Handelsverband Journal RETAIL 4/2018
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— wissenschaft — intern<br />
Verpackung im Versandhandel:<br />
nachhaltig oder nicht?<br />
Gerade vor Weihnachten laufen die Computer der Konsumenten<br />
heiß – der Online-Handel boomt. Er soll laut<br />
Prognosen bis 2022 weltweit jährlich um 14 Prozent wachsen.<br />
209 Millionen Pakete haben Zustelldienste allein in Österreich<br />
im Jahr 2017 transportiert, ein Plus von 15 Prozent im<br />
Vergleich zum Vorjahr. Die Verpackungen und Füllmaterialien<br />
aus Papier, Pappe oder auch Kunststoffen aber landen<br />
meist nach nur einmaliger Verwendung im Müll. Was hat<br />
das für Auswirkungen und was sind die Alternativen?<br />
Fotos: xxxxxx<br />
Mag. Cornelia Spiola<br />
ist Mit-Inhaberin der Bio-<br />
Greißlerei „Salon am<br />
Park“ in Wien und Absolventin<br />
des Lehrgangs<br />
„E-Commerce Management“<br />
an der Werbeakademie<br />
Wien. Kontakt:<br />
info@salonampark.at<br />
Der Müll wird mehr<br />
Zum einen steigt das Müllaufkommen<br />
durch die Zunahme von Produkt- und<br />
Versandverpackungen kontinuierlich<br />
an. Bei Altpapier wird von den Müllabfuhren<br />
in Österreich und Deutschland<br />
beobachtet, dass zwar einerseits das<br />
Gewicht durch die Digitalisierung und<br />
somit abnehmende Druckerzeugnisse<br />
sinkt, andererseits aber das Volumen<br />
durch zunehmende Kartonagen<br />
(oftmals nicht oder nur ungenügend<br />
zerkleinert) steigt, was mehr Container<br />
und mehr Fahrten notwendig macht.<br />
Endliche Ressourcen<br />
Zum anderen verbraucht die Herstellung<br />
der Verpackungsmaterialien nicht<br />
erneuerbare Rohstoffe wie z.B. Erdöl<br />
und setzt Schadstoffe frei. Während diese<br />
negativen Auswirkungen von Kunststoffen<br />
sehr bekannt sind, wird der<br />
Einsatz von Kartonagen nicht hinterfragt.<br />
Die Ökobilanz ist nämlich nicht<br />
so gut, wie es scheint. Der Verbrauch<br />
von Holz, das für die Papierproduktion<br />
trotz Recyclings nach wie vor unerlässlich<br />
ist, hat negative Auswirkungen auf<br />
(Ur-)Wälder weltweit. Und die Papierproduktion<br />
ist trotz Verbesserungen<br />
noch immer eine der energie-intensivsten<br />
Industrien. Zudem verursacht der<br />
weltweite Handel von Altpapier auch<br />
eine Erhöhung des CO 2<br />
-Ausstoßes.<br />
Wenig bekannt: Der verwendete Leim<br />
aus Stärke kann ebenso eine Konkurrenz<br />
für den Nahrungsmittelanbau sein, wie es<br />
in Zusammenhang mit Bio-Kunststoffen<br />
bereits diskutiert wird. 35 Prozent der<br />
produzierten Stärke aus Mais, Kartoffeln<br />
und Weizen in Deutschland gingen 2016 in<br />
die Papier- und Pappeherstellung ein.<br />
Alternativen: wenig akzeptiert<br />
Noch im Promillebereich angesiedelt,<br />
steigt der Einsatz von Bio-Kunststoffen<br />
auch im Online-Handel an. So werden<br />
zunehmend Verpackungsflocken aus z.B.<br />
Mais statt Styropor eingesetzt. Abgesehen<br />
vom Nahrungsmittel-Thema ist hier die<br />
Entsorgung nicht so einfach. Denn biologisch<br />
abbaubar sind diese Stoffe meist<br />
nur unter industriellen Bedingungen und<br />
nicht im normalen Kompost oder Bio-Müll.<br />
So gut wie keine Firmen sammeln gebrauchte<br />
Kartons, um sie für den Versand<br />
wiederzuverwenden. Es ist aufwendig<br />
und fraglich, ob man immer die richtige<br />
Größe zur Hand hat. Ebenso wenig hat<br />
sich bisher der Gebrauch von Mehrwegbehältnissen<br />
durchgesetzt. Selbst beim<br />
deutschen Online-Versand Memo, der<br />
nachhaltige Produkte vertreibt, entscheiden<br />
sich nur 20 Prozent der Kunden für<br />
die Mehrweg-Variante. Pfand und Handling<br />
sind offenbar Show-Stopper.<br />
Bewusstsein muss steigen<br />
Im Sinne des Umweltschutzes ist es<br />
aber dringend notwendig, dass das<br />
Bewusstsein für die negativen Folgen<br />
der Verpackungsflut sowohl bei Händlern<br />
als auch bei Konsumenten steigt<br />
und Verbesserungen unterstützt werden.<br />
Dazu gehören übrigens auch das Reduzieren<br />
von Retouren und Teillieferungen<br />
sowie eine Verbesserung des Füllgrads,<br />
der momentan durchschnittlich bei nur<br />
etwa 30 bis 40 Prozent liegt.<br />
Foto: Shutterstock/Youproduction<br />
Dezember <strong>2018</strong> — 29