Die Kunst des Fermentierens (Leseprobe)
KOPP Verlag (Sandor Ellix Katz)
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| 20 Die Kunst des Fermentierens
– angestachelt von einem unersättlichen Appetit, dem praktischen Wunsch, dass
Essen nicht verdirbt, und dem sturen Wunsch, gesund zu bleiben – seine Leidenschaft
für ein natürliches Leben und die Fermentierung entdeckt hat. Ich habe
viele Experimente gemacht, mit vielen, vielen Leuten über das Thema gesprochen
und vieles darüber gelesen. Je mehr ich experimentiert und gelernt habe,
umso mehr kam ich zu der Erkenntnis, wie weit ich davon entfernt war, ein Experte
auf dem Gebiet zu sein. Wenn jemand in einem Haushalt aufwächst, in
dem solche traditionellen Gärprodukte zum Alltag gehören, ist er damit viel
vertrauter. Andere werden zu kommerziellen Produzenten und entwickeln technisches
Know-how, um gleichmäßige, profitable Produkte zu schaffen; unzählige
solcher Menschen wissen viel mehr als ich über Bierbrauen, Käseherstellung,
Brotbacken, Salamipökeln oder Sakebrennen. Mikro biologen oder andere Wissenschaftler,
die sich mit sehr speziellen Aspekten der Genetik, des Stoffwechsels,
der Kinetik, der Dynamik innerhalb von Gemeinschaften oder mit anderen Mechanismen
der Fermentierung beschäftigen, verstehen sie in all ihren Facetten,
die ich kaum nachvollziehen kann.
Zudem kommt mein Know-how in nichts einem enzyklopädischen Wissen
über Fermentierung nahe. Die Methoden, wie die Menschen auf den unterschiedlichen
Kontinenten all ihre Lebensmittel fermentieren, sind zu vielfältig, als dass
eine einzelne Person sie alle kennen und verstehen könnte. Doch ich hatte das
Privileg, viele wunderbare Geschichten zu erfahren und viele selbst gemachte und
handwerklich fermentierte Speisen zu probieren. Viele Leser meiner Bücher, Besucher
meiner Website und Teilnehmer meiner Kurse haben mir von den Fermentierungsmethoden
ihrer Großeltern erzählt; Einwanderer haben mir aufgeregt
von fermentierten Lebensmitteln in ihren Heimatländern berichtet, die häufig im
Zug der Auswanderung verloren gingen; Leute haben von Gärprodukten erzählt,
auf die sie auf Reisen gestoßen sind; andere haben ihre eigentümlichen Familienrezepte
ausgeplaudert; und andere Experimentierer, wie ich selbst einer bin, haben
mir von ihren Abenteuern erzählt. Ich stieß auch auf Tausende von Fragen nach
Problemlösungen, die mich dazu brachten, zu recherchieren und über viele weitere
Aspekte der unweigerlichen Variationen nachzudenken, die bei der Fermentierung
im Privathaushalt auftreten.
Dieses Buch ist ein Kompendium des von mir zusammengetragenen Wissens
über Fermentierung, aber auch andere Stimmen kommen darin zu Wort. Ich habe
mich zwar um größtmögliche Gründlichkeit bemüht, doch das Buch ist weit
von einer Enzyklopädie entfernt. Mein Ziel ist es, Grundmuster darzustellen und
Konzepte zu vermitteln, um Sie mit dem nötigen Rüstzeug auszustatten, damit
Sie selbst weiterforschen und die Fermentierung in Ihr Leben aufnehmen können.
Meine Mission ist es, Fertigkeiten, Hilfsmittel und Informationen bezüglich
dieser bedeutsamen Kunst weiterzugeben – in der Hoffnung, dass diese lange
bestehenden co-evolutionären Verbindungen, die in kulturellen Praktiken
eingebettet sind, nicht verloren gehen, sondern verbreitet, »fremdbestäubt« und
angewandt werden.