Nottwiler Auslese 2018
Nottwiler Geschichten zum Nachlesen
Nottwiler Geschichten zum Nachlesen
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
nächst für die Selbstversorgung und erst ab dem 18. Jahrhundert<br />
für den Export hergestellt. In den ersten Jahren des<br />
19. Jahrhunderts wurde langsam zur Gewissheit, dass nicht nur<br />
mit Alpmilch gekäst werden kann. Im Tal setzte der Wechsel<br />
vom Ackerbau zur Milchwirtschaft ein. Zwischen 1850 und 1875<br />
verminderte sich das Ackerland im Kanton Luzern um 30 %,<br />
während die Milchproduktion um 100 % zunahm. 6<br />
Auch in Huprächtigen genügte deshalb das kleine und einfache<br />
Gebäude für die Käseherstellung bald nicht mehr. Auf dem<br />
Hof Mittler-Huprächtigen (Familie Krummenacher) wurde die<br />
zweite Käserei gebaut. Allerdings wechselte fast jährlich der<br />
Käsermeister. Die Käseherstellung war sehr anspruchsvoll und<br />
heikel. Wenn die Qualität des Käses nicht stimmte, gab es in<br />
den Käsereien regelmässig Streitigkeiten, die in der Schuldfrage<br />
gipfelte: Welcher Bauer hat schlechte Milch geliefert, oder war<br />
es der Käser, der es nicht so genau genommen hat? Nur einer,<br />
Käser Thürig von Eich, hielt es 14 Jahre lang aus.<br />
Um mehr Klarheit und Ordnung zwischen Bauern und<br />
Käsern zu schaffen, wurde 1906 die Käsereigenossenschaft Huprächtigen<br />
gegründet. Die Bauern vom Schlössli, der Oberen<br />
Bernern, dem Stockschürli, dem Flüss und der Schwendi, dem<br />
Schürli, dem Kohlholz und natürlich von Huprächtigen wurden<br />
ihre Mitglieder.<br />
Ende der 1920er Jahre genügte diese Käserei den Anforderungen<br />
nicht mehr, und auch ein Käsekeller fehlte. Für die<br />
Reifung hatten die Käselaibe im Winter zu kalt und im Sommer<br />
zu warm. Der geplante Bau einer neuen Käserei stellte den Vorstand<br />
immer wieder vor neue Herausforderungen. Als der Standort<br />
endlich geklärt war, gab es Schwierigkeiten mit der Wasserfassung,<br />
und als der Aushub für den Keller gemacht wurde,<br />
stiessen sie unterhalb ein paar Metern Erde auf Sandstein, was<br />
zuvor nicht geplante Sprengungen notwendig machte. Anfangs<br />
November 1929 war die neue Käserei bezugsbereit, deren Bau<br />
gut 90 000 Franken gekostet hatte.<br />
Wir befinden uns jetzt also vor der Käserei Huprächtigen,<br />
in der während 73 Jahren gekäst worden ist. Der erste Käser war<br />
ein Herr Wyss, der wenige Jahre später vom Käser Bischoff abgelöst<br />
wurde. 1936 kam der Käsermeister Fritz Wasserfallen<br />
nach Huprächtigen. Damals waren alle Käsermeister in den vier<br />
<strong>Nottwiler</strong> Käsereien aus dem Kanton Bern. Die Berner waren<br />
die Spezialisten in diesem Handwerk. 36 Jahre lang, zwei Jahre<br />
über sein Pensionsalter hinaus, hat Fritz Wasserfallen jeden Tag<br />
zwei Emmentaler hergestellt. Genauigkeit und Sorgfalt waren<br />
sein oberstes Gebot. Käsen war damals Schwerstarbeit, die<br />
6 Luzerns Landwirtschaft<br />
im Umbruch,<br />
Max Lemmenmeier,<br />
Rex-Verlag, 1983<br />
Huprächtigen<br />
43 <strong>2018</strong>