Ausgabe 13/2020
Das Magazin für Herisau und Umgebung. Erscheinungsdatum: 1. April 2020
Das Magazin für Herisau und Umgebung. Erscheinungsdatum: 1. April 2020
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4 · Porträt <strong>13</strong>/<strong>2020</strong><br />
«ES IST FÜR ALLE EINE<br />
AUSSERORDENTLICHE SITUATION»<br />
Die Schulen in der ganzen Schweiz sind geschlossen.<br />
Schulleitung, Lehrpersonen, Eltern,<br />
Schülerinnen und Schüler, alle sind betroffen<br />
und müssen mit dieser Situation umgehen. Der<br />
Herisauer Schulleiter Michael Häberli wurde<br />
vom de Herisauer zum Thema Schule und Coronakrise<br />
befragt.<br />
Haben Sie die Schulschliessung durch den Bundesrat<br />
erwartet?<br />
Lange Zeit habe ich die Schliessung nicht erwartet,<br />
weil der Bundesrat zu Beginn der Corona-Krise<br />
kommuniziert hat, dass die Volksschulen nicht geschlossen<br />
werden. Es ist dann auch für mich sehr<br />
schnell gegangen.<br />
Hat es Sie überrascht, dass auch die Volksschule<br />
von der Schliessung betroffen ist?<br />
Es hatte vor dem Entscheid Anzeichen gegeben,<br />
dass die Schulen doch geschlossen werden könnten.<br />
Deshalb haben wir begonnen, uns darauf vorzubereiten.<br />
Gab es für eine solche Situation einen vorgefertigten<br />
Notfallplan?<br />
Vor dem Entscheid des Bundesrates haben wir uns<br />
in der Schulleitung zusammen mit der Schulpräsidentin<br />
auf das Szenario der Schulschliessung vorbereitet.<br />
Die ersten Elternbriefe waren bereit und<br />
wir hatten eine Liste erstellt, welche Personen und<br />
Institutionen informiert werden müssen und welche<br />
Massnahmen nötig werden.<br />
Welche Schritte wurden nach Bekanntgabe der<br />
Schulschliessung eingeleitet?<br />
Der Zeitpunkt der Kommunikation durch den<br />
Bundesrat am Freitag nach Schulschluss der Primarschule<br />
und des Kindergartens war eine Herausforderung.<br />
Die Lehrpersonen konnten wir<br />
Schulleitungspersonen schnell durch unsere Notfall-App<br />
erreichen. Wir haben geschaut, dass die Eltern<br />
sofort informiert werden. Die Homepage der<br />
Schule war vor allem zu Beginn ein wichtiges Kommunikationsmittel.<br />
Am Wochenende haben wir die<br />
Richtlinien des Kantons erhalten. Danach wurden<br />
die Lehrpersonen informiert und weitere Elterninformationen<br />
aufgeschaltet. In kürzester Zeit haben<br />
wir eine Notfallbetreuung auf die Beine gestellt,<br />
die bereits am Montag nach dem Entscheid angelaufen<br />
ist.<br />
Konnten die Massnahmen umgesetzt werden?<br />
Die Lehrpersonen sind mit viel Engagement unterwegs<br />
und haben Mut, verschiedene Dinge auszuprobieren.<br />
Es werden Lernvideos erstellt. Lektionen<br />
mit der App Teams erteilt, Klassenhomepages<br />
aufgeschaltet oder Anweisungen für den Sport zu<br />
Hause gegeben. Wir sind daran, die vielen Ideen<br />
zu sammeln, auszutauschen und eine gemeinsame<br />
Basis für den «Unterricht ohne Präsenzverpflichtung»<br />
herzustellen, denn wir gehen davon aus, dass<br />
diese Art der Beschulung auch nach den Frühlingsferien<br />
weitergehen könnte.<br />
Haben Sie Reaktionen von Eltern erhalten?<br />
Direkte Reaktionen habe ich von Eltern nur wenige<br />
erhalten. Über die Lehrpersonen, die in direktem<br />
Kontakt mit den Kindern und den Eltern stehen,<br />
bekomme ich viele Rückmeldungen. Es ist für alle<br />
eine ausserordentliche Situation. Ich staune und<br />
schätze die grosse Hilfsbereitschaft und das Zusammenstehen<br />
unserer Gesellschaft. Trotz der<br />
schweren Zeit bekomme ich viel Positives mit, das<br />
im Kleinen abläuft und in der Summe enorm wertvoll<br />
ist.<br />
Wird sich das Schulsystem nach der Krise verändern?<br />
Ich glaube nicht, dass sich das Schulsystem ganz<br />
grundsätzlich verändern wird. Der persönliche,<br />
direkte Kontakt zu allen Beteiligten der Schule<br />
ist enorm wichtig. Dies fehlt momentan und<br />
kann nicht durch ein Videogespräch vollständig<br />
ersetzt werden. Unsere Schule erlebt momentan<br />
einen Digitalisierungsschub. Von diesen spannenden<br />
Erfahrungen werden bestimmt gewisse<br />
Teilbereiche zukünftig im Unterricht Anwendung<br />
finden.<br />
WENN KINDER IN<br />
DER SCHULE BE-<br />
TREUT WERDEN<br />
Die Schule Herisau bietet Kindern, welche in der<br />
momentanen Krisensituation nicht zu Hause betreut<br />
werden können, die Möglichkeit, halbtagsweise<br />
die Schule zu besuchen. De Herisauer hat<br />
im Schulhaus Landhaus einer Betreuungsstunde<br />
beigewohnt.<br />
Am <strong>13</strong>. März hat der Bundesrat angeordnet, dass<br />
sämtliche Schulen in der Schweiz geschlossen<br />
werden. In kürzester Zeit mussten Schulleitungen<br />
und Lehrpersonen ein Lernprogramm für die Kinder<br />
erarbeiten, welches von zu Hause aus erledigt<br />
werden kann. Dass wohl nicht alle Kinder zu<br />
Hause bleiben können, war von Anfang an klar.<br />
Deshalb haben die Schulen ein Betreuungsangebot<br />
für Kinder auf Primarstufe geschaffen. Das Angebot<br />
besteht nur dann, wenn ein triftiger Grund<br />
den Schulbesuch notwendig macht. Ein Besuch im<br />
Schulhaus Landhaus am vergangenen Donnerstag<br />
hat gezeigt, dass vom Betreuungsangebot wenig<br />
Gebrauch gemacht wird. Eigentlich hätten drei Kinder<br />
an jenem Morgen in der Schule sein sollen. Für<br />
ein Kind konnte kurzfristig innerhalb seiner Familie<br />
eine Lösung gefunden werden. So wurden ein Erstklässler<br />
und eine Drittklässlerin von der Praktikantin<br />
Dina Costa betreut. Die Herisauerin ist noch bis<br />
Mitte Mai als Praktikantin im Landhaus tätig. Als<br />
der Entscheid der Schulschliessung bekannt wurde,<br />
habe Sie schon befürchtet, dass ihr Praktikum<br />
nun beendet sei. Sie freue sich, dass sie weiterhin<br />
arbeiten könne, um so die Kinder zu unterstützen,<br />
so Dina Costa. Die Kinder werden unter Einhaltung<br />
der Hygienevorschriften von Praktikanten und<br />
Praktikantinnen betreut. Zudem befindet sich immer<br />
mindestens eine weitere Lehrperson im Schulhaus.<br />
Dina Costa hilft den Kindern bei den Hausaufgaben<br />
und sagt: «Die Kinder sind von 8 Uhr bis<br />
11.40 Uhr in der Schule. Bis etwa elf Uhr steht das<br />
Erledigen von Hausaufgaben auf dem Programm.<br />
Danach wird meist draussen gespielt». (lea)<br />
Abteilungs- und Schulleiter Michael Häberli. (Bild: zVg)<br />
Wie lange wird es dauern, wenn die Krise ausgestanden<br />
ist, bis der Schulbetrieb wieder normal<br />
läuft?<br />
Der Übergang zum gewohnten Unterricht wird<br />
geplant werden müssen. Am Anfang wird es auch<br />
darum gehen, über die vergangene Zeit auszutauschen.<br />
Einige Schülerinnen und Schüler werden<br />
vermutlich Unterstützung brauchen, um sich wieder<br />
an den Unterricht im Schulzimmer zu gewöhnen.<br />
Kinder sind jedoch lernfähig und flexibel. Ich<br />
bin überzeugt, dass die meisten von ihnen die Umstellung<br />
schnell schaffen werden. (lea)<br />
Unterricht im fast leeren Schulzimmer. (Bild: lea)