blicken auf eine<br />
Gruppe Afrikaner, die soeben<br />
in Zelte eingewiesen wird.<br />
Ihre Heimat Idlib ist der neue<br />
Brennpunkt im syrischen Bürgerkrieg,<br />
und Zypern das erste<br />
Land, das die Auswirkungen zu<br />
spüren bekommt. „Es kommen<br />
jetzt wieder viel mehr Syrer<br />
an“, bestätigt Georgios Kouppas,<br />
der bullige Sicherheitschef<br />
des Erstaufnahmelagers,<br />
in dem die Neuankömmlinge<br />
drei Tage bleiben. Sie werden<br />
medizinisch untersucht, müssen<br />
ihre Fingerabdrücke abgeben,<br />
Fragebögen ausfüllen.<br />
Dann werden sie entlassen. Die<br />
Zahlen seien konstant hoch,<br />
sagt Kouppas. „Pro Tag kommen<br />
50 bis 100 Leute.“<br />
Zypern ist das jüngste Ziel<br />
des großen Flüchtlingstrecks<br />
nach Europa. Bis vor zwei Jahren<br />
galt es als unattraktiv, weil<br />
es zwar zur EU, aber nicht zum<br />
Schengen-Raum gehört, was<br />
die Weiterreise erschwert.<br />
Doch seit die Balkan- und vor<br />
allem die zentrale Mittelmeerroute<br />
nach Italien weitgehend<br />
dicht sind, haben Menschenschmugglerdie<br />
Insel, die drittgrößte<br />
im Mittelmeer, als neuen<br />
Weg entdeckt, um Flüchtlinge<br />
nach Europa zu lotsen –<br />
über das türkisch besetzte<br />
Nordzypern in den griechischen<br />
Teil der Insel. Die Migranten<br />
kommen mit Booten<br />
aus der nahen Türkei, aus dem<br />
Libanon oder mit dem Flugzeug<br />
aus Istanbul.<br />
Um die Flucht<br />
zu bezahlen,<br />
verkaufte er<br />
das Land<br />
seiner<br />
Familie<br />
an Mafiosi.<br />
Die jungen Syrer Al-Jasam<br />
und Jadoh, beide mit modisch<br />
gestutztem Vollbart, sind tatendurstig<br />
und optimistisch.<br />
Sie haben sich bewusst für Zypern<br />
entschieden, weil sie wissen,<br />
dass auf der Insel viele<br />
Landsleute leben. „Sie haben<br />
uns erzählt, dass man Flüchtlinge<br />
hier willkommen heißt“,<br />
berichten sie. Sobald die Aufnahmeformalitäten<br />
erledigt<br />
sind, wollen sie möglichst<br />
schnell Geld verdienen, um<br />
auch ihren Eltern und Geschwistern<br />
einen Weg aus der<br />
Bombenhölle von Idlib zu ermöglichen.<br />
Während sich der Student Al-<br />
Jasam das Geld für die Schlepper<br />
zusammenborgen musste,<br />
war es dem Bauernsohn Jadoh<br />
gelungen, vor der Flucht das<br />
Land seiner Familie an Mafiosi<br />
zu verkaufen –„für einen Apfel<br />
und ein Ei“, wie er zornig sagt.<br />
Die Freunde bezahlten je 800<br />
US-Dollar für den Weg ins südtürkische<br />
Hatay. „Unsere<br />
zwölfköpfige Gruppe kam<br />
durch, aber die hinter uns<br />
wurde von türkischen Soldaten<br />
beschossen, zwei Männer<br />
starben.“<br />
Über die Hafenstadt Mersin<br />
gelangten sie mit einem<br />
Schleuserboot nach Nordzypern,<br />
von dort über die grüne<br />
Grenze in den griechischen Süden,<br />
Kostenpunkt je 4500 Dollar.<br />
„Das Boot war überfüllt, es<br />
war sehr gefährlich“, erzählt<br />
Jadoh.<br />
Offiziell beantragten im vergangenen<br />
Jahr 7761 Flüchtlinge<br />
Asyl in der Republik Zypern<br />
–fast doppelt so viele wie 2017.<br />
Seit Jahresbeginn stieg die<br />
Zahl auf rund 1000 Gesuche<br />
pro Monat. Nach Angaben des<br />
UN-Flüchtlingshilfswerks<br />
UNHCR kommt die Hälfte der<br />
Geflüchteten aus asiatischen<br />
Ländern wie Bangladesch, Indien<br />
und Pakistan, etwa 30 Prozent<br />
aus Syrien, die übrigen aus<br />
Afrika.<br />
Rund 11000 Menschen sind<br />
als Flüchtlinge registriert,<br />
mehr als 15000 Asylanträge<br />
der vergangenen drei Jahre<br />
sind noch unbearbeitet. Auf<br />
Zypern leben knapp 860000<br />
Menschen; ins Verhältnis zur