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KULTUR

Text Katharina Schatton

Foto Katharina Schatton

Weltbühne mit Kneipen-Charme

Früher ein Kurort, jetzt Anziehungspunkt für Musikliebhaber*innen jeglicher Couleur: Was

macht das Konzertlokal Bad Bonn in Düdingen so einzigartig?

Der Weg zum Bad Bonn führt zwei Kilometer

Autofahrt oder Fussmarsch raus

aus Düdingen – vorbei an Äckern, Bauernhöfen

und Strommasten. Nicht ohne

Grund also prangt in selbstironischen Lettern

der Satz «Where the hell is Bad Bonn?»

über dem Eingang. Das Bad Bonn ist eine

ganz normale Dorfbeiz am Ende der Strasse.

Aber eben nicht nur das.

Ausverkaufte Dorfbeiz

Als ich an diesem Freitagnachmittag ins

Bad Bonn komme, sind dort die Vorbereitungen

für das Rap-Konzert am Abend

schon in vollem Gange: Es wird die Musikanlage

aufgebaut, Platz vor der Bühne

freigemacht und ein letztes Mal gecheckt,

wie viele Tickets die Besucher*innen online

noch kaufen können. Acht von zweihundert

sind noch übrig. Erstaunlich ist

das nicht: Pi’erre Bourne, der Rapper, der

heute hier auftreten wird, hat unter anderem

schon mit Kanye West zusammengearbeitet.

Im anderen Teil des Lokals sitzen

derweil an der Bar noch gemütlich

Stammgäste aus Düdingen mit einem

Bier zusammen. Für Daniel Fontana, der

seit 1991 Inhaber und Programmleiter

des Bad Bonn ist, sind diese Kontraste

Alltag. «Wir spielen hier ungefähr hundert

Konzerte im Jahr», erzählt er mir

bei einem Getränk. Und das nicht etwa

mit No-Names: Im Bad Bonn waren beispielsweise

schon The Prodigy zu Gast.

Mit einer wie mir scheint durch und

durch bescheidenen Art führt er weiter

aus: «Der Unterschied zu anderen Lokalitäten

auf diesem Niveau ist, dass wir

gleichzeitig auch eine spuntsnormale

Dorfbeiz sind.»

Kunst als Attacke

Gibt es bei einem so diversen Publikum

manchmal auch Reibungspunkte?

Gespielt werden schliesslich die unterschiedlichsten

Stile von Elektronischer

Musik und Free Jazz über Hip-Hop bis

zu Rock. «Natürlich gibt es hier und da

mal gewisse Reibungspunkte, wenn beispielsweise

eine bestimmte Musikszene

im Lokal vertreten ist. Doch Kunst soll

gerade auch eine Attacke sein und bei

Das Bad Bonn im Spannungsfeld zwischen Dorfbeiz und und der internationalen Musikszene.

den Menschen Reaktionen auf ungewohnte

Situationen hervorrufen», sagt

Fontana. Auf der Bühne des Bad Bonn

solle etwas passieren – Hauptsache

originell, rudimentär und mit gutem

Sound. Diese Werte kommen vor allem

auch am alljährlichen Bad Bonn-Festival

zum Ausdruck, das Daniel Fontana

mit seinem Team organisiert. «Es sind

nicht zuletzt der Ort und die Umgebung

selbst, die ausschlaggebend sind für die

Erfahrung, die die Besucher*innen hier

haben.» Kein Wunder: Das Festivalgelände

ist, wie das Bad Bonn selbst, umgeben

von Wiesen, Feldern und dem

Schiffenensee.

Gegen den Strom

Angefangen hatte alles mit einer Kneipe

im Dorf Düdingen selbst. Mit Musik

hatte diese aber noch nicht viel am Hut.

Erst nachdem dort der befristete Vertrag

ausgelaufen war, schaute sich Fontana

nach einer neuen Lokalität um. «Ins

Bad Bonn haben wir uns gewissermassen

über Kontakte eingemogelt», sagt er

mit einem Schmunzeln. Das erste Konzert

kam dann ungeplant zustande: «Ein

paar Rekruten waren da und hatten zufällig

ihre Instrumente dabei.» In der damals

noch jungen Branche nahm Daniel

Fontana in den Jahren darauf nicht etwa

den Weg des geringsten Widerstands,

sondern schwamm eher gegen den

Strom und hatte es nicht immer einfach.

«Ich setze gerne Musik aufs Programm,

die manchen gegen den Strich geht. Auf

die Wünsche des Publikums gehe ich

eigentlich bewusst nicht ein, um Überraschungsmomente

kreieren zu können.»

Trotz dieser Charakterzüge habe er ein

ausgeprägtes Harmoniebedürfnis und

nie persönliche Feinde gehabt. Heute

ist Daniel Fontana in seiner Branche

bestens vernetzt und lässt diese Kontakte

auch gerne mal spielen, um Schweizer

Newcomer*innen international eine

Chance zu verschaffen. Für die Zukunft

hat er keine wahnwitzigen Pläne. «Ich

möchte einfach weiterhin «Nein» sagen

können zu Trends, die nicht zu uns passen.»

Sein Ziel sei es nicht, das Bad Bonn

immer weiter auszubauen und wachsen

zu lassen. Deshalb mit einem Schmunzeln:

«Ich kann nicht mehr als einen Job

haben.» ■

Das ganze Konzertprogramm auf club.

badbonn.ch

03.2020

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