Daniel Heinze, Koch im Gasthof zum Freden: Für längere Garvorgänge fehlt in vielen Restaurants einfach die Zeit GESCHMORTE KÖSTLICHKEITEN Gut Ding will Weile habe: Das Niedrigtemperaturgaren ist eine Technik, die auf Zeit setzt. Das Ergebnis ist ein butterzarter Braten zum Niederknien und als Nebeneffekt eine wunderbare Sauce.
MESSER & GABEL Wir leben in hektischen Tagen. Alles muss schnell gehen; alles ist eng getaktet, für nichts ist mehr Zeit. Ein kulinarischer Ausdruck dieser Lebensweise ist das Steak: Ein paar Minuten in der Pfanne oder auf dem Grill, fertig. Das Gegenteil davon ist sanftes Garen, im Fachsprech Niedrigtemperaturgaren genannt. Was uns zu Gerichten bringt, die wirklich Zeit brauchen. Ochsenbäckchen zum Beispiel. Um zart zu werden, brauchen sie viel, viel Garzeit, schließlich sind sie das stärkste Muskelfleisch des Rinds, verantwortlich für ein paar Tonnen Beißkraft. Aber es gibt ein Mittel gegen ihre Festigkeit: Schmoren. Langsames, stundenlanges Garen. Klassischerweise in einem Sud aus Rot- und Portwein, glasierten Zwiebeln und Gemüse. Hanna Börger vom Restaurant „Wilde Triebe“ hat gekochte Rinderbrust auf der Karte. „Die dauert gute drei Stunden“, sagt sie. Und das ist noch schnell. Manchmal gart hier auch was über Nacht, bis zu 14 Stunden lang, bei 70 Grad. Gut, auf die Röstaromen eines Steaks kommt man so nicht, obwohl FOTOS: REBECCA BRASSE auch Schmorfleisch natürlich vorher angebraten wird. „Aber dafür hast du ja dann diese herrliche Schmor-Sauce“, sagt Hanna Börger. „Dann vermisst du das gar nicht.“ Das „Wilde Triebe“ hat grundsätzlich Langzeitgegartes auf der Karte. „Viele sagen danach: Mensch, wie hab ihr das nur so superzart hingekriegt!“ Der Vakuumierer fürs portionsweise Frischhalten kommt hier nicht sehr oft zum Einsatz, obwohl, wer schmort, natürlich meist eine größere Menge zubereitet, damit sich der Arbeits- und Energieaufwand lohnt. Das ist auch im Landidyll Gasthof zum Freden so. Inhaber Ludwig Eichholz: „Klar, ohne jedes Vakuumieren würden wir das personell gar nicht schaffen. Aber oft lässt sich das auch vermeiden. Wenn man das Fleisch in der Sauce lagert, hält sich das locker drei, vier Tage.“ Sein persönlicher Favorit ist übrigens Rinderkeule. „In einer guten Sauce ist das schon ein Traum!“ Für die sorgt bei ihm Rotwein, körniger Dijon-Senf. „Kräftig und dunkel! Das ist was für mich!“ Und dann erzählt er. Von Damwild, von Rehkeulen: „Durch das Schmoren wird das ja alles sehr, sehr zart. Und die Sauce ist einfach ein Geschmackserlebnis! Die „hohe Kunst“, die sei „das Wartenkönnen“. Vielen Restaurants, weiß Eichholz, „fehlt aber einfach die Zeit für solche längeren Garvorgänge“. Obwohl: „Irgendwann kehrt alles zurück, was es früher mal gegeben hat“, sagt Eichholz. Er mag traditionelle Zubereitungsarten. Und dann erzählt er von seiner Oma: „Die hat das früher ja auch so gemacht. Da wurde Schmorbraten zubereitet, vom Schwein, und wenn was übrigblieb, wurde das am nächsten Tag nochmal angesetzt. Das wurde zarter und zarter. Heute würde man sagen: Pulled Pork.“ „Das ist das Schönste, dass man mit Fleisch anstellen kann“, sagt Daniel Bumhoffer, Inhaber „Vox Drink & Dine“ im Haus Rahenkamp. Geschmortes ist auch hier immer auf der Karte. „Klar, der Energieaufwand ist hoch beim „SCHMOREN IST DAS SCHÖNSTE, DASS MAN MIT FLEISCH ANSTELLEN KANN.“ Daniel Bumhoffer Daniel van Zadel, Küchenchef im Vox: Geschmorte Rehkeule passt perfekt in die <strong>Winter</strong>zeit Schmoren. Aber so kriegt man auch aus einfacheren Fleischarten was Tolles raus!“ Neuer Küchenchef im Haus Rahenkamp ist Daniel van Zadel, der in der kalten, dunklen Jahreszeit gerne Schmorgerichte empfiehlt. Das Vox Drink & Dine bietet im Dezember eine geschmorte Rehkeule mit Steinpilzrahm auf Kartoffelpüree mit Backpflaumen an. Klassiker des Hauses sind der Burgunderbraten vom Rind in Trüffeljus oder Wildgeschnetzeltes in Kronsbeerensauce. Der Tipp vom Küchenchef: „Schmorgerichte eignen sich für auch ideal für die Festtage zu Hause, da man das Fleisch und die Sauce mühelos einen Tag vorher zubereiten kann. Am Festtag selbst muss man lediglich das Fleisch in der Sauce erhitzen und zaubert so stressfrei im Handumdrehen ein köstliches Essen für die Familie auf den Tisch.“ HARFF-PETER SCHÖNHERR STADTBLATTLIVE 7