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Die Kunst des Fermentierens (Leseprobe)

KOPP Verlag (Sandor Ellix Katz)

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| 30 Kapitel 1

Margulis und anderen hat viele Biologen davon überzeugt, dass symbiotische

Verbindungen zwischen fermentierenden Bakterien und anderen frühen einzelligen

Lebensformen konkrete, dauerhafte Formen als die ersten eukaryotischen

Zellen annahmen, die Pflanzen, Tiere und Pilze umfassen. 4 Wie Margulis und

Dorion Sagan in ihrem Buch Microcosmos darlegen, hat die Symbiose wohl als

Raubtier-Beute-Beziehung begonnen:

»Schließlich entwickelten einige der Beutetiere eine Toleranz für ihre aeroben

Jäger, die dann im nahrungsreichen Inneren ihres Wirts am Leben blieben.

Zwei Arten von Organismen nutzten die Stoffwechselprodukte des jeweils anderen.

Als sie sich innerhalb der besetzten Zellen vermehrten, ohne Schaden

anzurichten, gaben die Jäger ihre unabhängige Form auf und richteten sich

dort für immer ein.« 5

Eine durch solch eine Symbiose entwickelte Evolution wird Symbiogenese genannt.

Die Mikrobiologen Sorin Sonea und Léo G. Mathieu führen dieses Konzept

näher aus: »Symbiogenese mit Tausenden verschiedener bakterieller Gene

bereichert maßgeblich das eingeschränkte Potenzial eukaryotischer Organismen,

sie forcieren und unterstützen ihre Anpassung viel mehr, als dies die willkürliche

Mutation allein bewerkstelligen könnte.« 6

Bakterielle Fermentierungsprozesse sind Teil der Zusammenhänge allen Lebens.

Fermentation spielt im Nährstoffkreislauf, mit dem sich alle Lebenwesen – wir eingeschlossen

– co-evolutionär entwickeln, eine umfassende und entscheidende Rolle.

Durch Symbiose und Co-Evolution verschmolzen Bakterien zu neuen Formen

und brachten alles andere Leben hervor. »In den letzten [Millionen] Jahren fungieren

Mitglieder des Bakterien-Superreichs als bedeutende selektive Kraft für die Gestaltung

der eukaryotischen Evolution«, konstatieren die Molekularbiologen Jian

Xu und Jeffrey I. Gordon. »Co-evolutionäre symbiotische Beziehungen zwischen

Bakterien und mehrzelligen Organismen sind ein prominentes Element des Lebens

auf der Erde.« 7 Die Bedeutung der Bakterien und unserer bakteriellen Wechselwirkungen

kann nicht hoch genug eingestuft werden. Ohne unsere bakteriellen

Partner könnten wir nicht existieren oder funktionieren.

Wie alle komplexen mehrzelligen Lebensformen ist

auch der menschliche Körper Wirt für ausgeklügelte autochthone

Biota. Einige Genetiker sind der Meinung, wir

seien »ein Komposit vieler Spezies« mit einer genetischen

Landschaft, die neben dem humanen Genom auch jene

unserer bakteriellen Symbionten umfasst. 8 In unserem

Körper gibt es weit mehr Bakterien als Zellen mit unserer

einzigartigen DNA, das Verhältnis beträgt zehn zu eins. 9

Die Mehrheit dieser Bakterien – unglaubliche 100 Billionen

(10 14 ) – befinden sich in unserem Darm. 10 Bakterien

spalten Nährstoffe auf, die wir ansonsten nicht verdauen

Beeren

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