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Die Kunst des Fermentierens (Leseprobe)

KOPP Verlag (Sandor Ellix Katz)

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| 22 Die Kunst des Fermentierens

eine Kultur stark und belastbar ist, muss sie eine kreative Gemeinschaft sein, in

der Fertigkeiten, Informationen und Werte ineinandergreifen und vermittelt

werden. Kultur kann nicht als Konsumentenparadies oder Zuschauersport gedeihen.

Der Alltag bietet ständig Möglichkeiten, sich einzusetzen. Ergreifen Sie sie!

So wie mikrobielle Kulturen nur in der Gemeinschaft existieren, so tun dies

auch unsere menschlichen Kulturen. Essen ist hier der größte gemeinsamkeitstiftende

Faktor. Es lädt Menschen ein, sich zu setzen und eine Weile zu bleiben, und

Familien, gemeinsam zu feiern. Es heißt neue Nachbarn, erschöpfte Reisende

und geliebte alte Freunde willkommen. Und es braucht ein ganzes Dorf, um Essen

zuzubereiten. Viele Hände machen die Arbeit leichter, und die Speisenproduktion

fördert häufig Spezialisierung und Austausch. Und noch mehr als

Speisen im Allgemeinen spielen fermentierte Lebensmittel – insbesondere Getränke

– eine signifikante Rolle in der Gemeinschaft. Nicht nur, dass rund um

Fermentationsprodukte (wie Brot und Wein) viele Festmahle, Rituale und Feierlichkeiten

organisiert werden, fermentierte Speisen gehören auch zu den ältesten

und wichtigsten Lebensmitteln, die den Rohprodukten der Landwirtschaft – einer

zentralen Stütze jeder Gemeinschaft – sowohl Wertigkeit als auch Haltbarkeit

verleihen. Der Brauer und der Bäcker spielen für jede auf Feldwirtschaft beruhende

Ökonomie eine bedeutsame Rolle; und Wein verwandelt verderbliche

Trauben in ein haltbares, begehrtes Gut, das Gleiche gilt für Käse aus Milch.

Uns auf unser Essen zu besinnen heißt, sich auf die Gemeinschaft zu besinnen,

den wirtschaftlichen Zusammenhang von Spezialisierung und Arbeitsteilung zu

nutzen, aber in einem menschlichen Maß, und das Bewusstsein für Ressourcen

und lokalen Tausch zu schärfen. Der Transport von Gütern über den ganzen Erdball

verschlingt eine Unmenge an Ressourcen und richtet an unserer Umwelt

große Schäden an. Exotische Leckereien können zwar verlockend sein, es ist aber

unangebracht und schädlich, unser Leben hauptsächlich um sie herum zu

organisieren; die meisten globalisierten Lebensmittel werden in gigantischen

Monokulturen angebaut, auf Kosten von Wäldern und Subsistenzwirtschaften.

Und wenn wir völlig von einer globalen Handelsinfrastruktur abhängig sind, machen

wir uns selbst immer anfälliger für Störungen, egal welcher Herkunft: von

Naturkatastrophen (Hochwasser, Erdbeben, Tsunamis) und dem Raubbau von

Rohstoffen (Ölfördermaximum) bis zu politischer Gewalt (Krieg, Terrorismus,

organisierte Kriminalität).

Fermentierung kann zu einem Kernpunkt der ökonomischen Genesung werden.

Die Relokalisierung von Lebensmitteln bedeutet eine Erneuerung nicht nur

der Landwirtschaft, sondern auch der Prozesse, mit denen die landwirtschaftlichen

Produkte zu den Dingen verarbeitet werden, die die Menschen tagtäglich

essen und trinken, etwa zu fermentierten Lebensmitteln wie Brot, Käse und Bier.

Wenn wir uns an der lokalen Speisenproduktion beteiligen – in der Landwirtschaft

und darüber hinaus –, schaffen wir genau genommen wichtige Ressourcen,

die dazu beitragen können, unsere grundlegenden alltäglichen Bedürfnisse

zu stillen. Indem wir dieses Revival von lokalen Lebensmitteln unterstützen,

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