FINDORFF GLEICH NEBENAN Nr. 12
FINDORFF GLEICH NEBENAN ist das Stadtteilmagazin für Findorff und Bremen für Handel, Dienstleistung, Kultur & Politik
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q DR. GABRIELE JUNKERS IM INTERVIEW<br />
» Wie will ich im Alter leben ? «<br />
PROFILE<br />
q DER »SINGLE KULTURKREIS« IN <strong>FINDORFF</strong><br />
» JedeR kann mitmachen. «<br />
Kann Einsamkeit auch positive Seiten haben ?<br />
Oh ja, wenn Sie damit das Alleinsein meinen: Sich selbst Zeit<br />
zu schenken, mal lesen oder nachdenken zu können ist ein sehr<br />
wertvolles Gut, was häufig durch den empfundenen Druck,<br />
etwas mit anderen machen oder unternehmen zu müssen<br />
verdrängt wird.<br />
Wir leben immer länger. Werden dadurch noch mehr<br />
Menschen im Alter zwangsläufig immer einsamer ?<br />
Zunächst werden die heute 70- bis 90-Jährigen aufgrund der<br />
oben beschriebenen Veränderungen der Lebensbedingungen<br />
unter Umständen noch besser allein zurechtkommen, als später<br />
einmal die heute 30- bis 50-Jährigen. Niemand mag ans Alter<br />
denken, alle wollen »aktiv und jung« bleiben. Aber Vordenken<br />
und Vorsorge zahlt sich aus, nämlich sich rechtzeitig zu fragen:<br />
»Wie will ich im Alter leben ? Mit wem könnte ich darüber<br />
diskutieren oder gar Gemeinsames planen ?«<br />
In Findorff hat die Sozialpädagogin Kerstin Schröck dankenswerterweise<br />
den »Single Kulturkreis Findorff« gegründet, um<br />
Menschen um die 50 für gemeinsame kulturelle Events zusammenzubringen.<br />
Man muss für eine gesellschaftliche Teilhabe über<br />
die finanziellen Möglichkeiten verfügen, um beispielsweise ins<br />
Theater zu gehen. Bremen ist das Bundesland mit den meisten<br />
potenziell armen Menschen. Über 22 Prozent der BremerInnen<br />
sind armutsgefährdet. Ist Armut ein weiteres Einsamkeitsrisiko ?<br />
Die Hürde ist, dass viele ältere Menschen sich schämen, über<br />
Armut zu sprechen und sich auch deshalb teilweise zurückziehen.<br />
Aber es ist und bleibt ein Faktum: Armut ist ein Alters- und<br />
Frauenproblem. Früher gab es sehr viele Altentagesstätten, wo<br />
Einsame und Alleinlebende einen wichtigen Rückhalt gefunden<br />
haben. Leider hat sich die Politik gegen Zuschüsse für Kaffee<br />
entschieden. Ein Jammer, denn nur so haben Ältere weniger<br />
Angst, »mal Kaffeetrinken« zu gehen, anstatt sich von der Sorge<br />
zurückhalten zu lassen: »Was soll ich denn da sagen ?«.<br />
KOrganisierst Du alles immer noch ganz allein ?<br />
erstin, Du hast 2018 den »Single Kulturkreis« in<br />
Findorff initiiert. Wie hat sich der entwickelt ?<br />
Ich habe mir damals gedacht: Wenn ich ganz<br />
viele Singles kenne, kann man gemeinsam mit<br />
mehreren Menschen zum Beispiel ins Theater<br />
gehen. Heute sind wir ca. 70 Personen – alle gut<br />
untereinander vernetzt. Auch die Altersgrenze<br />
ab 50 sehen wir weiterhin nicht so eng.<br />
Ich wollte von Anfang an, dass sich unser »Pool« selbst organisiert.<br />
Das hat geklappt. Besonders erwähnen möchte ich Katja<br />
Schwarze, die sehr aktiv in der Organisation ist. Im »Single<br />
Kulturkreis« sind neue Freundschaften entstanden, von Leuten,<br />
die mittlerweile Einiges privat zusammen planen. Ob Kino, Ausstellungen,<br />
Fahrradtouren oder Spieleabende: Es gibt viele Verabredungen,<br />
ohne dass ich noch irgendwie beteiligt sein muss.<br />
Wir wünschen allen Kunden »Frohe Weihnachten«<br />
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Älter werden heißt auch, dass vertraute Menschen um uns<br />
herum sterben. Es wird in der letzten Lebensphase einsamer<br />
um uns werden. Wie sollte man mit diesen Verlusten umgehen ?<br />
Besonders diejenigen sind allein, die niemanden mehr haben:<br />
Keine Kinder, keine Familie, keinen Partner oder keine Partnerin.<br />
Die Angst greift um sich: »Wer hält mir einmal die Hand,<br />
wenn ich sterbe ?« Vielleicht wäre es sehr hilfreich, gerade für<br />
diese Gruppe Initiativen und Aktivitäten anzubieten.<br />
Denken wir positiv: Was kann man tun, um dem unguten Gefühl<br />
der Einsamkeit zu Weihnachten etwas entgegenzusetzen ?<br />
So lange es die Gesundheit zulässt: aktiv bleiben, Gruppen und<br />
Kontakte aufsuchen ... Sie werden überrascht sein, wie viele<br />
dankbar für Ihre Initiative sind !<br />
ÜBER DR. GABRIELE JUNKERS<br />
Dr. Gabriele Junkers, Psychoanalytikerin, Psychotherapeutin,<br />
und Supervisorin ist seit 1986 in der Praxis in Bremen niedergelassen.<br />
Seit vielen Jahren bildet sie PsychoanalytikerInnen und<br />
PsychotherapeutInnen in Theorie und Praxis aus. Als Gerontologin<br />
beriet sie viele Alteneinrichtungen und gab ihr 20-jähriges<br />
Erfahrungswissen, das sie beim Aufbau und der Leitung<br />
einer alterspsychiatrischen Rehabilitationsstation im ZKH Ost<br />
gesammelt hatte, weiter. Sie war darüber hinaus als Organisationsberaterin<br />
z.B. in der Beratung von Familienbetrieben bei der<br />
Übergabe an die folgende Generation tätig. Sie veröffentlichte<br />
in verschiedenen Fachzeitschriften zum Thema Psychoanalyse,<br />
Psychotherapie sowie dem Älterwerden und verfasste diverse<br />
Bücher. In den mehr als 30 Jahren ihrer erfolgreichen Berufslaufbahn<br />
begleitete Dr. Gabriele Junkers eine Vielzahl unterschiedlicher<br />
Menschen sowie Institutionen in ihrem Veränderungsprozess.<br />
Dr. Gabriele Junkers ist in privater Praxis und der<br />
Ausbildung weiterhin aktiv. www.gabrielejunkers.de<br />
Interview: M. Rätsch, Foto: Martin Rospek, www.rospek.de ▲<br />
Kerstin Schröck ist Sozialpädagogin, 59 Jahre<br />
jung und wohnt in Findorff. Beruflich und<br />
privat hat sie schon viele Events und Gruppen<br />
ins Leben gerufen.<br />
Vielen Menschen wird besonders zur Weihnachtszeit bewusst,<br />
dass allein sein auf Dauer nicht wirklich gut ist ...<br />
Ich glaube, viele Menschen sind es gewohnt, dass man ihnen<br />
etwas vorsetzt. Irgendwann aber ist die Zeit gekommen, etwas<br />
Neues auszusprobieren. Manchmal wird es gut und manchmal<br />
halt nicht. Wichtig ist immer, dass Du mitgestaltest und jemand<br />
da ist, wenn Frau oder Mann es möchte. Wir treffen uns regelmäßig<br />
zweimal im Monat. In der Vorweihnachtszeit ist das am<br />
letzten Mittwoch, dem 27. November 2019 um 19:00 Uhr in der<br />
»Schlachthofkneipe« und am zweiten Sonntag im Monat, den<br />
10. November um 10:00 Uhr zum Frühstück in der »Villa Kunterbunt«.<br />
Zum Frühstück bitte vorher im Café anmelden. Mehr<br />
Formalitäten gibt es nicht. JedeR kann mitmachen.<br />
Gibt es bei Euch für die Weihnachtszeit besondere Planungen ?<br />
Letztes Jahr hatten wir eine lustige Weihnachtsfeier. Dieses Jahr<br />
ist zu Weihnachten nichts im großen Rahmen geplant, aber<br />
vielleicht entstehen ja noch kleinere Aktivitäten! Auf jeden Fall<br />
machen wir einen Bummel über den Weihnachtsmarkt. Auch<br />
sonst ist ja gerade unheimlich viel los in Findorff und Bremen.<br />
Wie verabreden sich die verschiedenen Gruppen im »Single<br />
Kulturkreis« untereinander für gemeinsame Aktivitäten ?<br />
Wir hatten anfangs einen E-Mailverteiler, aber der wird immer<br />
weniger genutzt. Analog wird sich direkt auf den Treffen verabredet<br />
und/oder digital per »WhatsApp«. »WhatsApp« ist für uns<br />
äußerst praktisch, aber keine Bedingung.<br />
Wie verbringst Du eigentlich selbst den Jahreswechsel ?<br />
Einige Frauen, die ich über den »Single Kulturkreis« kennengelernt<br />
habe, kommen Silvester zu mir. Wir feiern gemeinsam.<br />
Wie kann man sich informieren, wenn man noch Fragen hat ?<br />
Gern eine Mail schreiben an Singlekulturkreisab50@web.de<br />
oder noch besser: einfach zu unseren Treffen kommen.<br />
Interview: Mathias Rätsch, Foto: Matthias Hornung ▲<br />
<strong>FINDORFF</strong> <strong>GLEICH</strong> <strong>NEBENAN</strong> | 20 | WEIHNACHTSSPECIAL<br />
<strong>FINDORFF</strong> <strong>GLEICH</strong> <strong>NEBENAN</strong> | 21 | WEIHNACHTSSPECIAL