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akzent Magazin Oktober '19 Bodensee-Oberschwaben

akzent – DAS GRÖSSTE LIFESTYLE- & VERANSTALTUNGSMAGAZIN VOM BODENSEE BIS OBERSCHWABEN www.akzent-magazin.com

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SEE-LEUTE<br />

24<br />

FOTO: © BIRGIT MACHTINGER<br />

Andreas Guenther, geboren 1973<br />

in Graz, aufgewachsen in Konstanz,<br />

Abitur an der Waldorfschule in Überlingen.<br />

Bereits als Schüler entschied<br />

er sich, Schauspieler zu werden, zog<br />

Mitte der Neunzigerjahre nach München<br />

und begann dort Schauspielunterricht<br />

zu nehmen. Er schlug sich<br />

mit verschiedenen Jobs u.a. als Möbelpacker<br />

und Barkeeper durch und<br />

finanzierte sich so seine Ausbildung.<br />

Seine erste Rolle spielte er in der Neuverfilmung<br />

von Charley’s Tante, am<br />

bekanntesten wurde er als Kommissar<br />

Anton Pöschel im Polizeiruf 110 aus<br />

Rostock.<br />

Sendetermine im November:<br />

ARD 08.11., 22 Uhr: Polizeiruf 110 -<br />

Einer für alle, alle für Rostock<br />

<strong>akzent</strong>: Der Bergdoktor ist eher was für die<br />

Älteren ...<br />

Andreas Guenther: Würde ich so nicht sagen,<br />

die Quoten, auch bei den Jungen, sind<br />

schon grandios! Gut, klar, die Jungen schauen<br />

ja fast nur noch YouTube, Netflix, Amazon<br />

Prime, oder?<br />

<strong>akzent</strong>: Du hast gesagt, du drehst vier feste<br />

Filme im Jahr – wie viel Zeit nimmt das in Anspruch<br />

im Laufe eines Jahres? Wie oft<br />

bist du da beschäftigt?<br />

Andreas Guenther: Etwa fünf<br />

bis sechs Monate. Also mit<br />

Vorbereitung, Kostümproben,<br />

Leseproben, Besprechungen,<br />

Nachbereitung<br />

und so weiter. Und dadurch,<br />

dass „Blind ermittelt“<br />

in Wien gedreht wird,<br />

bin ich allein für diese Filme<br />

schon vier Monate komplett in<br />

Wien und komme während dieser<br />

Zeit nicht wirklich weg. Also<br />

ich war dieses Jahr, glaub ich, eineinhalb<br />

Monate zu Hause.<br />

<strong>akzent</strong>: Zu Hause ist jetzt Berlin?<br />

Andreas Guenther: Ja, 2000<br />

bin ich nach Berlin gezogen.<br />

Jetzt mal gucken wie lang<br />

noch.<br />

<strong>akzent</strong>: Es gibt so ne extreme<br />

Konstanz-Berlin-Connection.<br />

Ein bisschen München<br />

und bisschen Köln,<br />

aber eigentlich immer<br />

Berlin.<br />

Andreas Guenther: Ja, ganz<br />

viele sind nach Berlin gegangen,<br />

das stimmt. Aber mir ist Berlin<br />

momentan ein bisschen zu heftig.<br />

<strong>akzent</strong>: Diese Radfahrer ...<br />

Fuck it, ey<br />

Andreas Guenther:<br />

Letztens hab ich zwei<br />

ältere Damen gesehen,<br />

vielleicht so 65,<br />

70 Jahre alt, beide auf<br />

dem Fußweg sehr langsam<br />

mit dem Fahrrad<br />

unterwegs. Fahren aufeinander<br />

zu, weichen nicht aus<br />

und beschimpfen sich dann beide auf’s<br />

Heftigste. Ich dachte: ‚Fuck it ey’. Was ist<br />

nur los!?!? Das hat mich in meiner Überlegung<br />

nach Wien zu ziehen, noch<br />

mal bestärkt.<br />

<strong>akzent</strong>: Weshalb Wien?<br />

Andreas Guenther: Ich habe mich in diese<br />

Stadt während des Drehs zu Blind ermittelt<br />

sehr verliebt. Wien hat so viel Charme, an<br />

jeder Ecke atmest du geradezu Geschichte –<br />

die Stadt hat mich sofort in ihren Bann gezogen.<br />

Die Menschen, das Essen, der Wein, die<br />

Restaurants. Wien hat noch mal einen ganz<br />

anderen Rhythmus. Ich schau mir jetzt mal<br />

Wohnungen an und muss dann mal gucken.<br />

Übrigens, wenn mich nicht alles täuscht, ist<br />

Wien gerade zum zweiten Mal hintereinander<br />

zur lebenswertesten Stadt der Welt gewählt<br />

worden (Anmerkung: Es gibt unterschiedliche<br />

Städterankings, hier ist das Ranking der Economist<br />

Intelligence Unit, EIU, gemeint).<br />

<strong>akzent</strong>: An der Frage kommst du jetzt nicht<br />

vorbei: Stichwort <strong>Bodensee</strong>-Tatort. Man kann<br />

zwar auch in der Provinz Tatort/Polizeiruf machen,<br />

aber offensichtlich nicht in Konstanz …<br />

Andreas Guenther: Doch! Ich finde das übrigens<br />

ein gutes Thema. Das ist ja so stiefmütterlich<br />

behandelt worden, dieser Konstanz-Tatort,<br />

muss ich leider echt sagen. Die<br />

Geschichten waren meines Erachtens immer<br />

so provinziell, sie haben nie das Potenzial<br />

dieser Gegend erkannt, ausgeschöpft oder<br />

erzählt. Es hatte immer so etwas ländliches,<br />

kleines, als wäre es ein Mikrokosmos fernab<br />

von großen Verbrechen. Warum hat man nie<br />

mal das Große erzählt? Dreiländereck, Drogen-,<br />

Menschenhandel, Geldwäsche, Wirtschaftskriminalität<br />

...<br />

<strong>akzent</strong>: Hat man ja gemacht, aber sehr vergeistigt.<br />

Man hat die Grenze auch immer thematisiert<br />

und es war immer im reichen Milieu,<br />

weil hier nur reiche Leute wohnen ...<br />

Andreas Guenther: ... oder Bauern, Bauernhof<br />

und Kindesmissbrauch, Obsthof und blablabla.<br />

Aber warum hat man das nicht groß<br />

aufgezogen? Überleg mal, damals als wir jung<br />

waren, als die Technoszene losgegangen ist,<br />

Streetparade in Zürich, die ganzen Drogen,<br />

die hier im <strong>Bodensee</strong>kreis unterwegs waren.<br />

Sowas hätte man hier erzählen müssen. Die<br />

Region hat so viel zu bieten, du hast hier im<br />

Prinzip alle Zutaten, um spannende Geschichten<br />

zu erzählen – Universität, global operierende<br />

Unternehmen, Grenzen zu zwei Staaten,<br />

Geld ... Ich hätte große Lust eine Krimi-Reihe<br />

in Konstanz zu verorten und natürlich auch<br />

hier in meiner Heimat zu spielen! Das werde<br />

ich jetzt mal in Angriff nehmen. Man könnte<br />

hier wirklich ’ne geile Reihe herholen und es<br />

richtig krachen lassen (lacht).<br />

<strong>akzent</strong>: Dann lass es krachen. Und danke für<br />

das Gespräch.<br />

INTERVIEW: MARKUS HOTZ, ANJA BÖHME<br />

FOTO: MARKUS HOTZ

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