unternehmen Ausgabe71 März 2020
Das Wirtschaftsmagazin im Südwesten. Ausgabe 71 - März 2020
Das Wirtschaftsmagazin im Südwesten. Ausgabe 71 - März 2020
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
<strong>unternehmen</strong> [!] SPEZIAL 31<br />
Zur Person<br />
Bernd Sadlowsky<br />
ist Chemietechniker.<br />
Der Professor bietet<br />
Lehrveranstaltungen<br />
an und leitet unter<br />
anderem das Hamburger<br />
Verpackungsinstitut.<br />
Zuvor war er<br />
auch Schadensanalytiker<br />
bei TÜV<br />
Rheinland.<br />
Nachhaltigkeit<br />
kostet<br />
Geld, Zeit<br />
und ist<br />
unbequem.<br />
Bernd Sadlowsky<br />
Hamburger Verpackungsinstitut<br />
Es brauche gewisse Voraussetzungen,<br />
um sinnvoll recyceln zu können,<br />
sagt er. „Als erstes müsste das<br />
PVC aus den Packungen verschwinden.<br />
PVC macht nur zwei Prozent<br />
der Verpackungen aus, hat aber die<br />
identische Dichte wie PET und es<br />
ist sehr schlecht abzutrennen.“<br />
Am besten, da sind sich die Experten<br />
einig, lassen sich Monokunststoffe<br />
recyceln. „Es werden im Moment<br />
4800 Materialen und Chemikalien<br />
in unseren Verpackungen<br />
verwendet. Damit ist Recycling quasi<br />
ausgeschlossen“, sagt Braungart.<br />
Eine Ketchupflasche besteht aus<br />
sechs Schichten oder mehr. „Das<br />
kann man nicht sauber recyceln, nur<br />
mit sehr starkem Qualitätsverlust“,<br />
sagt auch Sadlowsky. „Also verbrennt<br />
man es einfach.“<br />
Braungart schlägt sogar ein<br />
Pfandsystem für alle Verpackungen<br />
vor: „Im Supermarkt könnten die<br />
Leute eine Pfandmarke erwerben,<br />
dann könnte man damit 120 verpackte<br />
Produkte kaufen. Wenn man<br />
die Verpackungen zurückbringt, bekommt<br />
man das Geld wieder“,<br />
schlägt er vor. Man würde so nur die<br />
Nutzung der Verpackungsmaterialien<br />
verkaufen. Und die Verpackungen,<br />
am besten alle aus einem einheitlichen<br />
Monomaterial gefertigt,<br />
könnten recycelt werden.<br />
Braungart sieht gute Gründe, weiter<br />
Plastik zu verwenden. Nur müsse<br />
es das richtige Plastik sein. „Wenn<br />
man Kunststoffe insgesamt dämonisiert,<br />
bleibt man auf der primitiven<br />
Stufe der jetzigen Kunststoffe<br />
stehen“, kritisiert er. PET könne<br />
mindestens acht bis zwölfmal verwendet<br />
werden. „Man kann das PET<br />
auch biologisch abbaubar machen“,<br />
sagt Braungart. „Denn eigentlich<br />
brauchen wir Verpackungen, die wir<br />
auch verlieren könnten und die in<br />
biologische Systeme übergehen.“<br />
Das Thema Biokunststoffe interessiert<br />
auch Bernd Sadlowsky. „Man<br />
könnte sagen, im Wesentlichen ist<br />
ein Biopolymer ein Kunststoff, der<br />
aus nachhaltigen Stoffen wie Maisstärke<br />
besteht und der meistens biologisch<br />
abbaubar ist.“ Ein Problem<br />
sei aber, dass man diese Biokunststoffe<br />
nicht einfach in das Verwertungssystem<br />
einschleusen könne.<br />
„Ein Biokunststoff soll innerhalb von<br />
zwölf Wochen kompostierbar sein,<br />
die durchschnittliche Dauer in großindustriellen<br />
Kompostieranlagen ist<br />
aber nur sechs Wochen.“ Ist Biokunststoff<br />
ökologisch nachhaltiger?<br />
„Nö“, sagt Sadlowsky.