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The Red Bulletin März 2020 (DE)

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Gaming<br />

guide<br />

„Mario Kart“-Figuren:<br />

Was sagt deren Auswahl<br />

über den Spieler aus?<br />

GAME-ANALYSE<br />

MARIO SMART<br />

Wissenschaftlich bewiesen: Das Rennspiel „Mario Kart“<br />

lässt dich besser Auto fahren – und unbeschwerter leben.<br />

Wenn sich Nintendo-Entwickler<br />

Shigeru Miyamoto<br />

ein Spiel ausdenkt,<br />

wendet er „kyokan“ an. Für die<br />

alten Philosophen hieß „kyokan“<br />

so viel wie „sich in den anderen<br />

einfühlen“. Für den Schöpfer<br />

von „Mario“ und „<strong>The</strong> Legend<br />

of Zelda“ beschreibt es das Verhältnis<br />

zwischen Programmierer<br />

und Spieler. „Nur was mir Spaß<br />

macht, kann auch anderen Spaß<br />

machen“, erklärt Miyamoto.<br />

Als er 1992 „Super Mario<br />

Kart“ für das Super Nintendo<br />

Entertainment System erfand,<br />

war „kyokan“ bereits Teil der<br />

Game-DNA. Und des Erfolgsgeheimnisses<br />

des damals völlig<br />

neuen Genres Kart-Racing.<br />

27 Jahre und etliche erfolglose<br />

Kopierversuche später (siehe<br />

„Garfield Kart“) zählt „Mario<br />

Kart“ zu den beliebtesten Spielen<br />

überhaupt – auch in der neuesten<br />

Mobilversion „Mario Kart Tour“.<br />

Doch was fasziniert die Gamer<br />

so daran? Hier die <strong>The</strong>sen von<br />

Spielpsychologe Jamie Madigan<br />

und seinen Kollegen:<br />

EXPERTEN-<br />

PROFIL<br />

JAMIE<br />

MADIGAN<br />

SPIEL-PSYCHOLOGE<br />

Der Autor von „Getting<br />

Gamers: <strong>The</strong> Psychology<br />

of Video Games and<br />

<strong>The</strong>ir Impact on the<br />

People Who Play <strong>The</strong>m“<br />

betreibt auf psychologyofgames.com<br />

auch eine<br />

Podcast-Serie und einen<br />

Blog, in denen er die Beweggründe<br />

von Gamern<br />

und die Hintergründe<br />

von Games beleuchtet.<br />

NIEMAND IST PERFEKT<br />

Was deine „Mario Kart“-Lieblingsfigur<br />

über dich aussagt, analysierte die Psychologie-Professorin<br />

Dr. Karen Chenier<br />

in der US-Wochenzeitung „Willamette<br />

Week“ (erscheint in Portland, Oregon).<br />

Laut ihrer <strong>The</strong>se wählen Gamer Avatare<br />

aus, die ihnen charakterlich ähneln:<br />

zum Beispiel den neurotischen Luigi,<br />

den clownhaften Saurier Yoshi oder den<br />

narzisstischen Bowser. Für Miyamoto ist<br />

Mario ein „Held der einfachen Leute“.<br />

Doch Madigan schränkt ein: „Viele<br />

wählen auch einfach nur jene Figur,<br />

die ihnen am besten gefällt oder deren<br />

Skills ihnen am meisten Spaß machen.“<br />

„Held der einfachen Leute“: Kultfigur<br />

Mario auf einem seiner Karts<br />

WIE IM ECHTEN LEBEN<br />

Haben auch die Power-ups tiefere Bedeutung,<br />

symbolisieren sie womöglich<br />

das Auf und Ab des Lebens? Die roten<br />

Koopa-Panzer könnten für Heimtücke<br />

stehen, die Bananenschale für Pech,<br />

ein Pilz, der schneller macht, für Energie<br />

und ein Unbesiegbarkeit verleihender<br />

Stern für Selbstvertrauen. Nur der<br />

blaue Panzer scheint nicht ganz dazuzupassen<br />

– der ist nämlich nur für<br />

den Führenden gefährlich. „Das Leben<br />

ist manchmal nicht fair“, sagt Kosuke<br />

Yabuki, Game-Designer von „Mario<br />

Kart 8“. „Wir wollten den blauen Panzer<br />

weglassen, aber ohne ihn hätte einfach<br />

etwas gefehlt.“<br />

OPTIMISMUS-BOOST<br />

Ein gutes Game lässt dir in jeder<br />

Situa tion eine Chance – und motiviert<br />

dich so permanent zum Weiterspielen.<br />

Bei „Mario Kart“ nennt man das Belohnungssystem<br />

„Gummiband-Effekt“.<br />

Je nach Rennposition bekommt jeder<br />

Spieler unterschiedliche Power-ups: Für<br />

Nachzügler gibt es Geschwindigkeits-<br />

Boosts und für das Mittelfeld Waffen,<br />

während auf den Führenden nur eine<br />

popelige Bananenschale wartet. „Spiele<br />

wie ‚Mario Kart‘ geben dir das Gefühl,<br />

die Dinge im Griff zu haben“, interpretiert<br />

Madigan.<br />

SICHERER AM STEUER<br />

2016 untersuchten Forscher an den<br />

Universitäten von Schanghai und Hongkong<br />

die Auswirkung von „Mario Kart“<br />

und „RollerCoaster Tycoon“ (bei dem<br />

man Vergnügungsparks bauen muss)<br />

auf die analogen Fähigkeiten der Spieler.<br />

Sie wiesen nach, dass Gamen die<br />

„visuo motorischen Fähigkeiten der Versuchspersonen<br />

verbessert“ – die Auge-<br />

Hand-Koordination funktioniert also<br />

schneller und zielgerichteter. Madigan<br />

ist vor sichtig optimistisch: „Dass dich<br />

‚Mario Kart‘ beim Fahrsimulationstraining<br />

besser macht, ist nun bewiesen.“<br />

SPASS HABEN ENTSPANNT<br />

Forscher der Uni Queensland stellten<br />

Probanden so lange immer schwerere<br />

Mathematikaufgaben, bis sie keiner<br />

mehr lösen konnte. Wer danach zwei<br />

Runden „Mario Kart“ spielte, wies geringere<br />

Stresslevels und mehr Glückshormone<br />

auf. „Alles, was uns Spaß<br />

macht, kann Stress reduzieren“, sagt<br />

Madigan. „Aber Games sind darin besonders<br />

gut: Sie geben uns das Gefühl,<br />

Dinge unter Kontrolle zu haben. Das<br />

bringt uns tiefere Befriedigung als fast<br />

alles andere, was wir im Alltag erleben.“<br />

NINTENDO TOM GUISE<br />

94 THE RED BULLETIN

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