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Dave Bautista<br />
„Du musst zu<br />
deinen Gefühlen<br />
stehen“<br />
Wann immer sie in Hollywood den Typ „sensibles<br />
Muskelpaket“ brauchen, ist Dave Bautista die erste Wahl.<br />
Hier erklärt der 51-Jährige, wie er auf Tuchfühlung<br />
mit sich selbst bleibt und warum er dafür fluchen muss.<br />
Text RÜDIGER STURM<br />
Ob in „Guardians of the Galaxy“,<br />
„James Bond: Spectre“ oder „Blade<br />
Runner 2049“ – Schauspieler Dave<br />
Bautista ist die Idealbesetzung für<br />
den Kämpfer mit Seele. Das ist kein<br />
Zufall: Der 51-jährige Ex-Wrestler<br />
(1,98 Zentimeter, 132 Kilo) ist unter<br />
schwierigen Umständen aufgewachsen<br />
und sah sich lange gezwungen,<br />
seine wahren Gefühle zu unterdrücken.<br />
Nach Jahrzehnten der<br />
Übung weiß er heute, wie wichtig es<br />
ist, sein Herz auf der Zunge zu tragen.<br />
Wo er einen gesunden Umgang mit<br />
seinen Emotionen lernte? Standesgemäß<br />
als Rausschmeißer in einer<br />
Diskothek in einem zwielichtigen<br />
Viertel.<br />
the red bulletin: In „Der Spion<br />
von nebenan“ spielen Sie einen<br />
CIA-Agenten, der es mit einem<br />
naseweisen Mädchen zu tun bekommt.<br />
Ihre Partnerin war die elfjährige<br />
Chloe Coleman. Konnten<br />
Sie von ihr etwas lernen?<br />
dave bautista: Oh ja. Sie war einer<br />
der professionellsten Menschen,<br />
denen ich je begegnet bin. Ich konnte<br />
mir meistens meinen Text nicht<br />
merken, und sie beherrschte ihren<br />
aus dem Effeff. Deshalb bat ich sie,<br />
auch meine Zeilen zu lernen, damit<br />
sie mir notfalls einsagen kann. Aber<br />
was ich wirklich an ihr liebe, ist, dass<br />
sie bei aller Professionalität ein Kind<br />
geblieben ist. Sie will eines sein und<br />
ihre Kindheit genießen!<br />
Steckt in Ihnen auch etwas<br />
von einem Kind?<br />
Aber klar. Ich versuche, mich wie<br />
ein Erwachsener zu verhalten, aber<br />
gleichzeitig nehme ich das Leben<br />
nicht zu ernst. Ich würde mich zum<br />
Beispiel nie in einen normalen Bürojob<br />
zwängen lassen. Da verlierst du<br />
nur die Tuchfühlung mit deinem Ich.<br />
Was ich an Kindern ganz besonders<br />
mag, ist, dass sie völlig offen und<br />
ehrlich sind. Sie sprechen aus, was<br />
sie fühlen – ohne Filter und ganz<br />
unverstellt.<br />
Tun Sie das auch?<br />
Jetzt schon. Ich bin ein sehr emotio<br />
naler Mensch – das muss ich von<br />
meiner Mutter haben, die ist noch<br />
extremer drauf als ich. Aber es gab<br />
eine Zeit in meinem Leben, in der<br />
mir das peinlich war und ich meine<br />
Gefühle zu kontrollieren versuchte –<br />
das war allerdings vollkommen aussichtslos.<br />
Dann habe ich begriffen:<br />
Solange du niemandem wehtust, ist<br />
es völlig okay, emotional und auch<br />
mal wütend zu sein. Ich weiß, dass<br />
ich meine Gefühle nicht mit Fäusten<br />
auszudrücken brauche, ich kann das<br />
auch mit Worten tun. Und so darf<br />
ich ruhig mein Herz auf der Zunge<br />
tragen.<br />
Der Schlüssel besteht also darin,<br />
seine Gefühle zu akzeptieren?<br />
Exakt. Sorge nur dafür, dass sie den<br />
richtigen Weg nehmen. Und bleibe<br />
offen dabei. Du kannst von etwas<br />
leidenschaftlich überzeugt sein, aber<br />
es gibt immer Leute, die eine andere<br />
Meinung haben. Hör dir die an, vielleicht<br />
findest du raus, dass du doch<br />
falschliegst, oder du gehst einen<br />
Kompromiss ein. Sei leidenschaftlich,<br />
sei ehrlich, aber nicht verbohrt.<br />
Leichter gesagt als getan, aber das<br />
ist das, was ich im Laufe der Zeit für<br />
mich herausgefunden habe.<br />
Wie leidenschaftlich Sie sein<br />
können, hat man im Fall von<br />
James Gunn, dem Regis seur von<br />
„Guardians of the Galaxy“, erlebt.<br />
Das Studio wollte ihn feuern,<br />
weil er vor Jahren mal anzügliche<br />
Tweets verbreitet hatte, aber Sie<br />
traten öffentlich für ihn ein …<br />
Es gab Leute, die ihre Bedenken hatten,<br />
weil ich das so offen getan habe.<br />
Und ich dachte auch, dass mir das<br />
vielleicht schaden kann. Aber der<br />
Punkt ist: Wenn du genau weißt, was<br />
das Richtige ist, und du tust es trotzdem<br />
nicht – zu was für einem Menschen<br />
macht dich das? Ja, es war riskant,<br />
aber es war mir egal. Ich wollte<br />
meinen Freund verteidigen, weil<br />
er das brauchte. Und ich war völlig<br />
davon überzeugt. Keine einzige<br />
Sekunde habe ich daran gezweifelt.<br />
Haben Sie überhaupt je Selbstzweifel?<br />
Das kann ich nicht sagen. Wenn<br />
ich mal einen Schritt aus meiner<br />
Komfortzone mache, dann spüre<br />
FRANCINE ORR/LOS ANGELES TIMES VIA CONTOUR RA RÜDIGER STURM<br />
36 THE RED BULLETIN