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Griaß di' Allgäu Winter 2018/2019

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ALLGÄU SPORTLICH<br />

| Das besondere Fahrrad<br />

Ruhige Hände und viel Geduld sind oft nötig,...<br />

... auch mal ein kräfter Schlag mit dem Hammer...<br />

Moment für einen solchen Fahrradbesitzer: Wenn andere<br />

ihn anhalten und fragen, wo er dieses Bike herhat.<br />

Auf diese Weise hat sich schon ziemlich rumgesprochen, was<br />

Florian Hipp in der Fabrikhalle im Füssener Magnus Park treibt.<br />

Für Werbung hatte er anfangs weder Zeit noch Geld, Kunden<br />

kamen, weil deren Freunde oder Bekannte bei ihm gekauft hatten.<br />

Genau genommen ist das die Wurzel der Geschäftsidee: Als<br />

der TÜV Florian Hipp vor zwei Jahren das Auto nahm, bastelte<br />

sich der Füssener ein Retrobike, cruiste durch die Stadt und<br />

wurde gleich am zweiten Tag angesprochen,<br />

ob er noch so ein Bike auftreiben könne. Er<br />

sagte zu. Aus Leichtsinn, aus Neugier, aus<br />

Überzeugung. Denn alte Räder gibt es fast<br />

in jedem Keller und auf jedem Dachboden.<br />

„Bevor man die wegwirft, macht man was<br />

Neues draus.“ Hipps Leitgedanke: Das tut unserer Umwelt gut<br />

und auch vielen Menschen, die unter schwierigen Bedingungen<br />

Billig-Bikes für Deutschland und Europa produzieren. Logisch,<br />

dass bei ihm auch keine Anbauteile aus Fernost oder Afrika zum<br />

Einsatz kommen: „Auf meine Räder passt kein Sattel, der in China<br />

zusammengenagelt wurde.“<br />

Hipps Partner sitzen im <strong>Allgäu</strong> oder im angrenzenden Oberbayern.<br />

Sie fertigen für ihn Täschchen, die unterm Sattel klemmen<br />

oder Lenkergriffe aus Leder. Jedes Rad ist ein Unikat. Wenn<br />

der Füssener das Schrottmodell sieht, läuft in seinem Kopf sofort<br />

der passende Film ab, der zeigt, was für Laufräder drankommen,<br />

welcher Gepäckträger passt und wie die Pedale aussehen müssen.<br />

Am liebsten ist ihm, die Kunden entscheiden sich anfangs für eine<br />

Rahmenfarbe und überlassen den Rest Hipps künstlerischem<br />

Gespür. Und seinen technischen Fähigkeiten. Schließlich muss<br />

man bedenken, dass da zunächst eine ziemliche Schrottmühle<br />

vor Hipp steht.<br />

Er montiert alles ab, sodass nur noch der Rahmen übrigbleibt.<br />

Er lötet und schweißt, untersucht den Rahmen<br />

mit Ultraschalltechnik auf Defekte,<br />

„Auf meine Räder passt versiegelt Hohlräume, kittet Risse. Erst dann<br />

kein Sattel aus China.“ kann er seine Kreativität austoben.<br />

Der Fahrrad-Maestro arbeitete früher als<br />

Feinmechaniker, erkannte aber bald, dass er<br />

nicht mehr an Maschinen stehen wollte, um stupide einen Befehl<br />

nach dem anderen einzugeben. Er hatte für eine Firma jahrelang<br />

Messtechnik-Geräte hergestellt. Anschließend hielt er sich mit<br />

Kellner-Jobs über Wasser.<br />

Dann kam er auf den Trichter mit den Retro-Bikes. Dabei hatte<br />

er gar keine Werkstatt, noch nicht einmal die berühmte Garage,<br />

in der Startups wie seinesgleichen oft ins Rollen kommen. So<br />

musste er in seiner Altbau-Behausung schrauben, zerlegte bis zu<br />

fünf Räder parallel in Wohnzimmer, Schlafzimmer und Küche,<br />

146 | <strong>Griaß</strong> di’ <strong>Allgäu</strong>

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