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GESUNDHEIT<br />
SCHLAU ZU HIV<br />
GEWICHTSZUNAHME DURCH<br />
HIV-THERAPIE?<br />
Während viele der älteren Generation beim Gedanken<br />
an HIV noch das Bild ausgemergelter Körper und starken<br />
Gewichtsverlusts im Kopf haben mögen, wird in der<br />
Community über ungewollte Gewichtszunahme unter<br />
antiretroviraler Therapie gesprochen. Wir fragten bei Professor<br />
Dr. med. Hans-Jürgen Stellbrink vom Infektionsmedizinischen<br />
Centrum Hamburg (ICH) nach, was es damit auf sich hat.<br />
FOTO: ICH<br />
DEUTSCHLAND<br />
(Tripper), 5 Prozent Chlamydien<br />
• 1 Prozent hat eine positive HIV-Diagnose<br />
bekommen (insgesamt <strong>gab</strong>en 10 Prozent<br />
der Teilnehemr an, HIV-positiv zu sein).<br />
Deutschland liegt hier wieder genau im<br />
Durchschnitt der Studie.<br />
• 7 Prozent hatten eine Hepatitis A<br />
• 6 Prozent hatten eine Hepatitis B<br />
• 2 Prozent hatten schon einmal eine<br />
Hepatitis-C<br />
Mythos Truvada-Hure<br />
Insgesamt ist die Testbereitschaft von MSM<br />
(verglichen mit der Allgemeinbevölkerung) hoch:<br />
Mehr als jeder zweite Befragte (56 Prozent) ließ<br />
sich im Jahr vor EMIS 2017 auf HIV testen, 46<br />
Prozent auf andere STI. Diese Werte führen direkt<br />
zur Frage, wie es um das persönliche Wissen um<br />
Ansteckungswege und die Präventionsstrategien<br />
bestellt ist. Denn wie oft hört man besonders<br />
in Bezug auf PrEP oder Schutz durch Therapie,<br />
dass „die Schlampen“ verantwortungslose<br />
Virenschleudern wären, was mit den Zahlen nicht<br />
übereinstimmen kann, denn beide HIV-Präventionsmethoden<br />
setzen regelmäßige Arztbesuche<br />
und damit ein engmaschiges Screening auf STI<br />
voraus. Anders formuliert: Würde jeder die PrEP<br />
wie verordnet nehmen, hätten sich 100 Prozent<br />
testen lassen.<br />
Und tatsächlich: 85 Prozent der Befragten hatten<br />
in den zwölf Monaten vor der Umfrage mindestens<br />
einmal Analverkehr mit einem Mann und 61<br />
Prozent mindestens einmal Analverkehr ohne<br />
Kondom. Analverkehr ohne Kondom mit einem<br />
Partner, dessen HIV-Status sie nicht kannten,<br />
hatten rund 24 Prozent aller und 20 Prozent der<br />
deutschen Befragten. Und das bei nur rund drei<br />
Prozent PrEP-Nutzern, in Deutschland sogar nur<br />
zwei Prozent. Soweit ein erster Überblick. EMIS<br />
2017 hält noch viele weitere Zahlen parat. *ck<br />
Was ist dran am Thema?<br />
Am Phänomen der ungewollten Gewichtszunahme kann kein Zweifel<br />
bestehen. Das Problem ist, dass es auch in der Allgemeinbevölkerung<br />
vorhanden ist. Ein Teil davon ist sicherlich einfach Rückkehr zum<br />
Normalzustand nach Kontrolle von HIV durch die ART. Es gibt zudem<br />
besonders bei den älteren Medikamenten der ART einige, die bekanntermaßen<br />
die Gewichtszunahme unterdrücken. Das hört sich vielleicht<br />
erst einmal toll an, ist aber vielleicht eine nicht nur positive Nebenwirkung,<br />
die wir bisher nicht erkannt haben. Als letzter Punkt muss<br />
erwähnt werden, dass wir immer nur über eine mittlere Gewichtszunahme<br />
sprechen, es gibt Patienten, die herausfallen und besonders stark<br />
zunehmen. Das alles zusammengenommen, sehen wir bei den neuen<br />
Medikamenten nur relativ mehr Gewichtszunahme als bei den alten. Wir<br />
wissen aber noch nicht, ob das tatsächlich ein Medikamenteneffekt ist,<br />
oder nur das Wegfallen der Nebenwirkungen der alten und der Effekt<br />
sonstiger Einflüsse wie Rauchentwöhnung, Antidepressiva, Jobwechsel<br />
mit sitzender Tätigkeit, kein Sport etc.<br />
Wann ist eine Therapieumstellung medizinisch sinnvoll und<br />
welche Alternativen gibt es dann?<br />
Ich muss hier leider ein wenig enttäuschen: Wir setzen die neuen Medikamente<br />
deswegen ein, weil sie weniger Nebenwirkungen auf Nieren,<br />
Knochen oder anderes haben. Gegen eine Gewichtszunahme haben<br />
wir ganz klassische und wirksame Methoden zum Leidwesen unserer<br />
Patienten: Sport, ausgewogene Ernährung, Verzicht auf Genussmittel ...<br />
Im Gegensatz dazu haben wir zur Zeit keinerlei Anhaltspunkte, dass ein<br />
Therapiewechsel auf ein anderes modernes Regime überhaupt Einfluss<br />
auf das Phänomen hätte. Wir beobachten das aber und werden selbstverständlich<br />
handeln, sollte sich doch zeigen, dass Therapiewechsel das<br />
Gewicht reduzieren können, ohne die Therapiewirkung zu gefährden.<br />
*Interview: Christian Knuth<br />
Ob wir es hier mit einer neuen Form der Lipodystrophie zu tun haben,<br />
lest ihr im ganzen Interview auf www.männer.media/schlau-zu-hiv!