Nottwiler Auslese 2018
Nottwiler Geschichten zum Nachlesen
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Wenn Sie schon vom Figlisberg sprechen, bleiben wir<br />
doch dort, wo Sie einen wesentlichen Teil Ihrer Jugend<br />
verbracht haben. Erzählen Sie uns doch von Ihrer<br />
Jugendzeit.<br />
Gern, aber geboren wurde ich in Sursee und dort bin ich<br />
auch bis zur 5. Klasse in die Schule gegangen. Mein Grossvater<br />
hatte einst von einer Tante in Sursee ein Heimetli gekauft, das<br />
Strumpferheimetli. Und sein ältester Sohn, mein Vater, wurde<br />
als Bauer auf diesen Hof geschickt. Ich war der Drittjüngste von<br />
13 Kindern, die zwischen 1920 und 1939 geboren worden sind,<br />
zwei sind früh gestorben. Noch bevor meine jüngste Schwester<br />
im Dezember 1939 zur Welt kam, starb unser Vater im August<br />
im Alter von nur 49 Jahren. Der Tod des Vaters war für unsere<br />
Mutter mit ihrer grossen Familie sehr hart. Mein ältester Bruder<br />
konnte deshalb seine Schreiner-Lehre nicht antreten. Er musste<br />
den kleinen Hof übernehmen und zusammen mit der Mutter,<br />
dem zweitältesten Bruder und der Schwester Anna für uns<br />
sorgen. Wir hatten einen guten Zusammenhalt in der Familie,<br />
und das war unser grosses Glück. Viele halbverwaiste Kinder<br />
wurden damals von den Behörden in Heime gesteckt. Trotz des<br />
frühen Todes des Vaters erlebten wir dank der fürsorglichen<br />
Mutter, meiner älteren Brüder und Schwestern eine nicht leichte,<br />
aber die schönste Jugendzeit.<br />
Wann sind Sie denn auf den Figlisberg gekommen?<br />
1944. Onkel Alois wechselte damals ins Schwarzholz und<br />
wir konnten vom Strumpferheimetli auf den Figlisberg umziehen.<br />
Das schönste an der 6. Klasse, die ich in Nottwil besuchte,<br />
war der Schulweg. 1945 / 46 war ich dann für ein Jahr in der Sekundarschule<br />
Sempach. Weil einer meiner Onkel Pfarrer war,<br />
dachten er und eine Tante, ich müsste auch Geistlicher werden<br />
und schickten mich 1946 in einen Vorkurs nach Einsiedeln. Das<br />
war aber nicht mein Ding. Ich kam zurück an die Mittelschule<br />
in Sursee und begann 1948 meine KV-Lehre bei der Genossenschaft<br />
Sursee.<br />
Und damit schliesst sich der beeindruckende Kreis Ihres<br />
Lebenslaufes. Nehmen wir richtig an, dass sich in Ihrer<br />
Jugendzeit auch Ihr soziales Verantwortungsbewusstsein<br />
ausprägte und darin das spätere Engagement für den<br />
Bauernstand gründet?<br />
Gewiss, ich will mir gar nicht ausmalen, was mit uns hätte<br />
passieren können, seit ich um die bedenklichen Zustände in<br />
vielen Kinderheimen bis in die 70er-Jahre hinein weiss. Wegen<br />
Ruedi Egli<br />
83 <strong>2018</strong>