31.03.2020 Aufrufe

Die Malteser-Zeitung 1/2020

Berichterstattung über nationale und internationale Tätigkeiten des Souveränen Malteser-Ritter-Orden und seiner Werke sowie religiöse, karitative und soziale Fragen aller Art.

Berichterstattung über nationale und internationale Tätigkeiten des Souveränen Malteser-Ritter-Orden und seiner Werke sowie religiöse, karitative und soziale Fragen aller Art.

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LEB LEBENSWERT<br />

kettung unglücklicher Umstände haben dazu geführt,<br />

dass ich seit meinem achten Lebensjahr im Rollstuhl<br />

sitze.<br />

Was genau war die Problematik?<br />

Nach dem Sturz aus dem Bett war ein Bein um zehn Zentimeter<br />

kürzer. Das hat das andere Bein belastet und die<br />

Arme, weil ich mit Krücken gehen musste. Mit der Zeit<br />

machte sich die Problematik meiner Glasknochenkrankheit<br />

an unzähligen Stellen bemerkbar. <strong>Die</strong> Folge waren<br />

unzählige Krankenhausaufenthalte und Liegegipse, die<br />

meine Muskeln immer mehr geschwächt haben. Bruch<br />

auf Bruch folgte.<br />

Wie waren die Reaktionen in der Schule?<br />

Während meiner ganzen Schulzeit war ich das einzige<br />

Kind im Rollstuhl. Meine Mutter brachte mich täglich<br />

zur Schule und holte mich ab. Sie zog den Rollstuhl mit<br />

mir drin die vierzehn Stiegen immer wieder hinauf und<br />

hinunter. Erst einige Jahre nachdem ich das Gymnasium<br />

längst abgeschlossen hatte, wurde ein Lift eingebaut. Es<br />

war eine unglaubliche Belastung für meine Mutter und<br />

bedeutete eine enorme Abhängigkeit für mich. Deshalb<br />

habe ich meinen Wunsch aufgegeben, nach der Matura<br />

auch noch zu studieren. Ich konnte und wollte meine<br />

Mutter nicht noch weiter beanspruchen.<br />

Sie haben stattdessen eine Berufsschule besucht …<br />

Ja, ich habe einen einjährigen Maturantenkurs der Berufsschule<br />

für Versicherungskaufleute absolviert. Den<br />

Beruf konnte ich allerdings nicht ausüben. Ich hätte zumindest<br />

21 Jahre alt sein oder bereits über zwei Jahre<br />

Berufspraxis verfügen müssen. Beides war nicht der Fall.<br />

Meine Jobsuche verlief daher ergebnislos, bis ich über<br />

Freunde die Möglichkeit bekam, mich beim Roten Kreuz<br />

vorzustellen. Dort hat es dann mit einem Job geklappt,<br />

und einige Jahre später zog ich allein in eine Gemeindewohnung,<br />

dabei war mir das Rote Kreuz auch behilflich,<br />

wofür ich sehr dankbar bin.<br />

Wie sind Sie da zurechtgekommen?<br />

Einerseits unterstützten mich meine Eltern – vor allem<br />

finanziell. Andererseits hatte ich eine Heimhilfe und<br />

Pflege. <strong>Die</strong> wurde leider notwendig, da sich mein gesundheitlicher<br />

Zustand schon bald nach dem Einzug sehr verschlechtert<br />

hatte. Nach einem sehr langen Krankenstand<br />

und zwei Operationen war dann klar, dass ich nicht mehr<br />

in meinen Job zurückkann. Ich war berufsunfähig und<br />

musste in Pension gehen.<br />

Vier Jahre lang konnte ich immerhin noch hin und wieder,<br />

wenn ich gerade keine Schmerzen hatte, ehrenamtlich<br />

für das Rote Kreuz tätig sein.<br />

Wie war der weitere Krankheitsverlauf?<br />

In Summe hatte ich bis heute über 80 Brüche und<br />

30 Operationen. <strong>Die</strong> Knochen haben sich immer weiter<br />

zurückgebildet, sodass diverse Nägel und Schrauben, die<br />

im Zuge der Operationen in die Knochen eingebracht<br />

oder zur Befestigung verwendet wurden, immer wieder<br />

Probleme verursachten und entfernt oder erneuert werden<br />

mussten. Meine Oberschenkelknochen sind mittlerweile<br />

nur noch wenige Millimeter dick. Jede Operation<br />

ist höchst kompliziert. In sehr dünne Knochen eine<br />

Schraube zu bohren, ist für jeden Arzt eine gruselige<br />

Herausforderung.<br />

Mit einer solchen Erkrankung länger zu verreisen,<br />

ist praktisch ein Ding der Unmöglichkeit …<br />

Es ist einmal gelungen. Das Rote Kreuz hat für mich einen<br />

Flug nach London organisiert. Ich weiß bis heute<br />

nicht, wie die Kollegen das geschafft haben. Neun Sitze<br />

LESETIPP<br />

In ihrem Buch beschreibt E.<br />

Brezina ihre Entwicklung<br />

vom gesunden Kind zur erwachsenen<br />

Frau. Sie möchte<br />

zeigen, dass sie sich als<br />

behinderte Frau in ihrer<br />

Gefühlswelt nicht von<br />

„Gesunden“ unterscheidet.<br />

Das im Novumverlag<br />

erschienene Buch soll helfen,<br />

Barrieren abzubauen<br />

und ein leichteres Aufeinanderzugehen<br />

ermöglichen.<br />

DIE MALTESER 1/<strong>2020</strong> 15

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