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Griaß di' Allgäu Winter 2018/2019

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ALLGÄU HEIMATLICH | Altes Handwerk<br />

Step by Step Anleitung<br />

EIN KLEINES GESCHENK ZU WEIHNACHTEN<br />

1. Man fädelt sieben rote Perlen à 2,5 Millimeter<br />

auf ein Stück Draht auf.<br />

2. Durch drei Perlen schiebt man den Draht<br />

gegengleich durch und zieht leicht an,<br />

so dass sich ein Kreis bildet.<br />

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3. Mit dem kürzeren Drahtende nimmt man eine<br />

weiße (oder eine goldene) Perle auf. Man kippt sie<br />

und drückt sie in die Mitte, so dass es eine Blüte<br />

ergibt. Die Draht-Enden verdreht man.<br />

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4. Nun macht man mehrere solcher Blüten.<br />

Sie kann man zu einem Ministrauß binden.<br />

5. Mit den Blüten lässt sich zum Beispiel ein<br />

Engelchen verzieren.<br />

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6. Für ein Geldgeschenk marmoriert man ein<br />

Spandöschen und verziert es mit einer schönen<br />

Borte und den Perlen-Blüten. Innen kleidet man<br />

das Döschen mit Borte und Geschenkband aus.<br />

Wer möchte, klebt in den Deckel einen Segenswunsch.<br />

Mit dem Klebestift gelingt das bestens.<br />

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Draht und nur wenige Perlen. Lange waren Klosterarbeiten<br />

ein begehrter Luxus. „Ich bin in Maria Steinbach bei Legau aufgewachsen,<br />

im Schatten der Wallfahrtskirche, und noch geprägt<br />

vom Glauben. Ich habe ihn immer gelebt“, erzählt sie. Doch die<br />

Reliquien-Verzierungen verlieren an Bedeutung, und somit gerät<br />

auch die religiöse Volkskunst in Vergessenheit. Klosterarbeit ist<br />

ein aussterbendes Handwerk. Im <strong>Allgäu</strong> kennen außer Rita Fink<br />

nicht mehr viele die Techniken. Andere Frauen, die das früher<br />

noch gemacht haben, sind jetzt zu alt oder zu krank. Jüngere Generationen,<br />

selbst in ihrer Familie, haben wenig Sinn dafür.<br />

Die Zeiten ändern sich<br />

Zwar fi nden sich am Marktstand immer wieder Interessierte. Einige<br />

waren sogar bei ihr zu Hause, um die Technik auszuprobieren.<br />

„Aber alle haben beschlossen, dass sie dafür nicht die nötige<br />

Geduld haben“, seufzt sie. Die Arbeit ist aber auch fitzelig,<br />

man nehme nur die Perlen: Für Rita Fink hat eine große Perle<br />

einen Durchmesser von 2,5 Millimetern, kleine 0,1 Millimeter.<br />

Mikroperlen, kaum sichtbar, haben gar keine Maßangabe mehr.<br />

Die verwendet sie fürs Schleierkraut, für die Rose bei der Mutter<br />

Gottes oder als Blütenstand für Lilien.<br />

Typisch für die Klosterarbeit sind die Cordonett-Blätter: Eine<br />

Perle wird aufgefädelt und im immer gleichen Abstand im Kreis<br />

gedreht, bis ein Blatt entsteht. Der Bouillon-Draht, der wie die<br />

bekannte Suppe heißt, ist von Haus aus zu lummelig. Deshalb<br />

wird er nochmals auf einen Draht gefädelt und dann weiter verarbeitet,<br />

zum Beispiel zu Bouillon-Rosen. Diese Bouillon-Rosen<br />

waren schon fast vergessen. Rita Fink hat sie sich wieder angeeignet<br />

und weiterentwickelt. Heute sind sie ihr Markenzeichen, wie<br />

Schmuck aus und mit Klosterarbeit. Er fi ndet das ganze Jahr Abnehmer,<br />

passt er doch perfekt zur Tracht. Die klassischen Klosterarbeiten<br />

sind vor allem an Festen wie Weihnachten, Ostern<br />

oder Kommunion gefragt.<br />

Kreativ in der Stube<br />

Neben einer großen Portion Geduld gibt es noch eine Hürde, die<br />

Klosterarbeit nicht so einfach macht: Das nötige Arbeitsmaterial<br />

zu bekommen, wird immer schwieriger. Mikroperlen beispielsweise<br />

werden gar nicht mehr hergestellt. Den Draht bezieht die<br />

Unterallgäuerin oft aus Österreich oder der Schweiz. Mitunter<br />

kauft sie größere Bestände, zum Beispiel an die 50 Spulen Draht,<br />

weil sie weiß, dass er künftig nicht mehr zu kriegen ist. Ihren<br />

Vorrat lagert sie im Keller. Die Familie akzeptiert das. Ebenso<br />

wie das Esszimmer als Atelier. Wenn am Sonntag alle drei erwachsenen<br />

Söhne zum Mittagessen kommen, schiebt sie ihre Sachen<br />

einfach beiseite. Während der Woche lässt sie alles liegen, da<br />

134 | <strong>Griaß</strong> di’ <strong>Allgäu</strong>

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