Handelsverband Journal RETAIL 4/2018
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— intern<br />
Geoblocking: Online-<br />
Handel auf dem Prüfstand<br />
Andreas Zellhofer, Rechtsanwalt bei Eisenberger & Herzog, im Gespräch über die<br />
kürzlich eingeführte EU-Geoblocking-Verordnung und welche Neuerungen und<br />
Chancen sich dadurch für E-Commerce-Aktivitäten heimischer Unternehmen ergeben.<br />
Foto: Eisenberger & Herzog<br />
retail: Mitten in der umsatzstärksten<br />
Zeit müssen sich viele Händler auch<br />
noch mit der Geoblocking-Verordnung<br />
befassen. Worum geht es da?<br />
Andreas Zellhofer: Von der Verordnung<br />
sind Anbieter von Webshops und<br />
Apps ebenso betroffen wie stationäre<br />
Händler mit Internetauftritt. Seit<br />
3. Dezember ist es ihnen untersagt,<br />
Kunden mit ausländischer IP-Adresse<br />
zu blockieren und automatisch auf eine<br />
länderspezifische Seite umzuleiten. Sie<br />
dürfen zwar weiterhin länderspezifische<br />
Online-Shops mit unterschiedlichen<br />
Preisen betreiben, der Kauf muss<br />
dort aber allen Kunden aus der EU zu<br />
Andreas Zellhofer<br />
ist Rechtsanwalt<br />
bei Eisenberger &<br />
Herzog, einem<br />
neuen Partner des<br />
<strong>Handelsverband</strong>es.<br />
Eisenberger & Herzog<br />
Rechtsanwalts GmbH<br />
▸ Geschäftsführer: alle Partner<br />
▸ Mitarbeiter: 120<br />
▸ Gegründet: 2005<br />
▸ Kontakt:<br />
Eisenberger & Herzog Rechtsanwalts GmbH<br />
Vienna Twin Tower<br />
Wienerbergstraße 11<br />
1100 Wien<br />
Tel.: +43 1 606 36 47-293<br />
Fax: +43 1 606 36 47-58<br />
www.ehlaw.at<br />
gleichen Bedingungen möglich sein.<br />
Bislang lassen heimische Webshops oft<br />
nicht einmal die Eingabe ausländischer<br />
Adressen zu, sodass Käufer aus dem<br />
Ausland gar keinen Kauf abschließen<br />
können. Das ist künftig untersagt.<br />
Sind Händler mit Online-Shops<br />
nun also verpflichtet, in alle<br />
EU-Staaten zu liefern?<br />
Nein, es bleibt weiterhin jedem Händler<br />
selbst überlassen, wohin er liefert und<br />
wohin nicht. Der Händler kann also<br />
etwa vorsehen, dass die Ware nur an<br />
eine Zustelladresse in Österreich geliefert<br />
wird. Um die Abholung oder weitere<br />
Zustellung muss sich der Käufer dann<br />
selbst kümmern. Diese Dienstleistung<br />
wird ja heute schon von zahlreichen<br />
Anbietern erbracht. Es darf aber eben<br />
nicht der Kauf aus dem Ausland an sich<br />
verweigert werden.<br />
Die Verordnung ist bereits in Kraft g e<br />
treten. Müssen Händler, die noch in der<br />
Umstellung stecken, mit Strafen rechnen?<br />
Ja, auch Verstöße gegen die Geoblocking-Verordnung<br />
werden unter<br />
Strafe gestellt. In Österreich stehen die<br />
genauen Sanktionen noch nicht fest.<br />
Ungeachtet dessen sollten alle Händler<br />
die notwendigen Anpassungen rasch<br />
vornehmen. Wer mit dringendem<br />
Beratungsbedarf zu uns kommt, wird<br />
zeitnah unterstützt. Unternehmen, für<br />
die der Online-Handel ein wesentliches<br />
Standbein darstellt, sind darauf bereits<br />
seit Monaten vorbereitet. Die vergangenen<br />
Wochen haben aber auch gezeigt,<br />
dass sich viele heimische Unternehmen<br />
noch nicht ausreichend mit dem Thema<br />
befasst haben. Bei Online-Shops mit<br />
länderspezifischen Versionen empfehlen<br />
wir, auch die geographische Ausrichtung<br />
und die AGB zu überprüfen.<br />
Wozu raten Sie hier ganz konkret?<br />
Jeder Händler sollte sich Gedanken<br />
darüber machen, auf welche Kunden und<br />
Märkte er seinen Internetauftritt ausrichten<br />
will und welche Preispolitik er verfolgt.<br />
Bietet ein Onlineshop Waren oder<br />
Dienstleistungen auch in einer anderen<br />
EU-Landessprache an, kann dies nämlich<br />
dazu führen, dass für den Kaufvertrag<br />
die speziellen Verbraucherrechte des<br />
Heimatstaates jenes Kunden gelten, den<br />
man in seiner Muttersprache angesprochen<br />
hat. Davon sind viele Unternehmen<br />
überrascht. Ein weiterer wichtiger Punkt:<br />
Komplexe und schwer verständliche AGB<br />
erweisen sich oft als Bumerang.<br />
Bringt die Verordnung nur mehr Arbeit<br />
oder profitiert der Handel auch davon?<br />
Die Geoblocking-Verordnung bringt<br />
absolut auch Chancen. Österreichische<br />
Handelsunternehmen können sich durch<br />
Transparenz und Nutzerfreundlichkeit<br />
positiv von Mitbewerbern aus anderen<br />
Staaten abheben. Die Zertifizierung eines<br />
Online-Shops mit einem anerkannten<br />
Gütesiegel kann hier den entscheidenden<br />
Wettbewerbsvorteil bringen.<br />
<br />
▪ Christiane Kaiser-Neubauer<br />
34 — Dezember <strong>2018</strong>