Immer voll entspannt: Yoga und Meditation helfen Anna Seidel beim Abschalten. Styling TOMISLAV BLAIC/ NINA KLEIN AGENCY Make-up & Haare KRISTINA GRIFFATO/ NINA KLEIN AGENCY Skinsuit LYCOTEX
Hast du gleich bemerkt, dass etwas kaputtgegangen war? Gar nicht. Es hat wehgetan, klar, aber ich bin noch allein in die Kabine gehumpelt. Im Krankenhaus wurde es dann relativ schnell ernst. Und Metall in den Rücken geschraubt zu bekommen – das ist echt nicht schön. Da wird einem dann klar, wie ernst die Situation ist. Du musstest wochenlang pausieren. Wann ging es wieder bergauf? Es hat sehr geholfen, wieder Kufen unter den Füßen zu haben. Mit einer Psychologin lernte ich wieder, einfach zu laufen und nicht mehr an den Unfall zu denken. Gehst du seither anders mit dem Risiko deines Sports um? Bewusster, klar. Wichtig war eine Erfahrung, die man in einer solchen Situation zwangsläufig macht – auch wenn es wie ein Klischee klingt: What doesn’t kill you, makes you stronger. Und man lernt seine Gesundheit noch mehr zu schätzen. Deine zweiten Olympischen Spiele wurden zu einer herben Enttäuschung: Du bist zweimal gestürzt. Dabei war es im Training so gut gelaufen! Aber ich konnte nichts davon zeigen, gar nichts. Das war bitter. Kann man analysieren, was schiefgelaufen ist, wenn die Kufe wegrutscht und Monate Vorbereitung kaputt sind? Die Frage ist, warum einem die Kufe wegrutscht. War es Nervosität, muss man an sich arbeiten. War das Eis schmutzig, ist es Schicksal. Es war eine Kombination aus beidem. 2014 war mein Motto: Dabei sein ist alles. 2018 war das nicht mehr so. Ich war zu verkrampft. Vielleicht, weil zehnmal so viele Kameras auf dich gerichtet waren. Kameras waren 2014 auch genug da. Die Erwartungen waren zehnmal so hoch. Beim Short Track darfst du nicht zu lange zögern; wenn du eine Lücke siehst, musst du deine Chance nutzen und auch mal Risiken eingehen. Klingt ein bisschen wie das wahre Leben. Das ist ein sehr schöner Vergleich. Wie im wahren Leben muss man aber auch immer darauf achten, dass man nicht überdreht, zu viel Risiko nimmt und dann aus der Kurve knallt. Gleichzeitig darf man nicht zu viel Angst haben – ein Balanceakt. „Wie im wahren Leben musst du auf dem Eis darauf achten, nicht zu viel Risiko einzugehen – es ist ein Balanceakt.“ Bist du privat so wie auf dem Eis? Ich will jedenfalls nicht zögerlich sein, sondern mit meinem Leben etwas anstellen, meine Chancen nutzen – auch nach der aktiven Karriere. Jetzt bist du 21 und schon sechs Jahre Profi. Hast du dich sehr verändert? Im Kern bin ich die alte Anna. Ich habe noch immer diesen Killerinstinkt, aber inzwischen kann ich etwas entspannter mit gewissen Situationen umgehen. Ich bin nicht mehr so nervös wie früher. Wie hast du diese Nervosität in den Griff bekommen? Man trainiert ja immer noch mehr und noch mehr. Ich bin körperlich also viel stärker geworden, das hilft auch mental. Auf deiner Website gibt’s einen Fragebogen, bei manchen deiner Antworten wird man stutzig. Bei der Auswahl „Geduldsprofi vs. Nervenbündel“ hast du „Nervenbündel“ angekreuzt. Ich brauche die Nervosität durchaus, um fokussiert und wachsam zu sein. Ich habe das auch deswegen angekreuzt, weil ich privat nicht gerade der geduldigste Mensch bin. Sagen wir so: Ich bin ein richtig gutes Nervenbündel. Super Antwort, wenn man mal im Stress ist: „Ich bin ein Nervenbündel, aber ein gutes Nervenbündel.“ Wenn ich nicht aufgeregt bin, bin ich auch gar nicht richtig da. Das nächste Kreuz bei „Glas halb voll vs. halb leer“. Hier hast du „halb leer“ gewählt. Mir wäre fast mein halb volles Glas umgekippt. Ich halte mich nicht für die Größte, vielmehr habe ich mich selbst immer etwas kleiner gemacht. Wahrscheinlich, um die Erwartungen runterzuschrauben. Ein bisschen mehr Optimismus täte mir aber gut. Da arbeite ich gerade hart dran. Was ist dein Mental-Werkzeug ? Bei mir ist’s eine Mischung aus Ablenkung und Lernen. Mir sind Freunde außerhalb des Sports wichtig, mit denen man über ganz andere Dinge spricht. Und dann bin ich recht tief in diesem Meditations- und Yoga-Ding drin. Macht Spaß, und ich lerne viel über mich. Du bist nun 21 und arbeitest auf deine dritten Spiele hin. Wann haben Short- Tracker ihren Leistungshöhepunkt? Bei Frauen zwischen 20 und 25. Bei Männern kommt der Peak etwas später. Warum sind die Karrieren so kurz? Short Track geht brutal auf die Knochen. Viele bekommen Probleme mit Knie, Rücken oder Hüfte. Dann kannst du nicht mehr im nötigen Umfang trainieren. Du ernährst dich seit kurzem vegan. Waren deine Trainer irritiert? Teils, teils. Ich habe schon Sachen gehört wie „Du schon wieder mit deinen Ideen!“. Aber dann habe ich meine Trainingsleistungen steigern können, seitdem höre ich eigentlich nichts mehr. War wohl die beste Antwort. Ich schlafe nun auch viel besser und bin viel vitaler. Ist dein Rücken nach der Verletzung dein Schwachpunkt? Ja, und er wird es immer bleiben. Mit Physio und Mobilisierung kann ich vieles machen, aber der Rücken ist sicher nicht böse, wenn ich meine aktive Karriere irgendwann beende. Werden die Olympischen Spiele in Peking 2022 deine letzten sein? Ich möchte jedenfalls noch viele andere Dinge probieren in meinem Leben, und für die brauche ich einen geraden Rücken und auch noch etwas Zeit. Zu 90 Prozent werde ich aufhören. Ist diese Entscheidung befreiend für dich? Ehrlich gesagt, ja. Ich kann nun diese zweieinhalb Jahre sehr strategisch angehen, noch mal alles reingeben. Ich gehe auch ganz befreit in die Halle und habe mehr Spaß. Selbst wenn es in Peking mit einer Medaille nicht klappt, ist es ja nicht so, als hätte sich das alles nicht gelohnt. Es war eine richtige tolle Zeit. THE RED BULLETIN 51
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