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FINDORFF GLEICH NEBENAN Nr. 12

FINDORFF GLEICH NEBENAN ist das Stadtteilmagazin für Findorff und Bremen für Handel, Dienstleistung, Kultur & Politik

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q VOLKER LECHTENBRINK IM INTERVIEW<br />

» Ich habe ein Publikum, das mir viel zurück gibt. «<br />

Sie sind Schauspieler, Regisseur, Intendant, Texter und Sänger<br />

– und haben als Synchronsprecher berühmten Schauspielern<br />

wie Burt Reynolds, Kris Kristofferson, Dennis Quaid und<br />

John Cleese Ihre Stimme geliehen. Welches sind momentan<br />

Ihre künstlerischen Schwerpunkte ?<br />

Eigentlich ist es wie immer. Ich mache weiterhin verschiedene<br />

Dinge. Besonders überrascht hat mich zuletzt ein Anruf von<br />

Christian Ulmen, der gefragt hat, ob ich in der Serie »Jerks«<br />

mitspielen will. Ich habe gesagt: »Jerks ? Was ist das denn ?«,<br />

sagte gleich zu und habe meine Rolle als unglaublich erfrischend<br />

und aufregend empfunden. Es gab keinen festen Text,<br />

sondern nur ungefähre Vorgaben für die einzelnen Szenen. Man<br />

sollte und durfte improvisieren. Das fand ich toll. Zu der Rolle<br />

in dieser Serie habe ich eine derartige Rückmeldung bekommen<br />

von einer völlig anderen, jungen Generation. Das war eine neue,<br />

spannende Erfahrung – gerade wenn man denkt: »Du hast doch<br />

schon alles erfahren und gemacht.« Ich hatte großen Spaß.<br />

Manchmal kehren Sie beruflich in die Stadt Ihrer Kindheit<br />

zurück; wie beispielsweise in die Radio Bremen Talk-Show<br />

»3 nach 9«. Was ist aus Ihrer Sicht der wesentliche Unterschied<br />

zwischen Hamburg und Bremen ?<br />

Beides sind norddeutsche Städte, beide haben einen Hafen,<br />

beide sind sehr hanseatisch geprägt und natürlich Großstädte –<br />

aber Hamburg ist einfach sehr viel größer. Ich finde auch nicht,<br />

dass man alles immer vergleichen muss. Wir sollten uns freuen,<br />

dass wir im Norden zwei so schöne, unterschiedliche Städte<br />

haben. Wenn ich in Bremen zum Beispiel bei »3 nach 9« eingeladen<br />

bin, übernachte ich immer im Parkhotel, während andere<br />

KollegInnen sofort nach der Sendung abreisen. Wenn ich dort<br />

auf dem Balkon stehe, liegt vor mir links Schwachhausen und<br />

rechts Findorff. Das ist für mich jedes Mal wieder ein Stück<br />

Heimat, die ich noch einen Tag genießen möchte. Mir kommen<br />

auch immer Erinnerungen an früher, wie an ein Kindheitserlebnis<br />

auf dem Bremer Freimarkt. Dort war ich mit meinem<br />

Vater. Er hatte an der Schießbude als Gewinn fast ein kleines<br />

Messer für mich geschossen, aber irgendwann ging ihm für den<br />

letzten Schuss das Geld aus. Er sagte zu dem Besitzer der Bude:<br />

»Sie passen schön auf, dass inzwischen keiner auf das Messer<br />

schießt.« Ich blieb da und er ging kurz nach Hause, um Geld<br />

zu holen. Er hat das Messer auch für mich geschossen. Solche<br />

Erlebnisse mit meinem wirklich tollen Vater vergisst man nicht.<br />

Zuletzt haben Sie zusammen mit ihrer Tochter Saskia Ehlers<br />

Regie in »Was ihr wollt« am »Ernst Deutsch Theater« in Hamburg<br />

geführt und Sie selbst standen als Narr auf der Bühne.<br />

Sind Sie nach vielen Jahren vor Premieren eigentlich immer<br />

noch aufgeregt und haben Sie Lampenfieber ?<br />

Die berühmte Frage: Ja, ohne Lampenfieber geht es nicht. Das<br />

braucht man ! Ohne die Aufregung würde dieser Beruf ja nicht<br />

der Beruf sein. Das ist es ja, was Theaterspielen ausmacht: Wie<br />

kommt die Inszenierung an ? Klappt alles ? Bin ich gut ? Kann<br />

ich meinen Text ? Ja, den kann ich. Meistens. Vorher hat man<br />

<strong>FINDORFF</strong> <strong>GLEICH</strong> <strong>NEBENAN</strong> | 10<br />

das Gefühl, ich kann überhaupt nichts mehr. Aber wenn Du auf<br />

der Bühne stehst und spielst, fällt sofort alles von Dir ab.<br />

Sie haben keinen Internetauftritt und sind auch nicht mit<br />

»facebook« präsent. Warum nicht ?<br />

Ich habe so viel Aufmerksamkeit in meinem Leben. Noch mehr<br />

Aufmerksamkeit wäre mir fast zu viel. Wenn ich für mich allein<br />

zur Ruhe komme, bin ich froh, privat nicht auch noch damit<br />

beschäftigt zu sein, mich über das Internet selbst darzustellen.<br />

Ist es manchmal anstrengend, seit mehr als 60 Jahren eine<br />

öffentliche Person zu sein ?<br />

Du machst ja den Schauspielberuf erstmal, weil er in Dir ist –<br />

und Du machst ihn für das Publikum. Ansonsten könntest Du ja<br />

auch in den Keller gehen und dort spielen. Ich habe glücklicherweise<br />

ein unglaublich herzliches Publikum, das mir viel zurück<br />

gibt; vielleicht auch, weil ich immer ehrlich war. Wenn ich auf<br />

dem Winterhuder Marktplatz meinen Fisch einkaufen gehe, bekomme<br />

ich Reaktionen wie: »Volker, wie geht es denn so ?«, »Was<br />

machst Du gerade ?« oder: »Was spielst Du demnächst ?« oder<br />

als ich krank war: »Jetzt siehst Du aber wieder besser aus !«. Die<br />

Hamburger leben mit Dir mit – und das finde ich toll. Wenn Du<br />

das nicht haben möchtest, darfst Du eben nicht rausgehen oder<br />

wenn es Dir nicht so gut geht und Du musst aber rausgehen,<br />

dann sieht man eben zu, dass man sich etwas schützt.<br />

Auf meinem Zettel steht nur noch: Danke für das Gespräch,<br />

toi, toi, toi und viel Erfolg für die nächste Premiere !<br />

Gut abgelesen ! Ich sage jetzt nicht »Danke«, weil man auf »Toi,<br />

toi, toi« nicht mit »Danke« antworten darf; das bringt Unglück<br />

– ebenso wie mit einem Hut auf dem Kopf über die Bühne zu<br />

gehen oder dort zu essen oder zu pfeifen – es sei denn, es ist im<br />

Stück während der Proben oder Aufführungen Teil der Rolle.<br />

Wie war es, wenn ein Anfänger diese Regeln nicht kannte ?<br />

Dann bekam er eine sanfte Backpfeife; ganz wie ich einst als<br />

junger Schauspieler, weil ich auf der Bühne gegessen habe.<br />

Und wie wäre das heute ?<br />

Genauso ! Aber die heutigen SchauspielerInnen wissen meistens<br />

sehr gut, was sie auf der leeren Bühne keinesfalls tun dürfen.<br />

q ÜBER VOLKER LECHTENBRINK<br />

Die Vita und das künstlerische Wirken von Volker Lechtenbrink<br />

sind so vielseitig und umfassend – und mit wenigen Zeilen nicht<br />

zu beschreiben. Wer mag, schaut online auf »Wikipedia« und<br />

googelt nach »youtube«-Videos. Wer den Schauspieler live erleben<br />

möchte, besucht das »Ernst Deutsch Theater« in Hamburg.<br />

An seiner langjährigen Wirkungsstätte liest Volker Lechtenbrink<br />

beispielsweise am 6. und 14. Dezember 2019 unter dem Titel<br />

»Von drauß‘ vom Walde …« Heiteres und Besinnliches zur<br />

Weihnachtszeit. Mehr unter www.ernst-deutsch-theater.de<br />

Interview: Mathias Rätsch, Fotos: Philipp von Ditfurth ▲<br />

Fassaden bewahren.<br />

Anspruch trifft Anspruch: Als Findorffer Meisterbetrieb bieten wir<br />

Ihnen hochwertige Holzfenster mit schlanken Profilen und leisten<br />

für Sie Beratung, Lieferung und Montage. Telefon 0421 / 21 57 18<br />

Ausführliche Informationen online: www.holzfenster-bremen.de

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