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Gaming<br />
guide<br />
„Mario Kart“-Figuren:<br />
Was sagt deren Auswahl<br />
über den Spieler aus?<br />
GAME-ANALYSE<br />
MARIO SMART<br />
Wissenschaftlich bewiesen: Das Rennspiel „Mario Kart“<br />
lässt dich besser Auto fahren – und unbeschwerter leben.<br />
Wenn sich Nintendo-Entwickler<br />
Shigeru Miyamoto<br />
ein Spiel ausdenkt,<br />
wendet er „kyokan“ an. Für die<br />
alten Philosophen hieß „kyokan“<br />
so viel wie „sich in den anderen<br />
einfühlen“. Für den Schöpfer<br />
von „Mario“ und „<strong>The</strong> Legend<br />
of Zelda“ beschreibt es das Verhältnis<br />
zwischen Programmierer<br />
und Spieler. „Nur was mir Spaß<br />
macht, kann auch anderen Spaß<br />
machen“, erklärt Miyamoto.<br />
Als er 1992 „Super Mario<br />
Kart“ für das Super Nintendo<br />
Entertainment System erfand,<br />
war „kyokan“ bereits Teil der<br />
Game-DNA. Und des Erfolgsgeheimnisses<br />
des damals völlig<br />
neuen Genres Kart-Racing.<br />
27 Jahre und etliche erfolglose<br />
Kopierversuche später (siehe<br />
„Garfield Kart“) zählt „Mario<br />
Kart“ zu den beliebtesten Spielen<br />
überhaupt – auch in der neuesten<br />
Mobilversion „Mario Kart Tour“.<br />
Doch was fasziniert die Gamer<br />
so daran? Hier die <strong>The</strong>sen von<br />
Spielpsychologe Jamie Madigan<br />
und seinen Kollegen:<br />
EXPERTEN-<br />
PROFIL<br />
JAMIE<br />
MADIGAN<br />
SPIEL-PSYCHOLOGE<br />
Der Autor von „Getting<br />
Gamers: <strong>The</strong> Psychology<br />
of Video Games and<br />
<strong>The</strong>ir Impact on the<br />
People Who Play <strong>The</strong>m“<br />
betreibt auf psychologyofgames.com<br />
auch eine<br />
Podcast-Serie und einen<br />
Blog, in denen er die Beweggründe<br />
von Gamern<br />
und die Hintergründe<br />
von Games beleuchtet.<br />
NIEMAND IST PERFEKT<br />
Was deine „Mario Kart“-Lieblingsfigur<br />
über dich aussagt, analysierte die Psychologie-Professorin<br />
Dr. Karen Chenier<br />
in der US-Wochenzeitung „Willamette<br />
Week“ (erscheint in Portland, Oregon).<br />
Laut ihrer <strong>The</strong>se wählen Gamer Avatare<br />
aus, die ihnen charakterlich ähneln:<br />
zum Beispiel den neurotischen Luigi,<br />
den clownhaften Saurier Yoshi oder den<br />
narzisstischen Bowser. Für Miyamoto ist<br />
Mario ein „Held der einfachen Leute“.<br />
Doch Madigan schränkt ein: „Viele<br />
wählen auch einfach nur jene Figur,<br />
die ihnen am besten gefällt oder deren<br />
Skills ihnen am meisten Spaß machen.“<br />
„Held der einfachen Leute“: Kultfigur<br />
Mario auf einem seiner Karts<br />
WIE IM ECHTEN LEBEN<br />
Haben auch die Power-ups tiefere Bedeutung,<br />
symbolisieren sie womöglich<br />
das Auf und Ab des Lebens? Die roten<br />
Koopa-Panzer könnten für Heimtücke<br />
stehen, die Bananenschale für Pech,<br />
ein Pilz, der schneller macht, für Energie<br />
und ein Unbesiegbarkeit verleihender<br />
Stern für Selbstvertrauen. Nur der<br />
blaue Panzer scheint nicht ganz dazuzupassen<br />
– der ist nämlich nur für<br />
den Führenden gefährlich. „Das Leben<br />
ist manchmal nicht fair“, sagt Kosuke<br />
Yabuki, Game-Designer von „Mario<br />
Kart 8“. „Wir wollten den blauen Panzer<br />
weglassen, aber ohne ihn hätte einfach<br />
etwas gefehlt.“<br />
OPTIMISMUS-BOOST<br />
Ein gutes Game lässt dir in jeder<br />
Situa tion eine Chance – und motiviert<br />
dich so permanent zum Weiterspielen.<br />
Bei „Mario Kart“ nennt man das Belohnungssystem<br />
„Gummiband-Effekt“.<br />
Je nach Rennposition bekommt jeder<br />
Spieler unterschiedliche Power-ups: Für<br />
Nachzügler gibt es Geschwindigkeits-<br />
Boosts und für das Mittelfeld Waffen,<br />
während auf den Führenden nur eine<br />
popelige Bananenschale wartet. „Spiele<br />
wie ‚Mario Kart‘ geben dir das Gefühl,<br />
die Dinge im Griff zu haben“, interpretiert<br />
Madigan.<br />
SICHERER AM STEUER<br />
2016 untersuchten Forscher an den<br />
Universitäten von Schanghai und Hongkong<br />
die Auswirkung von „Mario Kart“<br />
und „RollerCoaster Tycoon“ (bei dem<br />
man Vergnügungsparks bauen muss)<br />
auf die analogen Fähigkeiten der Spieler.<br />
Sie wiesen nach, dass Gamen die<br />
„visuo motorischen Fähigkeiten der Versuchspersonen<br />
verbessert“ – die Auge-<br />
Hand-Koordination funktioniert also<br />
schneller und zielgerichteter. Madigan<br />
ist vor sichtig optimistisch: „Dass dich<br />
‚Mario Kart‘ beim Fahrsimulationstraining<br />
besser macht, ist nun bewiesen.“<br />
SPASS HABEN ENTSPANNT<br />
Forscher der Uni Queensland stellten<br />
Probanden so lange immer schwerere<br />
Mathematikaufgaben, bis sie keiner<br />
mehr lösen konnte. Wer danach zwei<br />
Runden „Mario Kart“ spielte, wies geringere<br />
Stresslevels und mehr Glückshormone<br />
auf. „Alles, was uns Spaß<br />
macht, kann Stress reduzieren“, sagt<br />
Madigan. „Aber Games sind darin besonders<br />
gut: Sie geben uns das Gefühl,<br />
Dinge unter Kontrolle zu haben. Das<br />
bringt uns tiefere Befriedigung als fast<br />
alles andere, was wir im Alltag erleben.“<br />
NINTENDO TOM GUISE<br />
94 THE RED BULLETIN