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REISE 35<br />
Obwohl ich noch nie<br />
hier war, kommt mir<br />
vieles vertraut vor,<br />
selbst die dampfenden<br />
Gullys. In „Harry und<br />
Sally“, Audrey Hepburn<br />
in „Frühstück bei Tiffany“,<br />
„Law and Order“,<br />
„Men in Black“, „How<br />
IMet Your Mother“,<br />
„Ghost“ und „Ghostbusters“,<br />
„Taxi Driver“,<br />
„Der Teufel<br />
trägt Prada“, „Nachts<br />
im Museum“,<br />
„Wallstreet“,<br />
„CSI NY“ und<br />
unzähligen anderen<br />
Filmen<br />
hat mich New<br />
York von klein<br />
auf begleitet<br />
und<br />
offensichtlich<br />
mehr Eindrücke<br />
hinterlassen,<br />
als ich<br />
gedacht habe.<br />
Die Fußgängermassen<br />
der Stadt, für<br />
die das Rot der Ampeln<br />
eher eine beratende<br />
Funktion zu haben<br />
scheint, treffen auf<br />
endlose Blechlawinen<br />
zwischen vielen<br />
Häuserblocks.<br />
Rücksichtnahme<br />
scheint hier schon<br />
lange unter die Räder<br />
gekommen zu sein.<br />
Daran ändern auch<br />
die dick angezogenen und<br />
mit Schals und Skimasken vermummten<br />
Polizisten nichts, die<br />
auf jeder größeren Kreuzung<br />
stehen und ähnlich aussichtslos<br />
gegen den Verkehrsinfarkt wie<br />
gegen die Kälte kämpfen. Ein<br />
abschreckendes Beispiel für je-<br />
den Städteplaner und mir sehr<br />
fremd.<br />
Im Central Park habe ich bei<br />
der Mordaufklärung Generationen<br />
von Ermittlern über die<br />
Schulter geschaut, vom Fernsehsofa<br />
aus. Auch in ihm erkenne<br />
ich sofort Drehorte, zum<br />
Beispiel aus „Highlander“ und<br />
„Spiderman“.<br />
Am Tag ist der Park voller<br />
Menschen. Auf der Wollman-<br />
Rink-Eisbahn, die in „Love Story“<br />
und „Vertrauter Feind“ zu<br />
sehen war, laufen Alt und Jung<br />
Schlittschuh, während an den<br />
Parkeingängen Kutscher den<br />
Parkbesuchern ihre<br />
Droschken für eine<br />
Fahrt durch den<br />
Park aufdrängen.<br />
Wer nicht achtgibt,<br />
der stolpert hier über<br />
Grauhörnchen.<br />
Vor Jahrzehnten<br />
haben sich die possierlichen<br />
Nager angesiedelt und ihre<br />
Scheu gegen weitgehend sichere<br />
Lebensbedingungen eingetauscht.<br />
Von den meisten Touristen<br />
werden sie geliebt, von<br />
einigen New Yorkern als „Ratten<br />
mit buschigem Schwanz“<br />
verachtet.<br />
In England und Italien ausgesetzt,<br />
dominieren sie die einheimischen<br />
roten Nager.<br />
Nicht nur weil sie ihnen in Größe<br />
und Anpassung überlegen<br />
sind, auch tragen die Grauen<br />
über Generationen einen Keim<br />
in sich, der ihnen nichts anhaben<br />
kann, ihre Verwandten<br />
aber tötet.<br />
Im vergangenen Jahr wurden<br />
die Grauhörnchen von New<br />
York erstmals gezählt, auf 2300<br />
Exemplare wurde ihr Bestand<br />
ermittelt. Dies soll der Beginn<br />
der wissenschaftlichen Beobachtung<br />
der nicht im<br />
Scheinwerferlicht lebenden<br />
Tiere sein. Ab diesem<br />
Jahr sollen sie als Touristenattraktion<br />
vermarktet<br />
werden.<br />
Sie wurden als fester<br />
Bestandteil der<br />
Sehenswürdigkeiten<br />
in das Programm<br />
von Stadtführungen<br />
aufgenommen.<br />
Gleich doppelt positiv überrascht<br />
hat mich die Freiheitsstatue.<br />
Oft habe ich gehört, dass<br />
sie deutlich kleiner sein soll als<br />
erwartet. Also ich finde sie erstaunlich<br />
groß. Und seit 1997 ist<br />
es möglich, ihr kostenlos<br />
nahe zu kommen.<br />
Eigentlich ist die<br />
Fahrt zwischen Manhattan<br />
und Staten Island<br />
–sie dauert 25<br />
Minuten –für Berufspendler<br />
gedacht.<br />
Doch das Angebot<br />
hat sich auch bei<br />
Touristen rumgesprochen,<br />
denn neben<br />
der Freiheitsstatue hat man<br />
einen atemberaubenden Blick<br />
auf die Skyline von Manhattan.<br />
Mit jährlich über 25 Millionen<br />
Personen ist sie die am meisten<br />
genutzte Personen-Fährverbindung<br />
derWelt.<br />
Optimal für Fotos ist beim<br />
Fährenstart ein Platz draußen<br />
rechts am Heck. Beeilt man sich<br />
an der Fährstation in Staten Island,<br />
kann man gleich wieder<br />
zurückfahren.<br />
Die Linie ist für viele<br />
Amerikaner ein Heiligtum.<br />
In den Kiel der Fähre „Spirit<br />
of America“ ist Material<br />
aus dem Stahl des World<br />
Trade Center eingebaut,<br />
dessen beide Türme<br />
nach den Terroranschlägen<br />
2001<br />
einstürzten.<br />
Auch diese Fährverbindung<br />
kann dem Erstbesucher<br />
New Yorks bekannt<br />
vorkommen. Hier spielten<br />
Szenen aus „Saturday<br />
Night Fever“, auch mehrere<br />
Episoden von „I Love Lucy“,<br />
hier ließ sich Melanie Griffith<br />
in „Working Girl“ den oft<br />
strammen Wind um die<br />
Nase wehen, und hier<br />
wurden auch Szenen für<br />
„Der Pate“<br />
gedreht. An<br />
der Anlegestelle<br />
betteln – wen<br />
wundert’s? – Grauhörnchen<br />
um ein<br />
Häppchen Fressbares.<br />
Zum Wundern<br />
hingegen ist, dass<br />
mein Hotel mit der Klimaanlage<br />
heizt, dass in den gegenüberliegenden<br />
Bürohochhäusern<br />
nachts die Lichter brennen und<br />
Fahrer von überdimensionierten<br />
Limousinen mit laufenden<br />
Motoren bis zu einer Stunde<br />
auf der Straße warten.<br />
Mit riesigen Schildern und<br />
Flyern werben Geschäfte,<br />
Firmen und<br />
Religionsgemeinschaften<br />
für sich, in Disney-Figuren<br />
geschlüpfte Studenten<br />
dienen sich für Fotos an,<br />
daneben machen auf Stühlen<br />
zusammengesunkene<br />
amputierte Kriegsveteranen<br />
mit beschriebenen Pappen<br />
auf ihr Schicksal aufmerksam.<br />
Jetzt müssen alle Platz machen<br />
– ein Fernsehfilmteam<br />
möchte drehen.<br />
Wolfgang Stürzbecher<br />
Macy’sist der größte<br />
Warenhausbetreiber in<br />
den USA. Hauptsitz ist<br />
die Filiale in NewYork.<br />
Times Square<br />
und Fifth<br />
Avenue –der<br />
zehn Kilometer<br />
lange Boulevard<br />
gilt als teuerste<br />
Straße der Welt.<br />
Die Freiheitsstatue<br />
ist ein<br />
Geschenk<br />
Frankreichs.<br />
DasMonument hat<br />
eine Gesamthöhe<br />
von92,99 Metern.<br />
Fotos: Wolfgang Stürzbecher