Kulturfenster Nr. 05|2019 - Oktober 2019
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im Gedenken<br />
Chorwesen<br />
Ein Leben geprägt von Musik<br />
Nachruf auf Willi Tschenett<br />
Wie ein Lauffeuer verbreitete sich Ende<br />
August die unfassbare Nachricht vom<br />
plötzlichen Tod des allseits geschätzten<br />
Chorleiters und Musikprofessors Dr.Willi<br />
Tschenett.<br />
„Unser Leben währet nur kurz, darum<br />
durchmesst seine Bahnen auf das<br />
fröhlichste“, steht auf seinem Sterbebild.<br />
Es waren vor allem die Musik und<br />
die Kunst, die er liebte und lebte. Sein<br />
Leben war geprägt von Musik, sie war<br />
innerste Überzeugung seines Lebens.<br />
Willi Tschenett, Jahrgang 1956, geboren<br />
in Stilfs, studierte nach dem humanistischen<br />
Gymnasium im Johanneum<br />
Dorf Tirol Philosophie an der Universität<br />
Innsbruck. Gleichzeitig erwarb er<br />
am Konservatorium in Innsbruck das<br />
Diplom in Orgel und Dirigieren. 1983<br />
kam Tschenett als Organist nach Kaltern,<br />
übernahm nach ein paar Monaten<br />
die Leitung des Pfarrchores, der<br />
ihn nach seinem Ausscheiden im Jahre<br />
2001 zum Ehrenmitglied ernannte. Das<br />
Südtiroler Vokalensemble, das er 1986<br />
mit dem damaligen Obmann und dem<br />
Vizeobmann des Südtiroler Chorverbandes,<br />
Siegfried Tappeiner und Raimund<br />
Perkmann, gegründet hatte, leitete<br />
er 26 Jahre. Fünf Jahre lang leitete<br />
er auch die Musikschule und die Chöre<br />
des MGV Bozen.<br />
Die geistliche Musik bildete einen zentralen<br />
Teil seiner musikalischen Tätigkeiten<br />
in seinen Chören. Südtirol bietet<br />
für die Musik ein sehr gutes und breites<br />
Feld, das durch die vielen Möglichkeiten<br />
der Ausbildung, sei es in den Musikschulen,<br />
in den Musikkapellen in den<br />
Chören und auch im Musikkonservatorium<br />
entstanden ist. Er hat es verstanden,<br />
ein Schöpfer aus diesem Reichtum<br />
Südtirols zu sein. Das Südtiroler Vokalensemble<br />
hat wohl als einer der wenigen<br />
Chöre unter seiner Leitung fast alle<br />
großen Werke der Chorliteratur musiziert.<br />
Mit insgesamt rund 150 Sängerinnen und<br />
Sängern hat er in diesen 26 Jahren bei ca.<br />
800 Proben 170 Konzerte mit fast 100 verschiedenen<br />
Programmen Musik aus acht<br />
Jahrhunderten mit dem Südtiroler Vokalensemble<br />
aufgeführt.<br />
Tschenett pflegte dabei besonders die<br />
Zusammenarbeit mit mehreren Orchestern,<br />
wie z.B. mit der Streicherakademie Bozen,<br />
dem Haydnorchester Bozen Trient, dem<br />
Amarida-Ensemble und mit vielen jungen<br />
Südtiroler Musikern und Musikstudenten<br />
sowie auch mit Musikorganisationen des<br />
ganzen Landes. Damit bereicherte Willi<br />
Tschenett Südtirol als Ganzes und lieferte<br />
den Beweis dafür, was ein kleines Land<br />
hervorbringen kann.<br />
Willi Tschenett ist dabei aber immer sehr<br />
bescheiden geblieben und zielorientiert<br />
seinen Weg der Konsequenz und Eigenständigkeit<br />
der Interpretation gegangen.<br />
Mit dem Südtiroler Vokalensemble hatte<br />
Tschenett eine Vorreiterrolle in der Chorlandschaft<br />
Südtirols gespielt, und der Chor<br />
war mit ihm viele Jahre Botschafter des<br />
Landes wie beispielsweise bei den Südtirolwochen<br />
in den österreichischen Bundesländern.<br />
Als Leiter des Pfarrchores<br />
von Kaltern war er immer bestrebt, liturgisch<br />
geeignete Werke zu wählen,<br />
die Inspiration und Genialität in sich<br />
haben, die geeignet sind, die Gläubigen<br />
zu erbauen. Dabei pflegte er vor<br />
allem als erzieherischen Aspekt für ein<br />
Kunstverständnis, die Zusammenarbeit<br />
zwischen den Laienmusikern und professionell<br />
ausgebildeten Sängern und<br />
Instrumentalisten, was auch heute noch<br />
fortgeführt wird.<br />
In Anerkennung und als Dank für<br />
seine Verdienste im kirchlichen und<br />
weltlichen Bereich hat ihm die Marktgemeinde<br />
Kaltern 2007 den Ehrenring<br />
verliehen.<br />
Willi Tschenett hat es immer verstanden,<br />
die Freude an der Musik durch<br />
seine Musikalität und seine Ausstrahlung<br />
auf die Chöre zu übertragen und<br />
dadurch auch die Verbindung mit dem<br />
Publikum herzustellen. Mit seinem musikalischen<br />
Feingefühl und seiner wertschätzenden<br />
Art hat er Sängerinnen<br />
und Sänger zu musikalischer Höchstleistung<br />
motiviert.Die Heirat mit Luise<br />
Gallmetzer, Sängerin und Gesangspädagogin,<br />
war wohl eine logische Entwicklung<br />
im privaten Leben von Willi<br />
Tschenett.<br />
Eine überaus große Trauergemeinde<br />
gab ihm in seiner Wahlheimat Petersberg<br />
das letzte Geleit. Der Sterbegottesdienst<br />
wurde vom Südtiroler Vokalensembles<br />
und dem Pfarrchor Kaltern<br />
unter der Leitung von Robert Mur mit<br />
der „Kleinen Orgelsolomesse“ von J.<br />
Haydn und Motetten von Mendelssohn,<br />
Spohr und Chorälen von J.S.Bach musikalisch<br />
mitgestaltet.<br />
Willi Tschenett wird als Mensch, als<br />
Musiker, als einer, der im Bewusstsein<br />
seiner Pflichten gegenüber der Gemeinschaft<br />
lebte und handelte, in Erinnerung<br />
bleiben und weiterleben.<br />
<strong>Nr</strong>. 05 | <strong>Oktober</strong> <strong>2019</strong> 27