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Das 1929 eröffnete Rie<strong>se</strong>nwarenhaus am Hermannplatz in Berlin-Neukölln stand für die ungezügelte<br />
Expansion der Rudolph <strong>Karstadt</strong> AG in den 20er Jahren, die den Konzern <strong>1933</strong> fast in den Ruin getrieben<br />
hat. 70.000 qm Verkaufsfläche, 4.000 Mitarbeiter, <strong>ein</strong> Dachgarten für 4.000 Gäste, eigene U-Bahn-<br />
Station im Untergeschoss – der Neubau schlug alle Rekorde.<br />
Foto: Sammlung Serger<br />
Eine Warenhausgeschichte aus gegebenem Anlass:<br />
<strong>Wie</strong> <strong>wichtig</strong> <strong>Karstadt</strong> <strong>ist</strong>, <strong>sah</strong> <strong>1933</strong> <strong>se</strong>lbst <strong>Adolf</strong><br />
<strong>Hitler</strong> <strong>ein</strong><br />
Er stimmte <strong>ein</strong>em Kredit zu – und ignorierte damit <strong>se</strong>in Parteiprogramm<br />
Von Bernd Serger<br />
Seit 2018 <strong>ist</strong> der Warenhauskonzern <strong>Karstadt</strong> am Ziel angekommen – das da lautet, sich<br />
die Konkurrenz Stück für Stück <strong>ein</strong>zuverleiben. Mit der Übernahme des größten<br />
Konkurrenten Galeria Kaufhof <strong>ist</strong> <strong>Karstadt</strong> nun das <strong>ein</strong>zige große Warenhaus-<br />
Unternehmen, das noch übriggeblieben <strong>ist</strong>. Von den „Big Five“ der Warenhauskonzerne im<br />
Jahr 1930 – Rudolph <strong>Karstadt</strong> AG, Hermann Tietz (später Hertie), Leonhard Tietz (später<br />
Kaufhof), Wertheim und Schocken – hat nun nur <strong>Karstadt</strong> überlebt. Wobei man sich nun<br />
angesichts der Folgen der Corona-Pandemie ernsthaft fragen muss: <strong>Wie</strong> lange noch?<br />
Bereits <strong>1933</strong> war <strong>Karstadt</strong> der Pleite nah – und wurde nur gerettet, weil <strong>Adolf</strong> <strong>Hitler</strong> <strong>ein</strong>em<br />
Überbrückungskredit der staatlichen Akzeptbank zugestimmt hat. Von die<strong>se</strong>r<br />
<strong>se</strong>nsationellen Entscheidung, aber auch von der Geschichte der deutschen Warenhäu<strong>se</strong>r<br />
handelt der folgende Beitrag.<br />
1
Die deutschen Warenhauspioniere waren fast alle Juden<br />
Wann und wo gab es das erste Warenhaus? Das <strong>ist</strong> <strong>ein</strong>e Frage, die wohl gar nicht<br />
beantwortet werden kann. Denn dazu braucht es <strong>ein</strong>e stimmige Definition des<strong>se</strong>n, was <strong>ein</strong><br />
Warenhaus ausmacht. Aber auch darauf konnten und können sich die H<strong>ist</strong>oriker schlecht<br />
<strong>ein</strong>igen. So bleibt Platz, sich aus dem Angebot der Bedingungen etwas Stimmiges<br />
herauszusuchen. Was also macht <strong>ein</strong> Warenhaus aus:<br />
1. Das Angebot an Waren soll möglichst alles umfas<strong>se</strong>n, was Menschen für sich und ihren<br />
Haushalt brauchen (fehlt <strong>ein</strong>e oder mehrere Abteilungen, etwa Spielwaren oder<br />
Rei<strong>se</strong>artikel, spricht man von <strong>ein</strong>em Kaufhaus)<br />
2. Der Zutritt zum Warenhaus <strong>ist</strong> für alle frei, k<strong>ein</strong> Kunde wird bevorzugt und es besteht<br />
k<strong>ein</strong> Kaufzwang<br />
3. Die Waren liegen aus, die Prei<strong>se</strong> sind fest und auf Schildern sichtbar.<br />
4. Die Kunden bezahlen bar, Kredit wird nicht gegeben, Rabatte gibt es erst ab etwa 1900<br />
5. Großzügiges Umtauschrecht<br />
6. Lieferung frei Haus in <strong>ein</strong>em bestimmten Umkreis<br />
7. Der Einkauf soll <strong>ein</strong> Erlebnis <strong>se</strong>in, deshalb bieten Warenhäu<strong>se</strong>r auch Erholungszonen wie<br />
Erfrischungsräume, Lebensmittel-Abteilungen oder Le<strong>se</strong>säle<br />
Das bereits um 1830 gegründete Warenhaus Lord & Taylor ex<strong>ist</strong>iert in<br />
New York heute noch – in der 5th Avenue.<br />
Foto: Bernd Serger<br />
Nimmt man die<strong>se</strong><br />
Grundsätze als Definition,<br />
so bleibt dennoch die<br />
Erkenntnis, dass es die<br />
ersten richtigen<br />
Warenhäu<strong>se</strong>r nicht in<br />
Deutschland, sondern im<br />
Ausland gab. Um 1725 soll<br />
es in Paris bereits <strong>ein</strong><br />
„Grands Magasins“ (das <strong>ist</strong><br />
der französische Begriff<br />
für Warenhaus) gegeben<br />
haben, das Prospekte und<br />
Kataloge verteilt hat. Auch<br />
später sollen in Paris<br />
derartige Kaufhäu<strong>se</strong>r<br />
bestanden haben, sie<br />
verschwanden aber wieder. Nicht nur in Paris entwickelten sich <strong>se</strong>it 1788 Passagen und<br />
Galerien, die sich mit ihren Gängen voller Geschäfte durch die Quartiere zogen, zu den<br />
Vorläufern der Warenhäu<strong>se</strong>r.<br />
Pioniere auf dem Weg zu Warenhäu<strong>se</strong>rn waren auch Kaufleute in den USA. So wurde<br />
schon um 1830 das Geschäft von „Lord & Taylor“ in New York mehr und mehr zum<br />
Warenhaus. 1848 ließ der New Yorker Textil- und Kurzwarenhändler Alexander Turney<br />
2
Stewart <strong>se</strong>inen „Marble Palace“ errichten, der <strong>se</strong>ine Kundinnen mit Modenschauen und<br />
großen Spiegeln lockte. 1862 konnte er <strong>se</strong>in erstes richtiges Warenhaus <strong>ein</strong>weihen, das auf<br />
acht Stockwerken 2.000 Angestellte beschäftigte.<br />
Im Jahr 1852 schloss sich Ar<strong>ist</strong>ide Boucicaut in Paris mit Paul<br />
Videau zusammen, der in der Rue de Sévres <strong>ein</strong> Geschäft namens<br />
„Le bon Marché“ besaß. Mit ihm und ab 1863 all<strong>ein</strong> schuf der<br />
geniale Kaufmann Boucicaut im Lauf der Jahrzehnte das zeitweilig<br />
größte Warenhaus der Welt. Als „Au Bon Marché“ ex<strong>ist</strong>iert es<br />
heute noch, wie das Foto rechts zeigt. Und beim Gang durch das<br />
Geschäft (inzwischen für gehobene Ansprüche) kann man noch<br />
manches Detail aus früherer Zeit entdecken.<br />
Abbildung und Foto: Bernd Serger<br />
Etwa zeitgleich wie in Frankreich, England und den USA gab es auch in Deutschland schon<br />
im frühen 19. Jahrhundert warenhaus-ähnliche Geschäfte. Die eigentliche Zeit für die<br />
Gründung von Warenhäu<strong>se</strong>rn – in aller Regel erstmal in Form von kl<strong>ein</strong>en Kurz-, Weiß- und<br />
Wollwaren-Geschäften – aber waren die Jahre nach 1875. Und es waren vor allem jüdische<br />
Kaufleute, die die<strong>se</strong>n Schritt wagten. Das Wagnis bestand darin, dass sie sich von den<br />
bisherigen Praktiken im Einzelhandel (k<strong>ein</strong>e festen Prei<strong>se</strong>, sondern Preisgestaltung nach<br />
Einschätzung der Kunden, Kauf vielfach auf Kredit und unter Druck - und dies in me<strong>ist</strong><br />
dunklen Räumen) verabschiedeten und nach folgenden Prinzipien arbeiteten: Feste, an der<br />
Ware ausgezeichnete Prei<strong>se</strong>, Barzahlung, freier Zutritt ohne Kaufzwang, Verkauf in großen,<br />
hellen Räumen, Angebot des Umtauschs und der Lieferung frei Haus.<br />
Das Erstaunliche an den deutschen Warenhaus-Dynastien <strong>ist</strong>, dass <strong>ein</strong> Großteil die<strong>se</strong>r<br />
jüdischen Familien aus dem Städtchen Birnbaum in Po<strong>se</strong>n oder der nächsten Umgebung<br />
kamen – und sich lange auch gegen<strong>se</strong>itig unterstützten. Zu die<strong>se</strong>m Birnbaum-Clan<br />
3
gehörten Leonhard und Oskar Tietz, die vier Brüder Knopf, die Gebrüder Ury, Gebrüder<br />
Joske, die Brüder Simon und Herman Wronker und auch die Brüder Schocken. Sie, die<br />
bislang mit dem Tuchhandel und Viehhandel ihr Geld verdienten, waren durch die<br />
politischen Veränderungen in Polen gezwungen, sich nach Westen zu orientieren – und es<br />
gelang ihnen dann auch, das Reichsgebiet und die angrenzenden Gebiete wie Belgien,<br />
Holland, Luxemburg, Elsass-Lothringen und die Schweiz unter sich aufzuteilen, ohne dies<br />
nun zum Ge<strong>se</strong>tz zu erheben. So machte man sich da und dort auch durchaus lustvoll<br />
Konkurrenz, etwa Hermann Tietz und Max Knopf in Karlsruhe.<br />
Noch ex<strong>ist</strong>ieren in Freiburg in der Kai<strong>se</strong>r-Jo<strong>se</strong>ph-Straße beide großen Warenhäu<strong>se</strong>r: <strong>Karstadt</strong> (links) und<br />
Galeria Kaufhof (rechts). Doch man muss befürchten, dass <strong>ein</strong>es davon unter den 60 Warenhäu<strong>se</strong>rn <strong>ist</strong>,<br />
die im Zug der Sanierung von Galeria <strong>Karstadt</strong> Kaufhof geschlos<strong>se</strong>n werden sollen. Fotos: Bernd Serger<br />
Von die<strong>se</strong>r üppigen Warenhaus-Szenerie kann man heute nur noch träumen. Denn <strong>se</strong>it<br />
dem 25. März 2019 gibt es nach dem Zusammenschluss von <strong>Karstadt</strong> und Galeria Kaufhof<br />
nur noch <strong>ein</strong>e große, klassische Warenhaus-Kette in Deutschland: Galeria <strong>Karstadt</strong> Kaufhof<br />
mit Sitz in Es<strong>se</strong>n. Das Unternehmen <strong>ist</strong> nach wie vor der größte Warenhaus-Konzern in<br />
Europa mit europaweit 243 Standorten und rund 32.000 Mitarbeitern. All<strong>ein</strong>iger<br />
Eigentümer <strong>ist</strong> die österreichische Signa Holding, die im Juni 2019 der kanadischen<br />
Hudson’s Bay Company für rund 1 Mrd. Euro deren verbliebene Anteile abkaufte.<br />
Die Auswirkung des Corona-Virus mit der zwangswei<strong>se</strong>n Schließung aller Warenhäu<strong>se</strong>r hat<br />
für Galeria <strong>Karstadt</strong> Kaufhof <strong>ein</strong>e Situation geschaffen, die die Firma nach eigener<br />
Einschätzung nur mit größter Mühe überstehen kann. Am 1. April 2020 teilte das<br />
Unternehmen mit, die Geschäftsführung habe beim Amtsgericht Es<strong>se</strong>n <strong>ein</strong>en Antrag auf<br />
Einleitung <strong>ein</strong>es Schutzschirmverfahrens für die Galeria <strong>Karstadt</strong> Kaufhof GmbH sowie die<br />
Tochterge<strong>se</strong>llschaft <strong>Karstadt</strong> Sports gestellt. Schutzschirmverfahren bedeutet, dass die<br />
Firma in Eigenverwaltung die drohende Insolvenz aufhalten will. Die Insolvenzordnung<br />
schreibt vor, dass „die beabsichtigte Sanierung nicht offensichtlich aussichtslos <strong>se</strong>in“ darf.<br />
Eine Voraus<strong>se</strong>tzung, Galeria <strong>Karstadt</strong> Kaufhof gesund zu schrumpfen, <strong>ist</strong> wohl die<br />
Schließung von zahlreichen Filialen. Die Gewerkschaft Verdi befürchtet, dass 60 der derzeit<br />
170 Niederlassungen geschlos<strong>se</strong>n werden.<br />
Manches an der jetzigen Situation erinnert an das Jahr <strong>1933</strong>, als die großen<br />
Warenhauskonzerne <strong>Karstadt</strong> und Hermann Tietz in solch ex<strong>ist</strong>entielle Finanznöte geraten<br />
waren, dass die Banken mit der Kündigung der Kredite drohten. Ein Zusammenbruch<br />
die<strong>se</strong>r Giganten hätte aber mit allen Zuliefererbetrieben mehr als 100.000 Menschen den<br />
4
Arbeitsplatz gekostet – und das bei <strong>ein</strong>er Arbeitslo<strong>se</strong>nzahl, die damals gerade die 6<br />
Millionen überschritten hat. Heute würde man sagen: <strong>Karstadt</strong> und Hermann Tietz waren<br />
„systemrelevant“. <strong>Wie</strong> es für sie weiterging, dazu später.<br />
Zuerst soll hier an die Anfänge der Warenhaus-Bewegung in Deutschland erinnert werden,<br />
an die große Vielfalt renommierter, größerer Unternehmen, die es im 19. Jahrhundert<br />
bereits gab – die Warenhaus-Pioniere. Hier <strong>ein</strong>e kl<strong>ein</strong>e, chronologische Übersicht:<br />
Die Warenhaus-Pioniere in Deutschland<br />
Nathan Israel<br />
1815: Am 18. März 1815<br />
eröffnet der jüdische Kaufmann<br />
Nathan Israel in Berlin <strong>se</strong>in<br />
Textil-Kaufhaus „N. Israel“. Er<br />
zog damit 1842 nach Spandau<br />
gegenüber dem Roten Rathaus<br />
um, wo sich das Kaufhaus im<br />
Lauf der Jahrzehnte auch im<br />
Angebot immer mehr<br />
vergrößerte. 1928 hatte es 2.000<br />
Mitarbeiter. Im Februar 1939<br />
wurde die Firma an die Emil<br />
Koester AG verkauft, die dem<br />
bereits 1931 aus Deutschland<br />
ausgewanderten, jüdischen<br />
Unternehmer Jakob Michael<br />
gehörte, was den NS-Behörden<br />
damals noch unbekannt war.<br />
1939 nach England emigriert,<br />
kam Wilfrid Israel, der letzte<br />
Inhaber aus der Familie, am 1.<br />
Juni 1943 auf dem Weg von Das renommierte Textil-Kaufhaus N. Israel in der Spandauer<br />
Lissabon nach London durch<br />
Straße in Berlin auf <strong>ein</strong>em Foto etwa aus dem Jahr 1905. Die<br />
Firma N. Israel war bekannt für ihr außerordentlich soziales<br />
<strong>ein</strong>en Flugzeugabsturz infolge<br />
<strong>ein</strong>es Geschosstreffers der<br />
deutschen Wehrmacht ums<br />
Leben. Im <strong>se</strong>lben Jahr fiel das Kaufhausgebäude im Bombenhagel in Schutt und Asche.<br />
Rudolph Hertzog<br />
Verhalten ihren Mitarbeitern gegenüber – von Clubräumen,<br />
Bibliothek und Bootshaus. Foto: stadtbild-deutschland.org<br />
1839: Der nichtjüdische Kaufmann Rudolph Hertzog (1815-1894) eröffnet 1839 <strong>se</strong>in<br />
Manufakturwarengeschäft in Berlin, Breite Straße 13, und wird berühmt durch <strong>se</strong>inen<br />
Versandhandel für Möbel, Teppiche, Modewaren und Stoffe – auch durch Festprei<strong>se</strong> und<br />
Reklame. Hertzog <strong>ist</strong> <strong>ein</strong> großer Patriot. Er bietet 1884 Kai<strong>se</strong>r Wilhelm I. <strong>ein</strong>e Million Mark<br />
für <strong>ein</strong> Bismarck-Denkmal an. Die Spende wird aber abgelehnt.<br />
5
Die Wertheims<br />
1876, 30.9.: Die jüdischen Brüder<br />
Georg und Hugo Wertheim<br />
übernehmen am 30. September 1876<br />
das <strong>ein</strong> Jahr zuvor von ihren Eltern<br />
gegründete Kurzwaren-Geschäft in<br />
Stralsund und erweitern es mit der<br />
Zeit zu <strong>ein</strong>em Warenhaus. 1884<br />
eröffnen die Brüder in Berlin ihre<br />
erste Filiale. Sieben weitere folgen,<br />
darunter das um 1900 mit 106.000 qm<br />
größte Warenhaus Europas am<br />
Leipziger Platz. Obwohl Georg<br />
Wertheim <strong>se</strong>inen Besitz <strong>se</strong>iner<br />
nichtjüdischen Frau überschrieb,<br />
entging die „A. Wertheim AG“ nicht<br />
der „Arisierung“.<br />
Das Wertheim-Stammhaus in Stralsund nach der<br />
Erweiterung im Jahr 1903. Foto: Sammlung Serger<br />
In Leipzig hieß die Filiale von Messow &<br />
Waldschmidt „Kaufhaus am Brühl“. Abbildung:<br />
aus Leipziger Illustrierte Wochenschrift. 3. Jg., Nr.<br />
40, 1908<br />
Messow & Waldschmidt<br />
1877: Die jüdischen Kaufleute Paul Messow<br />
und Victor Waldschmidt aus der Schweiz<br />
eröffnen 1877 in Dresden den „Schweizer<br />
Basar“, aus dem die Warenhauskette Messow<br />
& Waldschmidt wird. Weitere Filialen gab es in<br />
Pirna, Zittau und Breslau – und in Leipzig.<br />
Moritz Knopf<br />
1878: Der jüdische Kaufmann Moritz Knopf<br />
eröffnet in Bonn <strong>se</strong>in erstes Geschäft für Kurz-,<br />
Weiß- und Wollwaren. 1882 übernimmt <strong>se</strong>in<br />
älterer Bruder Sally Knopf die<strong>se</strong>s Geschäft,<br />
während Moritz Knopf sich in Straßburg<br />
niederlässt und von dort aus <strong>ein</strong>e Kette von 26<br />
Waren- und Kaufhäu<strong>se</strong>rn in Elsaß-Lothringen<br />
und in Baden gründet. Die bisher in der<br />
Fachliteratur verbreitete Aussage, dass Max<br />
Knopf 1881 in Karlsruhe das erste Geschäft der<br />
vier Knopf-Brüder unter dem Namen „Geschw<strong>ist</strong>er Knopf“ eröffnet habe, <strong>ist</strong> also falsch. Es<br />
war Moritz Knopf 1878 in Bonn.<br />
Leonhard Tietz<br />
1879, 14.8.: Der jüdische Kaufmann Leonhard Tietz (1849-1914) eröffnet am 14. August<br />
1879 in Stralsund <strong>ein</strong> „Kurz-, Weiß- und Wollwaarengeschäft“. 1882 wech<strong>se</strong>lt er in das<br />
deutsche Textilzentrum nach Elberfeld in Rh<strong>ein</strong>land und erweitert das Angebot. Bereits<br />
6
1885 kann er in Elberfeld (heute<br />
Wuppertal) in <strong>ein</strong>em großen Neubau <strong>ein</strong><br />
richtiges Warenhaus vorwei<strong>se</strong>n. 1891<br />
wagt er den Schritt nach Köln und auch<br />
in andere Städte. Für<br />
Zwei Ikonen der Warenhaus-<br />
Architektur hat Leonhard Tietz der<br />
Nachwelt hinterlas<strong>se</strong>n – und sie<br />
haben auch die Luftangriffe des<br />
Zweiten Weltkriegs überlebt. Links<br />
das 1914 eröffnete Warenhaus von<br />
Wilhelm Kreis in Köln, oben das<br />
Düs<strong>se</strong>ldorfer Warenhaus von<br />
Jo<strong>se</strong>ph Maria Olbrich von 1907.<br />
Fotos: Sammlung Serger.<br />
<strong>se</strong>ine Neubauten in Köln und Düs<strong>se</strong>ldorf verpflichtet er zwischen 1907 und 1912 mit<br />
Wilhelm Kreis und Jo<strong>se</strong>ph Maria Olbrich die besten Warenhaus-Architekten jener Zeit.<br />
Nach dem Tod von Leonhard Tietz im Jahr 1914 führte <strong>se</strong>in Sohn Alfred Leonhard Tietz das<br />
Geschäft weiter. Das Unternehmen wuchs durch Übernahmen von anderen Warenhäu<strong>se</strong>rn<br />
und beschäftigte Anfang der 1930er Jahre etwa 15.000 Mitarbeiter an 43 Standorten.<br />
Max Knopf<br />
In der Kai<strong>se</strong>rstraße in Karlsruhe eröffnete die Firma „Geschw<strong>ist</strong>er<br />
Knopf“ im Jahr 1881 ihr erstes kl<strong>ein</strong>es Geschäft. Mit dem Erfolg<br />
wurde es mehrfach erweitert. Hier <strong>ein</strong>e Aufnahme von 1905. Foto:<br />
Sammlung Serger<br />
1881, 3.4.: Der jüdische<br />
Kaufmann Max Knopf eröffnet<br />
am 3. April 1881 mit <strong>se</strong>iner<br />
Schwester Johanna unter dem<br />
Namen „Geschw<strong>ist</strong>er Knopf“ in<br />
der Kai<strong>se</strong>rstraße 147 in Karlsruhe<br />
<strong>ein</strong> „L<strong>ein</strong>en-,Wäsche- und<br />
Weißwaarengeschäft“. Er<br />
erweitert <strong>se</strong>in Geschäft um<br />
Filialen in Süddeutschland, der<br />
Schweiz und in Elsaß-Lothringen<br />
und kommt im Lauf der<br />
Jahrzehnte alles in allem auf 55<br />
Niederlassungen. Darin sind<br />
<strong>ein</strong>geschlos<strong>se</strong>n die<br />
Warenhäu<strong>se</strong>r, die er gem<strong>ein</strong>sam<br />
mit den Brüdern Rudolf und Hermann Schmoller u.a. in Mannheim, Frankfurt, Bayreuth,<br />
Nürnberg und München betreibt. Auch mit <strong>se</strong>inem Schwager Sally Klopstock gründet Max<br />
7
Knopf Filialen in Konstanz,<br />
Schaffhau<strong>se</strong>n und<br />
Winterthur. Das Stammhaus<br />
in Karlsruhe wurde 1954 von<br />
den Knopf-Erben an<br />
<strong>Karstadt</strong> verkauft.<br />
Rudolph <strong>Karstadt</strong><br />
1881, 14.5.: Am 14.<br />
Mai 1881 gründet<br />
der nicht-jüdische<br />
Kaufmann Rudolph<br />
<strong>Karstadt</strong> mit<br />
<strong>se</strong>inen<br />
Geschw<strong>ist</strong>ern und<br />
dem Startkapital<br />
des Vaters<br />
Chr<strong>ist</strong>ian in<br />
Wismar <strong>se</strong>in erstes<br />
Geschäft unter dem Namen „Tuch-, Manufactur- und<br />
Confections-Geschäft C. <strong>Karstadt</strong>“. Er eröffnet in<br />
Norddeutschland zahlreiche Filialen und wächst auch durch<br />
Übernahmen anderer Warenhaus-Unternehmen, so von<br />
Theodor Althoff. 1930 <strong>ist</strong> die Rudolph <strong>Karstadt</strong> AG der größte<br />
Warenhauskonzern Europas.<br />
Noch unter dem Namen des<br />
Vaters Chr<strong>ist</strong>ian <strong>Karstadt</strong><br />
eröffnet Rudolph <strong>Karstadt</strong><br />
im Jahr 1881 in Wismar <strong>se</strong>in<br />
erstes Textil-Geschäft. Hier<br />
die Eröffnungs-Anzeige.<br />
1884 folgt das zweite<br />
<strong>Karstadt</strong>-Haus in Lübeck.<br />
Links zu <strong>se</strong>hen das in den<br />
letzten Jahren renovierte<br />
Stammhaus des <strong>Karstadt</strong>-<br />
Konzerns in Wismar.<br />
Foto: wikimedia.org<br />
M. Conitzer & Söhne<br />
Abbildung Auch das 1 Warenhaus-Unternehmen M. Conitzer & Söhne<br />
gab vor dem Ersten Weltkrieg <strong>ein</strong>e Serie der damals<br />
beliebten Reklamemarken heraus. Nach 1945 landeten<br />
die zuerst beschlagnahmten Conitzer-Häu<strong>se</strong>r über<br />
Umwege bei <strong>Karstadt</strong>. Abbildung: Sammlung Serger<br />
1882, 1.2.: Der jüdische Handelsmann<br />
Mo<strong>se</strong>s Conitzer (1822-1902) eröffnet am<br />
1. Februar 1882 mit <strong>se</strong>inen drei Söhnen<br />
in Marienwerder in Westpreußen <strong>se</strong>in<br />
Manufaktur- und Kurzwarengeschäft<br />
„M. Conitzer & Söhne“, aus dem später<br />
<strong>ein</strong>e Warenhauskette mit 17 Filialen<br />
wird. Mo<strong>se</strong>s Conitzer stammt wie die<br />
Knopfs aus der Provinz Po<strong>se</strong>n. Hier zu<br />
<strong>se</strong>hen Abbildungen von den Filialen in<br />
Brandenburg, Schlett und Coburg. 1938<br />
wurden die Firma „arisiert“, etliche<br />
Mitglieder der Familie wurden von den<br />
Nazis umgebracht.<br />
Hermann Tietz<br />
1882, 1.3.: Der jüdische Kaufmann Oscar Tietz gründet am 1. März 1882 in Gera mit 1.000<br />
Talern <strong>se</strong>ines Onkels Hermann Tietz das „Garn-, Knopf-, Posamentier-, Weißwaren- und<br />
8
Noch im französischen Stil, also mit Schaufenstern bis in die oberen Etagen, eröffnete Oscar Tietz 1904<br />
<strong>se</strong>in neues Warenhaus in Gera an der Stelle, wo er 1882 <strong>se</strong>inen ersten Laden aufgemacht hatte. 1904 war<br />
er bereits der führende Warenhaus-Funktionär im Deutschen Reich. Abbildung: m<strong>ein</strong>anzeiger.de<br />
Wollwarengeschäft Hermann Tietz“. Nach <strong>ein</strong>er Anlaufpha<strong>se</strong> von <strong>se</strong>chs Jahren eröffnet<br />
Tietz Filialen in Weimar (1886), Bamberg, München (1889) und Hamburg (1896). 1900 wird<br />
der Unternehmenssitz nach Berlin verlegt. Nahe des damals größten Warenhau<strong>se</strong>s<br />
Europas, Wertheim am Leipziger Platz errichtet die Firma Hermann Tietz in der Leipziger<br />
Straße <strong>ein</strong>en konkurrierenden „Konsumtempel“ mit eigener Kellerei. Nach und nach<br />
eröffnete die Firma in der Reichshauptstadt zehn Warenhäu<strong>se</strong>r und verfügte damit dort<br />
über die größte Verkaufsfläche. In Hamburg folgt 1912 das „Warenhaus Hermann Tietz“<br />
(<strong>se</strong>it 1935 Alsterhaus) am Jungfernstieg. 1930 <strong>ist</strong> die Firma Hermann Tietz der zweitgrößte<br />
Warenhauskonzern Deutschlands.<br />
Theodor Althoff<br />
Das 1904 in Dortmund eröffnete Warenhaus von Theodor<br />
Althoff war damals das größte Warenhaus in Westfalen. Die<br />
Ansichtskarte stammt von 1910. Abbildung: Sammlung Serger<br />
1885: Der nicht-jüdische Kaufmann<br />
Theodor Althoff (1858-1931)<br />
übernimmt 1885 in Dülmen das<br />
elterliche „Kurz-, Woll- und<br />
Weißwaarengeschäft“. 1904<br />
eröffnet er in Dortmund das damals<br />
größte Warenhaus in Westfalen.<br />
1912 folgt das <strong>se</strong>chsmal größere<br />
Haus in Es<strong>se</strong>n, von Wilhelm Kreis<br />
entworfen (links). Mit <strong>se</strong>inen 20<br />
Filialen schließt er sich 1920 der<br />
Rudolph <strong>Karstadt</strong> AG an.<br />
9
Sally Knopf<br />
1885: Im Januar 1885 eröffnet Sally Knopf, der<br />
älteste der vier jüdischen Knopf-Brüder, in<br />
Pforzheim <strong>se</strong>in erstes eigenes Textilgeschäft.<br />
1887 wech<strong>se</strong>lt er nach Freiburg, wo er in der<br />
Kai<strong>se</strong>rstraße 32 <strong>se</strong>in zweites Geschäft<br />
aufmacht. Am 1. März 1887 prä<strong>se</strong>ntiert Sally<br />
Knopf <strong>se</strong>in „Wäsche-, Kurz-, Weiß- und<br />
Wollwaren-Geschäft“ unter dem Namen<br />
„Straßburger Engros-Lager M. Knopf“. Im Lauf<br />
der nächsten Jahre kommt er auf 27 Filialen in<br />
Südbaden, im Rh<strong>ein</strong>land und in der Schweiz.<br />
Sally Knopf stirbt 1922, er hat mit <strong>se</strong>iner Frau<br />
Rebekka <strong>se</strong>chs Töchter und <strong>ein</strong>en Sohn: Arthur.<br />
Sally Knopf (1845-1922) ließ sich 1887 in<br />
Freiburg nieder. Er war der älteste der vi<br />
Die<strong>se</strong>r führt das Unternehmen weiter, bis es<br />
Knopf-Brüder. Foto: Archiv Rügländer,<br />
1937 unter dem Druck der Nazis, aber auch Sammlung Serger<br />
durch eigene Fehler verkauft werden muss. Mit<br />
den<br />
„Ari<strong>se</strong>uren“ wird auf Druck des Restitutions-Gerichts 1949 <strong>ein</strong> Vergleich geschlos<strong>se</strong>n, durch<br />
den die nun in der Schweiz lebende Knopf-Familie 50 Prozent der Nachfolgefirma<br />
„Kaufhaus für Alle“ (KfA) erhält. Die „Ari<strong>se</strong>ure“ übernehmen die Geschäftsführung und<br />
sorgen durch Missmanagement und Spekulationen 1982 für das Ende.<br />
Gebrüder Alsberg<br />
In Köln gegründet, zog die Firma Gebr. Alsberg bald nach Bochum, wo<br />
die<strong>se</strong>s große Warenhaus erbaut wurde. Abbildung: Sammlung Serger<br />
1886, mindestens: Die<br />
jüdische Warenhausfirma<br />
Gebrüder Alsberg<br />
expandiert von Köln aus mit<br />
ihren Geschäften besonders<br />
in der Zeit um 1900, in<br />
Bochum <strong>ist</strong> sie schon um<br />
1886 als Teilhaber des<br />
Kaufmanns <strong>Adolf</strong> Levi<br />
vertreten. Es gibt auch<br />
andere Zweige der Familie<br />
Alsberg, die Kaufhäu<strong>se</strong>r und<br />
Warenhäu<strong>se</strong>r, vor allem in<br />
Westfalen, errichten.<br />
Die<strong>se</strong>s durch<br />
Einkaufsgem<strong>ein</strong>schaften verbundene Konstrukt stand unter dem Namen Alsberg-Eteg-<br />
Konzern AG 1930 mit 200 Millionen Reichsmark Jahresumsatz an dritter Stelle im<br />
Einzelhandel – als eigener Konzern wird das in anderen Übersichten nicht so gewertet.<br />
Nach <strong>1933</strong> wird das Geflecht zerschlagen und in Einzelteilen „arisiert“. Alfred Alsberg wird<br />
als Geschäftsführer des Bochumer Warenhau<strong>se</strong>s weiterbeschäftigt, weil <strong>se</strong>ine Fähigkeiten<br />
benötigt wurden. S<strong>ein</strong> Vater Siegfried Alsberg, der die Warenhaus-Unternehmungen der<br />
Familie begonnen hatte, stirbt 1936 in Köln; Alfred Alsberg und <strong>se</strong>ine Frau Martha werden<br />
10
im Oktober 1941 ins Ghetto Lodz, <strong>se</strong>ine Mutter Emma im Juni 1942 ins KZ Theresienstadt<br />
deportiert und dort ermordet. Drei Kinder überleben im Ausland.<br />
S. Wronker & Co.<br />
1887, 1.3.: Am 1. März 1887 eröffnet<br />
der jüdische Kaufmann Simon<br />
Wronker in Mannheim das „Garn-,<br />
Knopf-, Posamentier-, Weiss- und<br />
Wollwaarengeschäft S. Wronker &<br />
Co.“. Beteiligt daran sind der Bruder<br />
Hermann Wronker und Julius Tietz<br />
von der berühmten<br />
Warenhausfamilie Tietz. Wronker<br />
wird mit 41 Filialen zum stärksten<br />
Konkurrenten von Knopf im<br />
Südwesten und im Elsass, auch in<br />
Freiburg gibt es <strong>ein</strong>e Filiale. Während<br />
sich Simon Wronker um Mannheim<br />
und die Niederlassungen kümmert,<br />
konzentriert sich Bruder Hermann<br />
von 1891 auf Frankfurt, wo er später<br />
an der Zeil das damals größte<br />
Warenhaus von Frankfurt errichtet.<br />
Es hat nach etlichen Erweiterungen<br />
<strong>ein</strong>e Frontlänge von 80 Metern. 1921<br />
erfolgt die Umwandlung in <strong>ein</strong>e<br />
Aktienge<strong>se</strong>llschaft, die Hermann<br />
Wronker AG. Ende der 1920er Jahren<br />
Das Warenhaus Hermann Wronker auf der Zeil<br />
wurde bis in die 1920 er Jahre Stück für Stück<br />
erweitert. Abbildung: Sammlung Serger<br />
Das Stammhaus der Warenhaus-Kette S. Wronker & Co. in<br />
Mannheim am Paradeplatz auf <strong>ein</strong>er Ansichtskarte aus<br />
dem Jahr 1907.<br />
Abbildung: Sammlung Serger<br />
beschäftigt Wronker rund 3.000 Mitarbeiter bei<br />
<strong>ein</strong>en Jahresumsatz 35 Millionen Reichsmark.<br />
Mit der 1929 <strong>ein</strong><strong>se</strong>tzenden Weltwirtschaftskri<strong>se</strong><br />
brechen die Umsätze <strong>ein</strong>, die Banken zwingen<br />
Hermann Wronker zum Rückzug aus der<br />
Geschäftsleitung.<br />
S<strong>ein</strong> Sohn Max Wronker führt die Firma von<br />
1931 bis <strong>1933</strong> als Generaldirektor<br />
(Vorstandsvorsitzender). Zur Sanierung werden<br />
die Häu<strong>se</strong>r in Nürnberg und Pforzheim (an<br />
Schocken) verkauft. Nach der Machtübergabe<br />
an die Nazis <strong>1933</strong> wird das Unternehmen<br />
„arisiert“. Die Eigentümer Max und Hermann<br />
Wronker erhalten Hausverbot und werden<br />
enteignet. 1934 firmiert das Unternehmen in<br />
Hansa AG um. 1952 wird das Unternehmen in<br />
den Hertie-Konzern <strong>ein</strong>gegliedert. Max Wronker<br />
11
kann sich mit <strong>se</strong>iner Familie in die USA retten. Hermann und <strong>se</strong>ine Frau Ida Wronker haben<br />
ebenfalls <strong>ein</strong> Visum für die USA, versuchen von Südfrankreich aus die Ausrei<strong>se</strong>, werden<br />
aber nach der Be<strong>se</strong>tzung Frankreichs im Durchgangslager Drancy interniert und<br />
wahrsch<strong>ein</strong>lich 1942 im KZ Auschwitz ermordet. Das Warenhaus an der Zeil wird im Krieg<br />
fast völlig zerstört und <strong>ist</strong> heute nur noch auf <strong>se</strong>iner Rück<strong>se</strong>ite in Resten erhalten.<br />
<strong>Adolf</strong> Jandorf<br />
1892: Zu Beginn der 1890er Jahre<br />
arbeitete der jüdische Kaufmann <strong>Adolf</strong><br />
Jandorf in Bremerhaven für das<br />
Hamburger Textilhandelsunternehmen<br />
M. J. Emden Söhne, <strong>ein</strong> Handelskonzern,<br />
der sowohl auf eigene Rechnung als<br />
auch für rund 200 <strong>se</strong>lbstständige<br />
Kaufleute im Reich unter dem<br />
Firmennamen „Hamburger Engros-<br />
Lager“ den gem<strong>ein</strong>samen Einkauf<br />
übernahm. Jandorfs schnelle<br />
Auffassungsgabe und <strong>se</strong>in<br />
kaufmännisches Talent fielen der<br />
Geschäftsleitung auf, so dass ihn 1892<br />
der Firmenchef Jakob Emden beauftragt,<br />
mit 500 Mark Vorschuss <strong>ein</strong> kl<strong>ein</strong>es<br />
Geschäft in Berlin aufzubauen. Nach<br />
<strong>se</strong>chs Wochen eröffnet Jandorf am Das 1892 eröffnete und dann mehrfach erweiterte<br />
und umgebaute erste Warenhaus von <strong>Adolf</strong><br />
Spittelmarkt, Ecke Leipziger Straße <strong>se</strong>in<br />
Jandorf am Spittelmarkt in Berlin. Abbildung:<br />
erstes Geschäft, <strong>ein</strong>en Laden mit<br />
pinterest.com<br />
preiswerten Posamentier-, Kurz- und<br />
Wollwaren. Keck firmiert er unter „A. Jandorf & Co., Hamburger Engros Lager“, kontert im<br />
Streit darüber mit der Kündigung und darf bleiben. Die Cholera-Epidemie Hamburg nutzt<br />
er, den Hinweis auf<br />
Hamburg im Firmennamen<br />
ganz zu streichen. Jandorf<br />
eröffnet weitere<br />
Warenhäu<strong>se</strong>r in Berlin, 1907<br />
folgt als siebtes und letztes<br />
Warenhaus das „Kaufhaus<br />
des Westens“ (KaDeWe).<br />
Jandorf <strong>ist</strong> damit der erste<br />
Warenhaus-Gründer, der<br />
auf Charlottenburg und<br />
damit den Westen von<br />
Berlin <strong>se</strong>tzt. Dies mit den<br />
Das 1907 im Stadtteil Charlottenburg eröffnete „Kaufhaus des Westens“<br />
auf <strong>ein</strong>er Postkarte aus den 30er Jahren. Abbildung: Sammlung Serger<br />
legendären Worten: „Wat<br />
een juter Standort <strong>ist</strong>,<br />
12
estimme ick!“ Als 1926 Jandorfs Geschäftspartner M. J. Emden Söhne <strong>se</strong>ine 19<br />
Warenhäu<strong>se</strong>r an die Rudolph <strong>Karstadt</strong> AG verkauft, entschließt sich <strong>Adolf</strong> Jandorf, <strong>se</strong>ine<br />
Warenhäu<strong>se</strong>r ebenfalls zu veräußern. Die Jandorf-Gruppe beschäftigt zu die<strong>se</strong>m Zeitpunkt<br />
über 3.000 Angestellte. Zum Jahreswech<strong>se</strong>l 1927 gehen alle Warenhäu<strong>se</strong>r und<br />
Grundstücke der Firma Jandorf in den Besitz der Hermann Tietz AG über. <strong>Adolf</strong> Jandorf<br />
stirbt 1932 an den Folgen <strong>ein</strong>er Blindarmentzünsung.<br />
Albert Knopf<br />
1893: Albert Knopf, der letzte der vier jüdischen Brüder Knopf, macht ihn Zürich in der<br />
Bahnhofstraße 104 <strong>se</strong>in erstes Warenhaus auf. Bis zu <strong>se</strong>inem frühen Tod 1898 bringt er es<br />
im Großraum Zürich auf sieben Filialen.<br />
Gebrüder Joske<br />
Das Kaufhaus Gebr. Joske warb um 1910 mit die<strong>se</strong>r Reklamemarke für <strong>se</strong>in Damenhüte und die<br />
dazugehörige Putzabteilung. Rechts zu <strong>se</strong>hen das bis heute erhaltene Warenhaus-Gebäude in der<br />
Karl-H<strong>ein</strong>e-Straße in Leipzig.<br />
Abbildungen: Sammlung Serger, www.zeitraum.de<br />
1895: In Leipzig gründen die aus Birnbaum/Po<strong>se</strong>n stammenden jüdischen Kaufleute Isidor<br />
und Paul Joske in der Windmühlestraße im zunehmend industrialisierten Stadtteil<br />
Lindenau das Warenhaus „Gebrüder Joske“. 1898 übernehmen Isidors Bruder Michaelis<br />
Joske und Marcus Schmoll die Geschäftsführung. Eine Zweigstelle wurde 1904 in Leipzig-<br />
Plagwitz in der Karl-H<strong>ein</strong>e-Straße 43-45 aufgebaut. Weitere Filialen befanden sich in<br />
Dessau und Weißenfels und in der Ei<strong>se</strong>nbahnstraße 99 sowie am Johannisplatz 1-2 in<br />
Leipzig. Beim Boykott jüdischer Firmen am 1. April <strong>1933</strong> zwangen SA-Leute die Inhaber des<br />
Warenhau<strong>se</strong>s, damals waren es Hans und Julius Joske, sich an der Eingangstür<br />
aufzustellen, wo sie von den Boykott-Posten verhöhnt und gedemütigt wurden. Im Jahr<br />
1939 wurde das Warenhaus-Grundstück zwangsversteigert. Hans Joske konnte noch mit<br />
dem Sohn Gideon fliehen, <strong>se</strong>ine Frau Clara und die Tochter Ruth wurden am 13. Juli 1942<br />
nach Auschwitz deportiert und dort ermordet. Das Warenhaus-Gebäude in der Karl-H<strong>ein</strong>e-<br />
Straße 43 <strong>ist</strong> noch erhalten.<br />
13
Gebrüder Ury<br />
1896, 24.3: Am 24.<br />
März 1896 eröffnen<br />
die aus<br />
Birnbaum/Po<strong>se</strong>n<br />
stammenden<br />
jüdischen Brüder<br />
Moritz und Julius Ury<br />
das Leipziger<br />
Warenhaus<br />
"Gebrüder Ury". Mit<br />
innovativen Ideen,<br />
niedrigen Prei<strong>se</strong>n bei<br />
großer Auswahl und<br />
bemerkenswertem<br />
sozialem Einsatz für<br />
ihre Belegschaft<br />
führen sie ihr<br />
Unternehmen zu<br />
großem Erfolg.<br />
1913/14 verwandelt<br />
<strong>ein</strong> umfas<strong>se</strong>nder<br />
Umbau das Geschäft<br />
am Königsplatz 15 in<br />
<strong>ein</strong>en <strong>se</strong>chsstöckigen Prachtbau mit Lichthof. Das ursprüngliche Sortiment von Kurz-,<br />
Weiß- und Wollwaren wird umfangreich erweitert. Es folgen Filialen in Zwickau und Berlin.<br />
Mit den 55 angeschlos<strong>se</strong>nen Betrieben der Einheitspreis-Kette „Wohlwert“ machen die<br />
Urys zwischen 1926 und <strong>1933</strong> den Großen in die<strong>se</strong>r neuen Branche, <strong>Karstadt</strong> (Epa),<br />
Leonhard Tietz (Ehape) und Woolworth, heftig Konkurrenz.<br />
Durch die „Arisierung“ wird aus dem Kaufhaus Ury in Leipzig 1938 das Textilmes<strong>se</strong>haus II<br />
mit Blumengroßmarkt und Steueramtsdienststelle. Eigentümer <strong>ist</strong> nun das Leipziger<br />
Mes<strong>se</strong>amt. Die Gründer Moritz und Julius Ury werden schon 1937 gezwungen, aus dem<br />
Unternehmen auszuscheiden. Moritz Ury und <strong>se</strong>ine Frau Selma ziehen im Oktober 1937<br />
nach Montreux n die Schweiz, wo Moritz Ury zuvor schon regelmäßig <strong>se</strong>ine schwere<br />
Krankheit behandeln ließ. Moritz Sohn Walther und Tanja emigrieren im August 1938<br />
ebenfalls in die Schweiz. Julius Flucht misslingt. Er kommt nur bis nach Frankreich, muss<br />
sich dort verstecken und stirbt 1940 an unbekanntem Ort. Julius Frau Klara kann sich mit<br />
den zwei Kindern in die Schweiz retten. Im Dezember 1943 wird das Warenhaus-Gebäude<br />
bei <strong>ein</strong>em Luftangriff zerstört.<br />
Schocken<br />
Die von Oscar Tietz 1901 als erster aus<br />
Frankreich übernommene „Weiße Woche“<br />
war auch bei den Gebrüdern Ury in Leipzig<br />
<strong>ein</strong>e Attraktion in sonst verkaufsarmer Zeit.<br />
Hier <strong>ein</strong> Foto aus dem Jahr 1930. Das<br />
Warenhaus am Königplatz führte auch<br />
Keramik, wie die<strong>se</strong> Reklamemarke aus dem<br />
Jahr 1910 bewe<strong>ist</strong>.<br />
Abbildungen:<br />
Jüdisches Mu<strong>se</strong>um Berlin, Sammlung Serger<br />
1901, 18.3.: Der jüdische Kaufmann Simon Schocken, der in die Familie Ury <strong>ein</strong>geheiratet<br />
hatte, eröffnet am 18. März 1901 in Zwickau noch unter dem Namen „Gebrüder Ury“ <strong>se</strong>in<br />
erstes Warenhaus. Am 21. Oktober 1904 folgt durch <strong>se</strong>inen Bruder Salman Schocken in<br />
14
Oelsnitz, nun als „Kaufhaus Schocken“, das zweite Warenhaus. Zwischen 1909 und 1913<br />
eröffnet das Unternehmen Warenhäu<strong>se</strong>r u. a. in Aue, Planitz, Meißen, Zerbst, Cottbus und<br />
Frankenberg. Im Dezember 1921 wird das Unternehmen<br />
zu <strong>ein</strong>er Kommanditge<strong>se</strong>llschaft auf Aktien umgeformt.<br />
In den 1920er-Jahren entwickelt sich der Schocken-<br />
Konzern dank der von Salman Schocken entwickelten<br />
genialen Verkaufsstrategien, der sorgsamen Vorbereitung<br />
des Einkaufs, des Ausbaus le<strong>ist</strong>ungsfähiger<br />
Produktionsbetriebe und der stetigen Umsatzsteigerung<br />
in den Warenhäu<strong>se</strong>rn zu <strong>ein</strong>em der erfolgreichsten<br />
Das 1929 fertiggestellte Kaufhaus Schocken in Stuttgart – <strong>ein</strong>es von mehreren Warenhäu<strong>se</strong>rn, das<br />
Architekt Erich Mendelsohn für Schocken entworfen hat. Rechts oben zu <strong>se</strong>hen die Schocken-Filiale in<br />
Aue im Jahr 1913, <strong>ein</strong> klassisches Beispiel dafür, wie damals noch Geschäftsbetrieb und Wohnen in<br />
<strong>ein</strong>em Haus möglich war.<br />
Abbildungen: Sammlung Serger<br />
Warenhausunternehmen in Deutschland. Nach der Filiale in Nürnberg entwirft der<br />
jüdische Architekt 1926 in Stuttgart das Kaufhaus Schocken gegenüber dem Tagblatt-Turm,<br />
<strong>ein</strong>e Ikone der neuen Sachlichkeit – und trotzdem wird das Gebäude in den 60er Jahren<br />
abgeris<strong>se</strong>n. 1930 <strong>ist</strong> Schocken mit mehr als 30 Filialen die Nr. 5 in Deutschland.<br />
M.J. Emden Söhne<br />
1905: Der jüdische Handelsmann Meyer Jacob Emden gründet bereits 1823 in Hamburg die<br />
Großhandelsfirma Nathan & Emden, die Textil-Kurzwaren vertreibt. 1864 übergibt er das<br />
Geschäft an <strong>se</strong>ine drei Söhne unter dem Namen „M.J. Emden Söhne“. Nach 1877<br />
entwickelt sich das Unternehmen unter dem Namen „Hamburger Engros-Lager“ mehr und<br />
mehr zu <strong>ein</strong>em Franchi<strong>se</strong>-Geber, der bis 1900 rund 200 Geschäfte im Reich, darunter auch<br />
<strong>ein</strong>es in Freiburg, exklusiv mit <strong>ein</strong>em stetig breiter werdenden Warenangebot beliefert<br />
und sie finanziell und organisatorisch berät. Über <strong>se</strong>inen immen<strong>se</strong>n Grundstücksbesitz in<br />
15
Das 1905 erbaute Kaufhaus Oberpollinger in München gehörte zur<br />
Warenhaus-Gruppe der Hamburger Firma M. J. Emden Söhne, was bis<br />
heute auch an den Han<strong>se</strong>aten-Koggen auf dem Dach des Kaufhau<strong>se</strong>s zu<br />
erkennen <strong>ist</strong>. Abbildung: <strong>Karstadt</strong> Warenhaus GmbH -<br />
Schaufenster <strong>Karstadt</strong>, Einblicke in 125 Jahre, Es<strong>se</strong>n 2006<br />
Max Emden auf <strong>ein</strong>em Foto<br />
von 1927. Da hatte er <strong>se</strong>ine<br />
Warenhäu<strong>se</strong>r schon an<br />
<strong>Karstadt</strong> verkauft. Foto:<br />
commons.wikimedia.org<br />
großen Städten wird M.J.<br />
Emden Söhne dann auch<br />
<strong>se</strong>lbst zum Kaufhaus- und<br />
Warenhausbetreiber: so<br />
1905 mit dem Kaufhaus<br />
Oberpollinger (München), dem Warenhaus Gebrüder Freymann in Danzig und 1907 mit<br />
dem Kaufhaus des Westens (KaDeWe), dies gem<strong>ein</strong>sam mit Jandorf. Seit 1904 <strong>ist</strong> Max<br />
Emden Teilhaber, später All<strong>ein</strong>inhaber von M.J. Emden Söhne. Emden betreibt auch<br />
Warenhäu<strong>se</strong>r im Ausland wie das Corvin-Warenhaus in Budapest und das Allas-Warenhaus<br />
in Stockholm. Max Emden verkauft im Alter von knapp 50 Jahren den Großteil <strong>se</strong>iner<br />
Unternehmen an den Warenhaus-Konzern <strong>Karstadt</strong> und zieht sich danach mehr und mehr<br />
auf <strong>se</strong>ine In<strong>se</strong>l im Lago Maggiore zurück. Obwohl inzwischen Schweizer Staatsbürger, muss<br />
er erleben, dass die Schweiz ihn in k<strong>ein</strong>ster Wei<strong>se</strong> vor dem Raubzug der Nazis beschützt,<br />
die ihm nach und nach alle <strong>se</strong>ine Immobilien abnehmen, bis er zum Schluss sogar <strong>se</strong>ine<br />
wertvolle Kunstsammlung verkaufen muss. Er stirbt verbittert 1940 im Tessin, <strong>se</strong>ine Enkel<br />
kämpfen nun um die Reste <strong>se</strong>ines Vermögens.<br />
Die „Rangl<strong>ist</strong>e“ von 1914 - vor Beginn des Ersten Weltkriegs<br />
Der Erste Weltkrieg brachte auch für die Warenhäu<strong>se</strong>r in Deutschland <strong>ein</strong>e Zäsur. Sie<br />
mussten sich auf die Kriegsbedürfnis<strong>se</strong> umstellen – und je länger desto mehr auch den<br />
Mangel verwalten. Auch die Zeit der großen, prächtigen Warenhaus-Paläste ging zu Ende,<br />
<strong>ein</strong>e der letzten Beispiele war das im Frühjahr 1914 eröffnete neue Gebäude der<br />
Geschw<strong>ist</strong>er Knopf in Karlsruhe. Nach 1918 kehrte architektonisch die „Neue Sachlichkeit“<br />
beim Bau von Warenhäu<strong>se</strong>rn <strong>ein</strong>.<br />
Das Ende des Ersten Weltkriegs, speziell die Abmachungen im Versailler Vertrag, brachten<br />
den Warenhaus-Konzernen Knopf, Wronker, Hermann Tietz und Gebrüder Alsberg den<br />
völligen Verlust ihrer Filialen in Elsass und Lothringen. Sie wurden ohne jegliche<br />
Entschädigung enteignet. Verluste, von denen sich die Unternehmen nur schwer oder gar<br />
nicht erholten, zumal sich ja bald die Inflation näherte.<br />
16
Um zu <strong>se</strong>hen, was sich mit und nach dem Krieg veränderte, lohnt sich <strong>ein</strong> Blick zurück auf<br />
die Situation im Jahr 1914. Hier nun <strong>ein</strong>e Übersicht über die Warenhaus-Konzerne in jenem<br />
Jahr, <strong>ein</strong>geordnet nach der Zahl ihrer Filialen:<br />
Platz Nr.1: Die Knopfs hatten 115 Filialen und Partnerbetriebe:<br />
Ende April 1914 eröffnete Max Knopf <strong>se</strong>in<br />
prächtiges neues Warenhaus-Gebäude in<br />
Karlsruhe. Das vom berühmten Warenhaus-<br />
Architekten Wilhelm Kreis entworfene Haus war<br />
das letzte Warenhaus, das im klassischen Stil der<br />
Konsum-Tempel jener Zeit erbaut wurde. Foto;<br />
Sammlung Serger<br />
- Max Knopf, Karlsruhe, kam in<br />
Süddeutschland, in Elsaß-Lothringen, der<br />
Schweiz und Luxemburg mit Beteiligungen<br />
(„Geschw<strong>ist</strong>er Knopf“, „Hermann Schmoller<br />
& Co.“, „Rudolf Schmoller & Co.“, „Sally<br />
Klopstock“, „Robert Lipsky“) auf 55 Filialen<br />
- Moritz Knopf, Straßburg, gründete in Elsaß-<br />
Lothringen; Baden und der Schweiz 26<br />
Filialen<br />
- Sally Knopf, Freiburg, schaffte es in<br />
Südbaden, der Schweiz und im Rh<strong>ein</strong>land auf<br />
27 Filialen<br />
Albert Knopf, Zürich, eröffnete in der Schweiz<br />
7 Filialen, die me<strong>ist</strong>en im Stadtgebiet von<br />
Zürich.<br />
Platz Nr. 2: Die Firma „S. Wronker & Co.“ mit<br />
Sitz in Mannheim und Frankfurt kam auf 41<br />
Filialen<br />
Platz 3: Die Firma Rudolph <strong>Karstadt</strong> KG, Kiel,<br />
hatte 1914 in Nord- und Ostdeutschland<br />
genau 28 Filialen (ohne Anschlussbetriebe)<br />
Platz 4: Die Firma Leonhard Tietz AG, Köln,<br />
kam bis zum Ersten Weltkrieg auf 22 Filialen in Westdeutschland und Belgien<br />
Platz 5: Die Firma Theodor Althoff, Münster, hat es bis 1914 auf 20 Niederlassungen in<br />
Westdeutschland gebracht.<br />
Platz 6: Die Firma Hermann Tietz oHG, Berlin, hatte zu Beginn des Ersten Weltkriegs 16<br />
Niederlassungen in Nord- und Süddeutschland (München) und im Elsass, davon all<strong>ein</strong> 10 in<br />
Berlin.<br />
Platz 7: Die Firma M. Conitzer & Söhne hatte bis 1914 vor allem in Ostdeutschland bis nach<br />
Ostpreußen 17 Filialen aufgemacht.<br />
Platz 8: Die Firma Schocken hatte 1914 zehn Filialen zu bieten, in Ostdeutschland, aber<br />
auch in Bayern, Baden und Württemberg,<br />
Platz 9: Die Firma Wertheim, Berlin, kam kurz vor dem Ersten Weltkrieg auf acht<br />
Niederlassungen, bis auf Stralsund und Rostock alle in Berlin.<br />
17
Platz 10: Die Firma <strong>Adolf</strong> Jandorf hatte 1914 sieben Warenhäu<strong>se</strong>r, alle in Berlin. 1926<br />
wurde Jandorf vom Warenhaus-Konzern Hermann Tietz übernommen.<br />
Platz 11: Die Firma Messow & Waldschmidt gründete bis 1914 fünf Niederlassungen:<br />
Leipzig, Breslau, Pirna, Zittau und Zeitz.<br />
A propos:<br />
Das Warenhaus A.<br />
Wertheim in Berlin,<br />
Leipziger Straße,<br />
hatte 1914, zum<br />
Zeitpunkt die<strong>se</strong>s<br />
Fotos, mit <strong>se</strong>inen<br />
106.000 qm wohl so<br />
viel Verkaufsfläche<br />
wie alle 100 und<br />
mehr Knopf-Filialen<br />
jener Zeit<br />
zusammen.<br />
Abbildung:<br />
Sammlung Serger<br />
Die „Big Five“ der deutschen Warenhäu<strong>se</strong>r im Jahr 1930<br />
Rund 80 Prozent der deutschen Warenhäu<strong>se</strong>r waren 1930 in jüdischem Besitz – nur in den<br />
USA war der Anteil ähnlich hoch. Von den großen Pari<strong>se</strong>r Warenhäu<strong>se</strong>rn war dagegen nur<br />
die „Galeries Lafayette“ von jüdischen Kaufleuten gegründet worden<br />
Die größten Warenhauskonzerne im Jahr 1930 waren:<br />
1. Rudolph <strong>Karstadt</strong> AG mit 310 Millionen Reichsmark Umsatz und rund<br />
29.000 Angestelltem<br />
Die 1920 zur AG umgewandelte Firma Rudolph <strong>Karstadt</strong> war 1930 mit 89 Filialen, 27<br />
Fabriken und über 29.000 Angestellten Europas größter Warenhauskonzern – und <strong>ist</strong> es als<br />
Galeria Kaufhof <strong>Karstadt</strong> heute noch. Obwohl Gründer Rudolph <strong>Karstadt</strong> (1856-1944) k<strong>ein</strong><br />
Jude war, musste <strong>Karstadt</strong> in der NS-Zeit nach Vorgaben der Nazis „arisiert“ werden: Sechs<br />
Mitglieder des Aufsichtsrats, vier Mitglieder des Vorstands und 47 leitende Angestellte<br />
wurden schon vor dem Boykott jüdischer Firmen am 1. April <strong>1933</strong> entlas<strong>se</strong>n. 1932 war<br />
Rudolph <strong>Karstadt</strong> bereits aus der Unternehmensführung ausgeschieden, nachdem das<br />
Unternehmen während der Weltwirtschaftskri<strong>se</strong> <strong>ein</strong>en dramatischen Absatzrückgang zu<br />
verzeichnen hatte, gleichzeitig die US-Banken die hohen Kredite an <strong>Karstadt</strong> kündigten.<br />
<strong>Karstadt</strong> verlor jede dritte Filiale und Rudolph <strong>Karstadt</strong> <strong>se</strong>lbst, da er mit <strong>se</strong>inem<br />
Privatvermögen haftete, <strong>se</strong>inen gesamten Besitz. In <strong>ein</strong>em Sanierungsplan wurden unter<br />
18
anderem das Aktienkapital herabge<strong>se</strong>tzt, zahlreiche Filialen und Produktionsbetriebe<br />
geschlos<strong>se</strong>n; die Epa AG, die Einheitspreis-Tochter, wurde verkauft.<br />
2. Hermann Tietz oHG mit 280 Millionen RM Umsatz und rund 14.000<br />
Mitarbeitern<br />
Im Jahr 1935 bekam das – nun bereits „arisierte“ - Warenhaus am Jungfernstieg den Namen „Alsterhaus“,<br />
den es heute noch trägt. Gegründet wurde es 1912 unter dem Namen Hermann Tietz von des<strong>se</strong>n Neffen<br />
Oscar Tietz.<br />
Abbildung: Sammlung Serger<br />
Die Firma Hermann Tietz war eigentlich Oscar Tietz (1858-1923). Der Neffe des<br />
Namensgebers war der führende Kopf der deutschen Warenhausszene und organisierte<br />
1903 auch den Widerstand gegen die Anti-Warenhaus-Kampagne der<br />
Mittelstandsver<strong>ein</strong>igungen. <strong>Wie</strong> <strong>Karstadt</strong> war die Firma <strong>1933</strong>/1934 konkursreif. Der<br />
<strong>ein</strong>stige Einkäufer Georg Karg verdrängte die jüdischen Inhaber mit Hilfe der Banken – so<br />
entstand Hertie (<strong>se</strong>it 1994 <strong>Karstadt</strong>).<br />
3. Leonhard Tietz AG mit 190 Million RM Umsatz und 15.000 Beschäftigten<br />
Leonhard Tietz (1849-1914) war der ältere Bruder von Oscar Tietz - und auch der erste, der<br />
1905 <strong>se</strong>ine florierende Warenhauskette in <strong>ein</strong>e Aktienge<strong>se</strong>llschaft umwandelte. Nach<br />
<strong>se</strong>inem Tod führte <strong>se</strong>in Sohn Alfred die Firma sicher durch die Kri<strong>se</strong>n der 20er Jahre. Er<br />
gründete 1926 die “Ehape” Einheitspreis-Handelsge<strong>se</strong>llschaft mbH. 1927 wurde auch die<strong>se</strong><br />
Firma mit damals 21 über das Deutsche Reich von Aachen bis Breslau verteilten<br />
Geschäften in <strong>ein</strong>e AG umgewandelt. Das Unternehmen wuchs durch Übernahmen und<br />
beschäftigte Anfang der 1930er Jahre etwa 15.000 Mitarbeiter an 43 Standorten. Die<br />
„Arisierung“ der Leonhard Tietz AG nach <strong>1933</strong> verlief mit <strong>se</strong>lbst gewählten Nachfolgern<br />
anfangs eher moderat. Die Firma wurde zunächst in Westdeutsche Kaufhof AG (vorm.<br />
Leonhard Tietz AG) geändert, ab 1936 ohne den Zusatz. Die Familie Tietz musste ihre<br />
19
Anteile unter dem Druck des NS-Regimes zu Billigstprei<strong>se</strong>n an die Commerzbank, Deutsche<br />
Bank und Dresdner Bank abgeben – und sich in Sicherheit bringen: Sie floh nach Holland –<br />
und in den Untergrund. Die Firma „Kaufhof“ entschädigte die Erben 1951 mit 5 Millionen.<br />
DM.<br />
4. A. Wertheim AG mit 115 Millionen RM und 11.000 Angestellten<br />
Wertheim – das waren drei Brüder, aber eigentlich war es Georg Wertheim (1857-1939). Er<br />
hatte früh Berlin als Geschäftsfeld gewählt und ab 1894 mit <strong>se</strong>inem Prachtbau an der<br />
Leipziger Straße auch architektonisch <strong>ein</strong>en Meilenst<strong>ein</strong> ge<strong>se</strong>tzt. Um nach <strong>1933</strong> die Firma<br />
vor dem Raubzug der Nazis zu retten, ließ er sich von <strong>se</strong>iner „arischen“ Frau scheiden –<br />
durch Machenschaften ihres 2. Mannes kam es 2004 zum Prozess. <strong>Karstadt</strong>, nun<br />
Nachfolger von Wertheim, musste viel Geld zahlen.<br />
5. Schocken AG mit 88 Million RM Umsatz und 4.200 Mitarbeitern<br />
Schocken – das hieß: beste Qualität zu günstigen Prei<strong>se</strong>n. Dahinter stand Salman Schocken<br />
(1877-1959), der der kühl analysierende Kopf der beiden Brüder Schocken war. Er lenkte<br />
den schnell wach<strong>se</strong>nden Konzern souverän durch die 20er Jahre. In den 1920er-Jahren<br />
entwickelte sich Schocken zu <strong>ein</strong>er der erfolgreichsten Warenhausketten in Deutschland<br />
mit insgesamt 20 Filialen im Jahr 1930. Das innovative Verkaufskonzept (verkauft wurden<br />
nur Waren, die in den eigenen Labors auf ihre Qualität geprüft waren) über<strong>se</strong>tzte der<br />
jüdische Architekt Erich Mendelsohn in <strong>ein</strong>e moderne Architektursprache: stilprägend<br />
<strong>se</strong>ine Warenhäu<strong>se</strong>r in Leipzig, Chemnitz<br />
und in Stuttgart. Salman Schocken konnte<br />
1931 noch zufrieden feststellen: „Un<strong>se</strong>r<br />
Unternehmen <strong>ist</strong> im Gegensatz zu den<br />
me<strong>ist</strong>en anderen Unternehmungen<br />
kaufmännisch und finanziell nur mit dem<br />
eigenen Können aufgebaut worden Wir<br />
haben un<strong>se</strong>ren Konzern nicht vergrößert<br />
mit Hilfe von fremden Geldmitteln. Wir<br />
stehen jetzt vor <strong>ein</strong>er Zeit, wo sich die<strong>se</strong>s<br />
Verfahren bewähren wird.“<br />
Am 15. Mai 1930 wurde in Chemnitz <strong>ein</strong>e Filiale<br />
des Schocken-Konzerns eröffnet. Die Entwürfe<br />
stammten (siehe oben) ebenfalls von Erich<br />
Mendelsohn. Abbildungen: Sammlung Serger<br />
20
Mit der Machtübergabe an die Nationalsozial<strong>ist</strong>en endete jedoch der Erfolg. Salman<br />
Schocken – <strong>se</strong>in Bruder Simon war inzwischen bei <strong>ein</strong>em Autounfall ums Leben gekommen<br />
– emigrierte 1934 nach Palästina, später in die USA. Durch den Verkauf der<br />
Aktienmehrheit an <strong>ein</strong> englisches Konsortium 1936 dachte er, der völligen „Arisierung“ zu<br />
entgehen. Sie kam 1938, aus Schocken wurde „Merkur“.<br />
1950 erhielt Salman Schocken wieder die Aktienmehrheit, er verkaufte sie 1953 mitsamt<br />
<strong>se</strong>iner 11 Warenhäu<strong>se</strong>r an Helmut Horten. Horten, der 1936 das jüdische Warenhaus-<br />
Unternehmen Gebr. Alsberg & Co. „arisiert“ hatte, kaufte in den 50er Jahren die 19<br />
Warenhäu<strong>se</strong>r der Defaka (Deutsches Familien Kaufhaus), expandierte, wurde Milliardär<br />
und zog sich rechtzeitig in den 70er Jahren aus dem Geschäft zurück. S<strong>ein</strong>e in die Kri<strong>se</strong><br />
geratenen Warenhäu<strong>se</strong>r übernahm 1994 Kaufhof.<br />
Das Programm der NSDAP und die Warenhäu<strong>se</strong>r<br />
Auch bereits in den 1920er<br />
Jahren, also noch vor dem<br />
Beginn der<br />
Weltwirtschaftskri<strong>se</strong>, war die<br />
ungewis<strong>se</strong> Zukunft der<br />
Warenhäu<strong>se</strong>r <strong>ein</strong> Thema. So<br />
wies bereits im Januar 1927<br />
„Der freie Angestellte“<br />
(früher Handlungsgehilfen-<br />
Zeitung), die Zeitschrift des<br />
sozialdemokratisch<br />
orientierten Zentralverbands<br />
der Angestellten, auf die<br />
Problematik der beiden<br />
Großkonzerne <strong>Karstadt</strong> und<br />
Hermann Tietz hin:<br />
„In den beiden<br />
bedeutendsten<br />
Warenhauskonzernen Tietz<br />
und <strong>Karstadt</strong> stehen sich zwei<br />
verschiedene Prinzipien<br />
moderner Warenhauspolitik<br />
gegenüber: Tietz als<br />
Großhändler ohne<br />
Eigenproduktion und<br />
<strong>Karstadt</strong> als Großproduzent<br />
und Großhändler zugleich.<br />
Man hatte den <strong>Karstadt</strong>-<br />
Konzern wegen <strong>se</strong>ines<br />
gemischten Systems bis vor<br />
kurzem noch k<strong>ein</strong> günstiges<br />
Das am 24. Februar 1920 von <strong>Adolf</strong> <strong>Hitler</strong> verkündete 25-Punkte-<br />
Programm der NSDAP fordert unter Punkt 16 die<br />
Kommunalisierung der Warenhäu<strong>se</strong>r. Abbildung: h<strong>ist</strong>orischeslexikon-bayerns.de<br />
21
Horoskop gestellt. Warenhäu<strong>se</strong>r mit Eigenproduktion <strong>se</strong>ien sowohl in ihrer Preisgestaltung<br />
wie auch in der Qualität und Auswahl benachteiligt, da sie nicht kaufen können was und<br />
wie es ihnen paßt, und vor allem, wo es ihnen am billigsten zu stehen kommt. Ferner hätte<br />
die<strong>se</strong>s gemischte System auch bei der Kapitalbeschaffung eventuell große Schwierigkeiten<br />
zu überwinden. Das letzte Argument galt vor allem dem <strong>Karstadt</strong>-Konzern, der sich gerade<br />
in der Inflationszeit geradezu sprunghaft ausdehnte. Indes<strong>se</strong>n <strong>ist</strong> das <strong>Karstadt</strong>-Prinzip bis<br />
heute immer noch weiter ausgedehnt worden, ohne Schaden zu nehmen. Die Berliner<br />
werden auch bald Gelegenheit haben, praktisch zu <strong>se</strong>hen. welches System von beiden den<br />
Vorzug verdient, soweit wenigstens der bei solchen Problemen nicht un<strong>wichtig</strong>e<br />
Warenkäufer in Frage kommt: Tietz oder <strong>Karstadt</strong>.“<br />
Die Folgen der Weltwirtschaftskri<strong>se</strong> trafen aber beide hart. Die Banken, nun <strong>se</strong>lber unter<br />
Druck, verloren die Geduld. Die Insolvenz drohte. Eigentlich musste die<strong>se</strong> prekäre<br />
Situation den Verantwortlichen in der NSDAP gefallen, denn die Partei war schon <strong>se</strong>it ihrer<br />
Gründung im Jahr 1920 radikal gegen die Warenhäu<strong>se</strong>r, nicht nur die jüdischen,<br />
<strong>ein</strong>gestellt. Im 25-Punkte-Programm, das <strong>Adolf</strong> <strong>Hitler</strong> am 24. Februar 1920 vor 2.000<br />
Personen im Münchner Hofbräuhaus verkündete, galt Punkt 16 den Warenhäu<strong>se</strong>rn. Er<br />
lautete: „Wir fordern die Schaffung <strong>ein</strong>es gesunden Mittelstandes und <strong>se</strong>iner Erhaltung,<br />
sofortige Kommunalisierung der Groß-Warenhäu<strong>se</strong>r und ihre Vermietung zu billigen<br />
Prei<strong>se</strong>n an kl<strong>ein</strong>e Gewerbetreibende, schärfste Berücksichtigung aller kl<strong>ein</strong>en<br />
Gewerbetreibenden bei Lieferung an den Staat, die Länder oder Gem<strong>ein</strong>den.“<br />
Von der Verkündigung<br />
des NSDAP-Programms<br />
im Februar 1920 gibt es<br />
k<strong>ein</strong>e Fotos. Hier sieht<br />
man <strong>Hitler</strong> bei <strong>ein</strong>er<br />
Partei-Versammlung in<br />
den ersten Jahren. Der<br />
proklamierte Kampf<br />
gegen die Warenhäu<strong>se</strong>r<br />
war für <strong>Hitler</strong> eher<br />
Propaganda, um den<br />
gewerblichen<br />
Mittelstand in die Partei<br />
zu locken. Abbildung:<br />
Rona Picture Library<br />
Nun an der Macht, hätte <strong>Adolf</strong> <strong>Hitler</strong> und <strong>se</strong>ine Regierung alle Möglichkeiten gehabt, die<strong>se</strong><br />
Forderung umzu<strong>se</strong>tzen. Darauf drängten auch die Parteigenos<strong>se</strong>n in den Städten, vor<br />
allem, als sie am 1. April <strong>1933</strong> von Jo<strong>se</strong>ph Goebbels quasi den Auftrag erhielten, alle<br />
jüdischen Warenhäu<strong>se</strong>r (und die me<strong>ist</strong>en Warenhäu<strong>se</strong>r waren ja damals in jüdischem<br />
Besitz) zu boykottieren. Mehr und mehr wurde der Kampf der Nationalsozial<strong>ist</strong>en gegen<br />
die „großkapital<strong>ist</strong>ische“ Betriebsform der Warenhäu<strong>se</strong>r anti<strong>se</strong>mitisch aufgeladen,<br />
ungeduldiger, aggressiver – und glitt damit der Zentrale in Berlin mehr und mehr aus den<br />
Händen.<br />
22
So <strong>sah</strong> sich die Regierung am 8. Juli <strong>1933</strong> veranlasst, folgende Anweisung herauszugeben,<br />
wie sie auch in der „Freiburger Zeitung“ veröffentlicht wurde:<br />
„Vorerst k<strong>ein</strong> Vorgehen gegen die Warenhäu<strong>se</strong>r<br />
Berlin.7. Juli. Eig. Meldung<br />
Die Nationalsozial<strong>ist</strong>ische<br />
Korrespondenz veröffentlicht folgende<br />
parteiamtliche Auslassung:<br />
Die Stellung der NSDAP zur<br />
Warenhausfrage <strong>ist</strong> im<br />
grundsätzlichen nach wie vor<br />
unverändert. Ihre Lösung wird im<br />
Sinne des NSDAP-Programms noch<br />
gefunden werden. Im Hinblick auf die<br />
allgem<strong>ein</strong>e Wirtschaftslage hält die<br />
Parteileitung vorerst <strong>ein</strong> aktives<br />
Vorgehen mit dem Ziele,<br />
Warenhäu<strong>se</strong>r und warenhausähnliche<br />
Betriebe zum Erliegen zu bringen,<br />
nicht für geboten in <strong>ein</strong>er Zeit, da die<br />
nationalsozial<strong>ist</strong>ische Regierung ihre<br />
Hauptaufgabe darin sieht, den<br />
arbeitslo<strong>se</strong>n Volksgenos<strong>se</strong>n zu Arbeit<br />
und Brot zu verhelfen und nicht die<strong>se</strong>r<br />
Aufgabe entgegenzuwirken, indem sie<br />
Arbeitern und Angestellten bei den<br />
Warenhäu<strong>se</strong>rn und den von ihnen<br />
abhängigen Betrieben die<br />
Auch in der Freiburger NSDAP-Zeitung „Der Alemanne“<br />
erschien am 11. Juli <strong>1933</strong> der Aufruf von Rudolf Hess,<br />
die Warenhäu<strong>se</strong>r, auch die jüdischen, von „aktivem<br />
Vorgehen“ zu verschonen. Bis dahin war in fast jeder<br />
Ausgabe des Blatts Aufrufe wie „Kauft nicht bei Juden“<br />
erschienen.<br />
Abbildungen:<br />
Universitätsbibliothek Freiburg<br />
Arbeitsplätze nimmt. Den Gliederungen der NSDAP wird daher untersagt, irgendwelche<br />
Aktionen gegen die Warenhäu<strong>se</strong>r und warenhausähnlichen Betriebe zu unternehmen.<br />
Anderer<strong>se</strong>its <strong>ist</strong> es den Mitgliedern der NSDAP verboten, in Warenhäu<strong>se</strong>r zu gehen.“<br />
Was das letztere Verbot angeht, waren damals schon in etlichen Städten, darunter auch<br />
Freiburg, die Oberbürgerme<strong>ist</strong>er vorangeprescht. Sie untersagten nicht nur den NS-<br />
Parteigenos<strong>se</strong>n den Einkauf in Warenhäu<strong>se</strong>rn, sondern allen Bediensteten in der<br />
Verwaltung – und sorgten auch dafür, dass jüdische Firmen k<strong>ein</strong>e städtischen Aufträge<br />
mehr bekommen. Als Entgegenkommen aus Berlin für die unzufriedenen Warenhaus-<br />
Gegner im NS-Mittelstand sind die Anordnungen zu werten, wonach die<br />
Lebensmittelabteilungen und Restaurants in den Warenhäu<strong>se</strong>rn sowie alle<br />
handwerklichen Abteilungen geschlos<strong>se</strong>n werden müs<strong>se</strong>n.<br />
Doch in der Hauptsache blieb es dabei: Es durften zwar k<strong>ein</strong>e neuen Warenhäu<strong>se</strong>r und<br />
Einheitspreis-Geschäfte mehr eröffnet werden, doch die bestehenden Geschäfte wurden<br />
erstmal nicht angerührt.<br />
23
Die „Arisierung“ von Hermann Tietz und Wertheim<br />
<strong>Wie</strong> es Mitte des Jahres <strong>1933</strong> in Berlin zuging, haben Erica Fischer und Simone Ladwig-<br />
Winters in ihrem 2004 erschienen Buch „Die Wertheims – Geschichte <strong>ein</strong>er Familie“ so<br />
dargestellt:<br />
„Als Kaufleute, die sich im Verband, aber auch allgem<strong>ein</strong> politisch engagierten, standen die<br />
Tietzes (Hermann Tietz, <strong>se</strong>) von Anfang an stärker in der Schusslinie (als die Wertheims,<br />
<strong>se</strong>). Der 1. April <strong>1933</strong> war für sie <strong>ein</strong> Albtraum. ‚Achtung, Lebensgefahr‘, ‚Judas raus‘,<br />
‚Achtung Itzig‘, ‚Auf nach Palästina‘ und ‚Juden nach Jerusalem‘ war mit brauner Farbe auf<br />
Tietz-Scheiben gepin<strong>se</strong>lt worden. Vor manchen Häu<strong>se</strong>rn kam es zu blutigen<br />
Zusammenstößen.<br />
Am Alexanderplatz in Berlin hatte der Warenhaus-Konzern Hermann<br />
Tietz <strong>se</strong>it 1904 <strong>ein</strong> Warenhaus, das über die Jahrzehnte durch<br />
Anbauten immer größer wurde. Nach und nach eröffnete die Firma in<br />
der Reichshauptstadt zehn Warenhäu<strong>se</strong>r und verfügte damit in Berlin<br />
im Jahr <strong>1933</strong> über die größte Verkaufsfläche.<br />
Fotos: Sammlung Serger, rechts: aus Georg Tietz: Hermann Tietz –<br />
Geschichte <strong>ein</strong>er Familie und ihrer Warenhäu<strong>se</strong>r, DVA Stuttgart, 1966<br />
Der Gründer des Warenhaus-<br />
Konzerns Hermann Tietz war Oscar<br />
Tietz (1858-1923). Als Gründer und<br />
Vorsitzender des Verbands<br />
Deutscher Waren- und Kaufhäu<strong>se</strong>r<br />
bestimmte er <strong>se</strong>it 1903 auch den<br />
Kurs in der Branche.<br />
Anders als Wertheim hatte die Firma Hermann Tietz viele Filialen in der Provinz, die<br />
we<strong>se</strong>ntlich härter von Übergriffen betroffen waren. Wegen der größeren sozialen<br />
Kontrolle konnte der Boykott in kl<strong>ein</strong>eren Städten leichter durchge<strong>se</strong>tzt werden.<br />
Die Firma Wertheim hatte im April <strong>1933</strong> k<strong>ein</strong>e Umsatz<strong>ein</strong>bußen zu verzeichnen.<br />
Offensichtlich befolgten die Kunden den staatlich organisierten Boykott k<strong>ein</strong>eswegs zur<br />
Gänze, in Berlin soll es sogar zu Solidarität<strong>se</strong>inkäufen in jüdischen Geschäften gekommen<br />
<strong>se</strong>in.“<br />
Bereits im späten Frühjahr <strong>1933</strong> mehrten sich die Anzeichen, dass das<br />
Warenhausunternehmen Hermann Tietz in <strong>ein</strong>e bedrohliche Liquiditätskri<strong>se</strong> geraten war:<br />
wiederholt konnten ausstehende Gelder an Lieferanten nicht gezahlt werden und die<br />
Hausbanken weigerten sich, weitere Kredite zu gewähren. Am 23. Juni <strong>1933</strong> beschäftigte<br />
sich das Reichskabinett mit der prekären Situation des jüdischen Unternehmens.<br />
24
Außerhalb der Tagesordnung legte Min<strong>ist</strong>erialdirektor Dr. Reichard vom<br />
Reichswirtschaftsmin<strong>ist</strong>erium dem Kabinett in „ungeschminkten Worten“ die Situation<br />
dar. Er verwies auf die volkswirtschaftliche Bedeutung des Konzerns, der im Jahr 1932 12,5<br />
Millionen RM Steuern und 2 Millionen Sozialabgaben gezahlt hatte. Reichard holte aber<br />
noch weiter aus: Die Bankverbindlichkeiten der mehr als 600 Warenhäu<strong>se</strong>r im Reich, die<br />
insgesamt bis 70.000 Angestellte und Arbeiter beschäftigten, betrügen rund 750 Millionen<br />
RM. Wenn Hermann Tietz in Konkurs gehe, würden viele andere Warenhausunternehmen<br />
folgen. Deshalb halte er es für geboten, Hermann Tietz <strong>ein</strong>en Kredit von 11 Millionen RM<br />
zu gewähren. Ausreichende Sicherheiten <strong>se</strong>ien vorhanden. Fällig <strong>se</strong>i aber auf jeden Fall<br />
<strong>ein</strong>e Erklärung der Reichsregierung, dass nicht beabsichtigt <strong>se</strong>i, die Warenhäu<strong>se</strong>r zu<br />
zerschlagen.<br />
In <strong>ein</strong>er weiteren Sitzung des Reichskabinetts am 4. Juli trat auch der neue<br />
Reichswirtschaftsmin<strong>ist</strong>er Kurt Schmitt für den Kredit <strong>ein</strong>. Zwar <strong>se</strong>i die Kri<strong>se</strong> des Tietz-<br />
Konzerns durch „falsche Dispositionen der letzten zehn Jahre“ entstanden, aber nun auch<br />
durch die politische Entwicklung verstärkt worden. Man solle den Banken, vornehmlich<br />
der Akzeptbank, „die wirtschaftlich vertretbare Sanierung“ gestatten, wenn nicht<br />
besondere politische Gründe dagegensprächen. Gegen Schmitts Vorschlag regte sich, so<br />
liest man im „<strong>Karstadt</strong>“-Buch von Rudolf Lenz, „k<strong>ein</strong> Widerstand, auch <strong>Hitler</strong> schloss sich<br />
die<strong>se</strong>r Auffassung an, wenn auch mit der salvatorischen Einlassung ‚ohne Beteiligung des<br />
Reiches‘“.<br />
Im Jahr 1900 eröffnete Oscar Tietz in der Leipziger Straße, nur wenige<br />
hundert Meter vom großen Konkurrenten Wertheim entfernt, <strong>se</strong>in<br />
erstes Warenhaus in Berlin. Keck ließ er auf das Hauptportal <strong>ein</strong>e<br />
Weltkugel mit <strong>se</strong>inem Namen <strong>se</strong>tzen (links). Un<strong>se</strong>r großes Foto<br />
stammt schon aus den Jahren nach 1935, als nach der „Arisierung“<br />
durch Georg Karg und die Banken Hermann Tietz in „Hertie“ verkürzt<br />
wurde. Abbildungen: Sammlung Serger<br />
25
Man muss sich das vorstellen: Im Deutschen Reich wüteten <strong>Hitler</strong>s Parteigenos<strong>se</strong>n gegen<br />
die Warenhäu<strong>se</strong>r, riefen zum Boykott auf, stellten SA-Posten vor die Eingänge,<br />
denunzierten im „Stürmer“ und anderen NS-Organen Leute, die noch in den<br />
Warenhäu<strong>se</strong>rn <strong>ein</strong>kauften – und in Berlin gewährt ihr großer Führer den Großkapital<strong>ist</strong>en<br />
Millionenkredite, ohne die gerade Hermann Tietz und, wie wir später <strong>se</strong>hen werden, auch<br />
<strong>Karstadt</strong> nicht überlebt hätten.<br />
Ebenso wenig wie dem Staat war den deutschen Großbanken an <strong>ein</strong>er Liquidierung der<br />
Warenhäu<strong>se</strong>r gelegen. Im Fall von Hermann Tietz wären auf <strong>ein</strong>en Schlag Warenkredite im<br />
Wert von 150 Millionen RM fällig geworden. Für die Banken wäre damit nicht nur <strong>ein</strong>e<br />
lukrative Einnahmequelle versiegt, sondern auch <strong>ein</strong>e ernste Kri<strong>se</strong> entstanden.<br />
Die<strong>se</strong>r Entscheidung vorausgegangen war bei Hermann Tietz allerdings die Gründung <strong>ein</strong>er<br />
neuen Ge<strong>se</strong>llschaft unter dem Namen ‚Hertie Kaufhaus-Beteiligungsge<strong>se</strong>llschaft‘. Die<br />
beiden Hauptge<strong>se</strong>llschafter waren der frühere Leiter des Textil<strong>ein</strong>kaufs von Hermann<br />
Tietz, Georg Karg, und Helmuth Friedel, zu dem nichts Näheres bekannt <strong>ist</strong>. Weder Karg<br />
noch Friedel standen in <strong>ein</strong>em Vertrauensverhältnis zur Familie Tietz.<br />
Georg Tietz, der Sohn von Oscar<br />
Tietz, wurde wie <strong>se</strong>in Bruder Martin<br />
1934 aus dem Warenhaus-Konzern<br />
hinausgedrängt. Abbildung: aus<br />
Georg Tietz: Hermann Tietz –<br />
Geschichte <strong>ein</strong>er Familie und ihrer<br />
Warenhäu<strong>se</strong>r, DVA Stuttgart, 1966<br />
Aus Hermann Tietz wurde nach 1935 auch bei der Berliner Filiale in<br />
der Frankfurter Allee der Firmenname „Hertie“. Abbildung:<br />
Sammlung Serger<br />
Mit <strong>ein</strong>er Eigenbeteiligung von jeweils nur 50.000<br />
Reichsmark gelang es ihnen, <strong>wichtig</strong>e Positionen in der<br />
Unternehmensleitung <strong>ein</strong>zunehmen. Zum „Zwecke der Gleichschaltung“, also „zum<br />
Zwecke der Herstellung <strong>ein</strong>es arischen Übergewichts und der Beschaffung <strong>ein</strong>es<br />
langfr<strong>ist</strong>igen Kredits“, mussten sie auf Druck der Banken in die Geschäftsführung<br />
aufgenommen werden. Karg und Friedel wurden zu Garanten der Interes<strong>se</strong>n der<br />
deutschen Großbanken in der Firmenspitze.<br />
Mit dem neuen Ge<strong>se</strong>llschaftsvertrag (vom 29.7.<strong>1933</strong> zwischen der Hermann Tietz OHG und<br />
Hertie) musste <strong>ein</strong>er der bisherigen Geschäftsführer, der zur Familie gehörende Hugo<br />
Zwillenberg, aus dem Unternehmen ausscheiden. Ein Jahr später folgten ihm nach<br />
26
massivem Druck <strong>se</strong>ine Schwager, die noch verbliebenen Geschäftsführer Georg und Martin<br />
Tietz. Sie waren so lange gehalten worden, bis die gesamte Vermögenssituation des<br />
Unternehmens und <strong>se</strong>iner Anteil<strong>se</strong>igner geklärt war.<br />
Die Familie Tietz musste sich von ihrem Vermögen trennen und erhielt <strong>ein</strong>en Bruchteil<br />
des<strong>se</strong>n, was das Unternehmen und <strong>se</strong>ine Grundstücke wert waren. Die Hertie-<br />
Beteiligungsge<strong>se</strong>llschaft unter Leitung von Georg Karg übernahm im Einvernehmen mit<br />
den Großbanken, im We<strong>se</strong>ntlichen der Dresdner Bank und der Deutschen Bank, die<br />
Hauptverantwortung in der Geschäftsführung. Das Unternehmen wurde als ‚deutsch‘<br />
anerkannt, da Inhaber und Geschäftsführer als ‚arisch‘ galten. Der <strong>ein</strong>geführte Name<br />
Hermann Tietz wurde nun der breiten Öffentlichkeit als ‚Hertie‘ bekannt gemacht. Die<br />
Kon<strong>se</strong>quenz: Ende August <strong>1933</strong> wurden bei Hermann Tietz 500 „nichtarische“ Mitarbeiter<br />
entlas<strong>se</strong>n.“<br />
Das Warenhaus A.Wertheim am Beginn der Leipziger<br />
Straße in Berlin auf <strong>ein</strong>em Foto aus dem Jahr 1930.<br />
Gebaut wurde es nach Entwürfen des Architekten Alfred<br />
Mes<strong>se</strong>l von 1897 an in mehreren Abschnitten. Berühmt<br />
war es nicht nur wegen der Fassade, sondern auch<br />
wegen mehrerer Lichthöfe im Innern, die wegwei<strong>se</strong>nd<br />
wurden für den Bau von Warenhäu<strong>se</strong>rn bis zum Ersten<br />
Weltkrieg. Hier der Brunnen-Lichthof. Abbildungen:<br />
Sammlung Serger<br />
Im eigentlich jüdischen Warenhaus Wertheim gab es<br />
<strong>1933</strong> nicht <strong>ein</strong>mal zwei Prozent jüdische Angestellte,<br />
we<strong>se</strong>ntlich weniger als bei Tietz – und doch<br />
bemühte sich Wertheim nach der Machtübergabe<br />
an <strong>Hitler</strong>, „nichtarisches Personal“ schnell<br />
systematisch abzubauen. Auslaufende Verträge<br />
wurden nicht erneuert.<br />
Auch sonst versuchte man bei Wertheim, durch<br />
Anpassung dem Schicksal der Firma Hermann Tietz<br />
27
Georg Wertheim (1857-1939)<br />
versuchte nach <strong>1933</strong> alles, um <strong>se</strong>ine<br />
Warenhäu<strong>se</strong>r vor der Enteignung<br />
durch die Nazis zu bewahren – er ließ<br />
sich sogar von <strong>se</strong>iner „arischen“<br />
Ehefrau scheiden. Doch letztlich half<br />
das alles nichts: 1937 musste er <strong>se</strong>ine<br />
Firma verlas<strong>se</strong>n. Rechts zu <strong>se</strong>hen zwei<br />
der Wertheim-Warenhäu<strong>se</strong>r: das<br />
1913 eröffnete Warenhaus am<br />
Moritzplatz in Berlin, das andere in<br />
Breslau. Es war der letzte Neubau von<br />
Wertheim, wobei der Schocken-<br />
Architekt Erich Mendelsohn deutlich<br />
als Vorbild diente Abbildung:<br />
wikipedia.org, Sammlung Serger<br />
zu entgehen. Und vorerst schien die Rechnung aufzugehen. Als am ‚Tag der nationalen<br />
Arbeit‘ am 1. Mai <strong>1933</strong> über dem Warenhaus Wertheim die Hakenkreuzfahne wehrte, fand<br />
NS-Zeitschrift „Die Wahrheit“ dies auf <strong>ein</strong>mal „anerkennenswert“. Im Gegensatz zum<br />
Konkurrenten Tietz <strong>se</strong>i Georg Wertheim <strong>ein</strong> „wirklich vornehmer Kaufmann, wie er bes<strong>se</strong>r<br />
in chr<strong>ist</strong>lichen Krei<strong>se</strong>n nicht gefunden werden kann“.<br />
Dennoch wurde die Firma Wertheim 1935 als „r<strong>ein</strong> jüdisch“ <strong>ein</strong>gestuft. 1937 kam die<br />
Enteignung durch die Nationalsozial<strong>ist</strong>en. Zum 1. Januar 1937 schied Georg Wertheim aus<br />
dem Unternehmen aus. Die Firma wurde in Allgem<strong>ein</strong>e Warenhandels-Ge<strong>se</strong>llschaft<br />
(AWAG) geändert und das Unternehmen für „deutsch“ erklärt. Georg Wertheim starb am<br />
31. Dezember 1939 in Berlin an <strong>ein</strong>er Lungenentzündung.<br />
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die AWAG in der DDR 1949 enteignet, in der<br />
Bundesrepublik kaufte der weiterhin von dem umtriebigen Georg Karg geführte Hertie<br />
Konzern 1951 die Mehrheit der Anteile und führte den Betrieb unter dem Namen<br />
Wertheim weiter. Den Angehörigen der Familie Wertheim in den USA hatte Arthur<br />
Lindgens, der 2. Ehemann der Gattin von Georg Wertheim, zuvor durch falsche Angaben<br />
gegen 40.000 DM alle Ansprüche auf die an Hertie verkauften Aktien abgeluchst.<br />
28
Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs, mit der Teilung Deutschlands, wurden die<br />
Wertheim-Warenhäu<strong>se</strong>r durch die sowjetische Besatzungsmacht übernommen und später<br />
Volk<strong>se</strong>igentum, mit Ausnahme des Hau<strong>se</strong>s am Moritzplatz im Amerikanischen Sektor in<br />
West-Berlin. Die Firma <strong>Karstadt</strong>/Quelle versuchte nach der <strong>Wie</strong>derver<strong>ein</strong>igung, sich als<br />
Rechtsnachfolgerin von Wertheim die Grundstücke in Ostberlin zu sichern, musste aber<br />
den älteren Ansprüchen der in die USA geflohenen Familie Wertheim nachgeben und nach<br />
diver<strong>se</strong>n Gerichtsverfahren an die<strong>se</strong> 88 Millionen Euro bezahlen, um die Immobilien<br />
behalten zu können.<br />
Auch <strong>Karstadt</strong> wurde <strong>1933</strong> „arisiert“ – und das von sich aus<br />
Ein Werbeplakat von <strong>Karstadt</strong> aus dem Jahr 1939 für<br />
das Rie<strong>se</strong>nwarenhaus am Hermannplatz. Abbildung:<br />
aus Adam Birgit: Alles, was das Herz begehrt,<br />
Gerstenberg Verlag Hildesheim 2012<br />
Hermann Schöndorff war in den 20er Jahren<br />
unumschränkter Herrscher im <strong>Karstadt</strong>-<br />
Konzern. Er <strong>se</strong>tzte alles auf Expansion – und<br />
führte damit den Konzern 1930 in die größte<br />
Kri<strong>se</strong> der Geschichte. Abbildung: aus Rudolf<br />
Lenz Rudolf - <strong>Karstadt</strong>, <strong>ein</strong> deutscher<br />
Warenhauskonzern 1920-1950, DVA Stuttgart<br />
1995<br />
<strong>Karstadt</strong> hatte in den 1920er Jahren unter<br />
dem damaligen jüdischen Geschäftsführer<br />
Hermann Schöndorff in jegliche Richtung<br />
expandiert. Ein besonderes Beispiel der Gigantomanie war der Neubau am Hermannplatz<br />
in Berlin. Zur Zeit <strong>se</strong>iner Errichtung im Jahr 1929 gehörte das „<strong>Karstadt</strong> Hermannplatz“ mit<br />
72.000 Quadratmetern und sieben Geschos<strong>se</strong>n zu den größten Warenhäu<strong>se</strong>rn in Europa.<br />
Über das Rie<strong>se</strong>ngebäude erhoben sich zwei Türme, die von 15 Meter hohen Lichtsäulen<br />
gekrönt waren und nachts über zig Kilometer zu <strong>se</strong>hen waren. 24 Rolltreppen verbanden<br />
die Etagen.<br />
Das <strong>Karstadt</strong>-Haus erinnerte mit <strong>se</strong>iner Muschelkalkfassade und <strong>se</strong>iner vertikalen<br />
Gliederung stark an die mondänen Wolkenkratzer New Yorks. Es verfügte als erstes<br />
Kaufhaus Europas über <strong>ein</strong>en unterirdischen U-Bahn-Zugang. Neben dem reichhaltigen<br />
Warenangebot bege<strong>ist</strong>erte auch der 4.000 Quadratmeter große Dachgarten, wo jeden<br />
29
Nachmittag Musikkapellen aufspielten. Ende des Zweiten Weltkriegs wurden Teile des<br />
Gebäudes durch die SS bewusst zerstört (sie wollte ihr Lager nicht den Rus<strong>se</strong>n überlas<strong>se</strong>n)<br />
und ab 1950 – wenn auch nicht vollständig – sukzessive wiederaufgebaut. Derzeit wird in<br />
Berlin heftig diskutiert, ob an der<strong>se</strong>lben Stelle nach Plänen von Star-Architekt David<br />
Chipperfield wieder <strong>ein</strong> Neubau entstehen soll, der sich optisch <strong>se</strong>hr stark an das Vorbild<br />
von 1929 anlehnt.<br />
Die Firmenzentrale von Theodor Althoff in Es<strong>se</strong>n wurde nach dem<br />
Zweiten Weltkrieg auch die Firmenzentral der Rudolph <strong>Karstadt</strong><br />
AG. Ansichtskarte vom Warenhaus Althoff, die 1915 gelaufen <strong>ist</strong>.<br />
Abbildung: Sammlung Serger<br />
Wenn heute Galeria <strong>Karstadt</strong> Kaufhof die <strong>ein</strong>zige noch<br />
bestehende große Warenhaus-Kette in Deutschland <strong>ist</strong>,<br />
so hat die<strong>se</strong> Entwicklung – die Übernahme und<br />
Konzentration anderer Warenhausfirmen durch<br />
<strong>Karstadt</strong> – schon vor genau 100 Jahren begonnen. Da<br />
schloss sich Theodor Althoff aus Münster mit <strong>se</strong>inen 20<br />
Warenhäu<strong>se</strong>rn mit Rudolph <strong>Karstadt</strong> zusammen, der<br />
die<strong>se</strong> Fusion in die neue <strong>Karstadt</strong> AG <strong>ein</strong>brachte. Am 1.<br />
Noch 1931 war Theodor Althoff <strong>ein</strong>e<br />
Figur, mit der man für das In<strong>se</strong>rieren<br />
in der Zeitung werben konnte – wie<br />
es hier die „Freiburger Zeitung“ tat.<br />
Abbildung: Universitätsbibliothek<br />
Freiburg<br />
Januar 1927 schluckte <strong>Karstadt</strong> den größten Teil der jüdischen Hamburger Firma M.J.<br />
Emden Söhne, was dem Konzern weitere 19 Warenhäu<strong>se</strong>r in Norddeutschland <strong>ein</strong>brachte,<br />
aber auch das renommierte Warenhaus Oberpollinger in München.<br />
Fatal für <strong>Karstadt</strong> und vor allem für den Firmengründer Rudolph <strong>Karstadt</strong> und die me<strong>ist</strong>en<br />
Vorstandsmitglieder jener Jahre wirkte sich die Übernahme der Lindemann & Co. AG aus.<br />
Sie brachte 15 Filialen in Nord- und Ostdeutschland mit <strong>ein</strong>em Jahresumsatz von 56<br />
Millionen RM (<strong>Karstadt</strong> <strong>se</strong>tzte damals rund 275 Millionen RM im Jahr um) mit. Das 1882 in<br />
Potsdam in kl<strong>ein</strong>sten Anfängen unter dem Namen F. Schwarz gegründete Unternehmen<br />
schloss sich 1910 mit Leopold Lindemann zusammen, der damals schon Warenhäu<strong>se</strong>r in<br />
Spandau, Bremerhaven und Hamburg betrieb. 1922 wurde das Unternehmen unter dem<br />
Namen „Lindemann & Co.“ in <strong>ein</strong>e Aktienge<strong>se</strong>llschaft umgewandelt. Als im Juni 1930 am<br />
Ur-Standort in Potsdam <strong>Karstadt</strong> die Erweiterung des alten Lindemann-Jugendstilgebäudes<br />
feierte, ballten sich über <strong>Karstadt</strong> schon die dunklen Wolken. Die Folgen der bis zuletzt<br />
30
Am 16. März 1929 berichtete die „Karlsruher<br />
Zeitung“ über die Übernahme des Warenhaus-<br />
Konzerns Lindemann und <strong>se</strong>iner 17 Filialen durch<br />
die Rudolph <strong>Karstadt</strong> AG. Auch das Lindemann-<br />
Warenhaus in Hannover gehörte dazu.<br />
Abbildungen: Sammlung Serger<br />
ungebremsten Expansion des <strong>Karstadt</strong>-<br />
Geschäftsführers Schöndorff brachten den Konzern an<br />
den Rand des Ruins – und Schöndorff auf Drängen der<br />
Banken im Juni 1931 zu Fall.<br />
Bei der Übernahme von Lindemann hatte der<br />
<strong>Karstadt</strong>-Vorstand der Familie Lindemann im April<br />
1929 rund 20 Prozent des Aktienkapitals der Rudolph<br />
<strong>Karstadt</strong> AG als Kaufpreis überlas<strong>se</strong>n, das damals fast<br />
20 Millionen RM wert war. Rudolf Lenz in <strong>se</strong>inem<br />
19195 erschienenen „<strong>Karstadt</strong>“-Buch: „Da die Besitzer<br />
der Lindemann Gruppe k<strong>ein</strong>erlei Risiken bei der<br />
Übernahme der <strong>Karstadt</strong>-Aktien <strong>ein</strong>gehen wollten,<br />
handelten sie <strong>ein</strong>e Kursgarantie von 210 % aus, was<br />
bedeutete, daß der <strong>Karstadt</strong>-Vorstand, der<br />
<strong>ein</strong>schließlich Paul Lindenmann (der in den Vorstand<br />
aufgenommen wurde, <strong>se</strong>) die<strong>se</strong> Garantie übernommen<br />
hatte, jederzeit bereit <strong>se</strong>in mußte, bei <strong>ein</strong>em<br />
Kursverfall unter 210 die den ehemaligen Inhabern der<br />
Lindemann AG übergebenen <strong>Karstadt</strong>-Aktien ‚ganz<br />
Rudolph <strong>Karstadt</strong> (1856-1944) verlor<br />
durch die fatalen Abmachungen des<br />
Vertrags mit der Lindemann-Familie fast<br />
<strong>se</strong>in ganzes Vermögen. Er zog sich aus<br />
dem Unternehmen zurück, blieb aber<br />
noch bis zu <strong>se</strong>inem Tod im Aufsichtsrat.<br />
Abbildung: wikipedia.org<br />
31
oder teilwei<strong>se</strong>‘ zu 210 % zurückzukaufen.“ Und genau die<strong>se</strong>r Fall trat bereits <strong>ein</strong> Jahr<br />
später <strong>ein</strong> – und die Mitglieder des Vorstandes mussten, bis auf <strong>ein</strong>en, dafür haften. Um<br />
sie nicht völlig zu ruinieren, gab <strong>Karstadt</strong> den Lindemanns u.a. das Warenhaus in Spandau<br />
zurück.<br />
„Tietz, Wertheim, <strong>Karstadt</strong> – jedes Warenhaus, tau<strong>se</strong>nd vernichtete<br />
Ex<strong>ist</strong>enzen des Mittelstands“: Karikatur in der Ausgabe vom 2. März<br />
1932 in der Karlsruher NS-Zeitung „Der Führer“.<br />
noch mit rund 60 Millionen in der Kreide) auf <strong>ein</strong>en Deal <strong>ein</strong>igen musste.<br />
Obwohl <strong>Karstadt</strong> 1932<br />
schon 32 unrentable Filialen<br />
geschlos<strong>se</strong>n und fast alle<br />
Produktionsstätten<br />
aufgegeben hatte, wurde<br />
die finanzielle Situation des<br />
Konzerns so brenzlig, dass<br />
sie die staatliche<br />
Akzeptbank um <strong>ein</strong>en Kredit<br />
bitten musste (die<br />
Hausbanken wollten nun<br />
nicht mehr). Am 1. August<br />
1932 bewilligte die<br />
Akzeptbank <strong>ein</strong>en Kredit<br />
über 25 Millionen RM. Das<br />
erhielt <strong>Karstadt</strong> am Leben –<br />
bis die nächste Kri<strong>se</strong> kam.<br />
Denn es wurde immer<br />
deutlicher, dass die<br />
Aktionäre den Hauptanteil<br />
an der Sanierung zu tragen<br />
haben und man sich mit den<br />
amerikanischen Gläubigern<br />
(<strong>Karstadt</strong> stand bei ihnen<br />
Als die NSDAP Ende Januar <strong>1933</strong> an die Macht kam, befand sich <strong>Karstadt</strong> erneut in <strong>ein</strong>er<br />
höchst gefährlichen Lage. Es war klar, dass der Konzern <strong>ein</strong>en weiteren Kredit benötigte,<br />
um über die Runden zu kommen. Auch jetzt kam dafür nur die staatliche Akzeptbank in<br />
Frage. Zuerst aber ging es dem <strong>Karstadt</strong>-Vorstand darum, mit der NS-Parteiführung <strong>ein</strong><br />
Arrangement herbeizuführen, dass die <strong>Karstadt</strong>-Warenhäu<strong>se</strong>r vom geplanten Boykott der<br />
Warenhäu<strong>se</strong>r am 1. April <strong>1933</strong> ausgenommen werden. Die<strong>se</strong> Zusage machte die Partei<br />
jedoch von der weitgehenden Entlassung der jüdischen Angestellten abhängig. <strong>Karstadt</strong><br />
sagte dies zu – und wurde am 1. April <strong>1933</strong> in aller Regel verschont.<br />
Rudolf Lenz, der die <strong>Karstadt</strong>-Geschichte aufgearbeitet hat, stellt fest, dass bei <strong>Karstadt</strong> im<br />
März <strong>1933</strong> „allerdings auch innerhalb des Unternehmens Forderungen nach <strong>ein</strong>er<br />
weitgehenden Entfernung der jüdischen Mitarbeiter laut“ wurden: „Weniger der Zwang<br />
der Verhältnis<strong>se</strong> als vielmehr Opportunismus und Eigennutz dürften die Motivation für <strong>ein</strong><br />
derartiges Verhalten gewe<strong>se</strong>n <strong>se</strong>in. Möglicherwei<strong>se</strong> rechneten <strong>ein</strong>ige Angestellte nach<br />
dem Ausscheiden der jüdischen Kollegen mit entsprechend bes<strong>se</strong>ren Aufstiegschancen für<br />
sich <strong>se</strong>lbst.“ Für Lenz war dies „<strong>ein</strong> in der deutschen Warenhausgeschichte ebenso<br />
32
edrückender wie singulärer Vorgang, der in k<strong>ein</strong>em der übrigen Warenhausgroßbetriebe<br />
für die<strong>se</strong>n Zeitraum <strong>ein</strong>e Entsprechung gefunden hat“.<br />
Schon am 2. April <strong>1933</strong> meldeten die Zeitung, dass der <strong>Karstadt</strong>-Konzern nun <strong>ein</strong> „r<strong>ein</strong><br />
chr<strong>ist</strong>liches Unternehmen“ geworden war. Jede Ausgabe der Unternehmenszeitschrift<br />
brachte von nun an <strong>ein</strong> <strong>Hitler</strong>-Zitat. Die <strong>Karstadt</strong> AG entließ 830 jüdische Angestellte,<br />
darunter vier Vorstandsmitglieder und 47 Geschäftsführer (die danach me<strong>ist</strong> mit Erfolg<br />
ihre Rechte <strong>ein</strong>klagten).<br />
Im März <strong>1933</strong> war <strong>Karstadt</strong> insolvent und das Ende nahe<br />
In Hamburg hatte <strong>Karstadt</strong> <strong>1933</strong> mehrere Warenhäu<strong>se</strong>r, darunter das<br />
große in der Mönckebergstraße und das auch architektonisch<br />
be<strong>ein</strong>druckende in Hamburg-Barmbeck auf die<strong>se</strong>m Foto aus den 20er<br />
Jahren.<br />
Abbildung: Sammlung Serger<br />
Während die Parteibasis<br />
und <strong>ein</strong>zelne Verbände<br />
ihren Kampf gegen die<br />
Warenhäu<strong>se</strong>r führten, <strong>sah</strong><br />
sich das Kabinett <strong>Hitler</strong>, so<br />
Lenz, „mit <strong>ein</strong>em äußerst<br />
problematischen<br />
Sachverhalt konfrontiert:<br />
die Rudolph <strong>Karstadt</strong> AG<br />
war zahlungsunfähig.“ Man<br />
schrieb den 31. März <strong>1933</strong>,<br />
als das Unternehmen nicht<br />
mehr in der Lage war, ihren<br />
fälligen kurzfr<strong>ist</strong>igen<br />
Lieferantenverpflichtungen<br />
nachzukommen.<br />
Was dann passierte,<br />
berichtet Rudolf Lenz im<br />
Detail: „Unter Punkt 6 –<br />
außerhalb der offiziellen<br />
Tagesordnung – diskutierte<br />
das Kabinett am 31. März<br />
unter dem Vorsitz des<br />
Reichskanzlers ab 12 Uhr<br />
mittags in der Reichskanzlei<br />
die Frage der ‚Kredithingabe<br />
an den <strong>Karstadt</strong>konzern‘.<br />
Staats<strong>se</strong>kretär Dr. Paul Bang vom Reichswirtschaftsmin<strong>ist</strong>erium stellte ‚die Frage, ob dem<br />
<strong>Karstadt</strong>konzern <strong>ein</strong> weiterer Kredit von 1 ½ Millionen RM gegeben werden könne. Die<br />
Verschuldung des Konzerns betrage 154 Millionen RM. Wenn der Kredit nicht gewährt<br />
werden könne, dann müßte der Betrieb am morgigen Tag geschlos<strong>se</strong>n werden. Es <strong>se</strong>ien<br />
13.000 Lieferantenforderungen fällig, hierunter 5.000 bis 6.000 aus Mittelstandskrei<strong>se</strong>n.<br />
Der Konzern beschäftige über 20.000 Angestellte und Arbeiter. Der Zusammenbruch<br />
müs<strong>se</strong> im Augenblick vermieden werden.‘ In <strong>ein</strong>er nur kurzen Replik erklärte <strong>Hitler</strong>, ‚daß<br />
die Darlehnshingabe nicht zu verantworten <strong>se</strong>i, wenn nicht die Frage der<br />
33
Warenhausbetriebe, die Zehntau<strong>se</strong>nde von Geschäften zugrunde richte, geklärt würde.<br />
Der jetzige Zustand <strong>se</strong>i auf die Dauer nicht zu halten.“<br />
<strong>Hitler</strong> bei <strong>se</strong>iner ersten Rundfunkansprache an das Deutsche Volk als<br />
Reichskanzler am 1. Februar <strong>1933</strong>. Foto: Süddeutsche Zeitung<br />
<strong>Hitler</strong> wollte die Entscheidung<br />
vertagen. Das <strong>se</strong>i nicht<br />
möglich, hielt Bang entgegen,<br />
worauf sich <strong>Hitler</strong> ‚unter<br />
die<strong>se</strong>n Umständen mit der<br />
Darlehenshingabe<br />
<strong>ein</strong>verstanden‘ erklärte. Das<br />
Reichskabinett stimmte<br />
ebenfalls zu. Lenz: „Damit<br />
wurde der Grundst<strong>ein</strong> für die<br />
erfolgreiche Sanierung gelegt“.<br />
Nichts davon drang danach in<br />
die Öffentlichkeit, die Pres<strong>se</strong><br />
berichtete nicht darüber, auch<br />
intern informierten weder die<br />
Geschäftsberichte noch die<br />
Protokolle des Aufsichtsrats<br />
von <strong>Karstadt</strong> über die<strong>se</strong><br />
Stützungsaktion des Reiches. Es darf aber vermutet werden, dass die so schnell vollzogene<br />
„Arisierung“ bei <strong>Karstadt</strong> <strong>Hitler</strong> die<strong>se</strong> Entscheidung erleichtert hat.<br />
Am 17. Juli <strong>1933</strong> trat der Kreditausschuss der Akzeptbank zusammen und erteilte dem<br />
Vorstand des Instituts die Genehmigung, sich an dem von <strong>ein</strong>em Bankenkonsortium<br />
zusammengestellten Kredit von 14,5 Millionen RM unter Anrechnung des bereits von der<br />
Akzeptbank gegebenen Überbrückungskredits von 1,5 Millionen zu beteiligen. Mit der<br />
Rettung von <strong>Karstadt</strong> und später von Hermann Tietz bewies die Reichsregierung um <strong>Adolf</strong><br />
<strong>Hitler</strong>, dass ihr die Erfüllung des Parteiprogramms von 1920 weit weniger <strong>wichtig</strong> war als<br />
die Erhaltung volkswirtschaftlich <strong>wichtig</strong>er Unternehmen. <strong>Karstadt</strong> und Hermann Tietz<br />
waren zu jener Zeit nach heutigen Begriffen „systemrelevant“<br />
<strong>Karstadt</strong> – immer mehr <strong>ein</strong>e Geschichte von Kri<strong>se</strong>n<br />
Mit die<strong>se</strong>r Hilfe des Staats konnte sich <strong>Karstadt</strong> in den Jahren bis zum Zweiten Weltkrieg<br />
sanieren und <strong>se</strong>ine dominierende Rolle unter den Warenhäu<strong>se</strong>rn behaupten. Obwohl von<br />
Kriegszerstörung und Enteignungen hart getroffen, entwickelte sich die Rudolph <strong>Karstadt</strong><br />
AG in den 50er Jahren rasant. Dies auch dank der vorausschauenden Grundstückspolitik<br />
des vielgeschmähten Geschäftsführers Hermann Schöndorff, denn die <strong>Karstadt</strong> AG konnte<br />
ihren <strong>Wie</strong>deraufbau und Ausbau auch an solchen Standorten vorantreiben, an denen sie<br />
bislang nicht mit Geschäftshäu<strong>se</strong>rn vertreten war – dank der von Schöndorff in den 20er<br />
Jahren erworbenen Grundstücke.<br />
Nach dem brutalen Umgang mit den jüdischen Mitarbeitern im Frühjahr <strong>1933</strong> bemühte<br />
sich die <strong>Karstadt</strong>-Unternehmensleitung <strong>se</strong>it 1950 darum, durch Abfindungen und die<br />
34
<strong>Wie</strong>deraufnahme von Pensionszahlung wenigstens den materiellen Schaden, soweit es<br />
noch möglich war, wiedergutzumachen.<br />
Am 1. Januar 1955 eröffnete die <strong>Karstadt</strong> AG in Karlsruhe zum ersten Mal <strong>ein</strong>e Filiale – und zwar im<br />
<strong>ein</strong>stigen Stammhaus des jüdischen Warenhaus-Unternehmers Max Knopf. 1938 war die Firma durch<br />
die Friedrich Hölscher KG „arisiert“ worden. Von ihr übernahm <strong>Karstadt</strong> Ende 1954 mit Zustimmung der<br />
in die USA geflohenen Knopf-Familie das 1914 fertiggestellte Warenhaus. Foto: Sammlung Serger<br />
<strong>Karstadt</strong> eilte in den Jahrzehnten danach von <strong>ein</strong>em Erfolg zum anderen – bis in den<br />
1980er Jahren die erste echte Warenhaus-Kri<strong>se</strong> <strong>ein</strong><strong>se</strong>tzte. Die „Wirtschaftswoche“ hat in<br />
<strong>ein</strong>em Beitrag vom 1. April 2020 die weitere Entwicklung bei <strong>Karstadt</strong> nachgezeichnet, der<br />
wir im großen Ganzen folgen:<br />
1980 und danach: Der Niedergang für Galeria Kaufhof und <strong>Karstadt</strong> beginnt. Die Menschen<br />
verlieren das Interes<strong>se</strong> an den „Alles unter <strong>ein</strong>em Dach"-Kaufhäu<strong>se</strong>rn. Vor allem die nach<br />
US-Vorbild entstehenden Einkaufszentren, Fach- und Verbrauchermärkte sorgen für<br />
Konsolidierungsdruck.<br />
1990: <strong>Karstadt</strong> übernimmt die in der ehemaligen DDR gelegenen Warenhäu<strong>se</strong>r, die bis in<br />
die 30er Jahre dem jüdischen Warenhaus-Konzern M. Conitzer & Söhne gehörten. 1929<br />
besaß das Unternehmen bereits 24 Häu<strong>se</strong>r in Nord- und Ostdeutschland.<br />
1994: Kaufhof geht mit Konkurrent Horten zusammen und <strong>Karstadt</strong> übernimmt die Hertie-<br />
Gruppe. Die Kunden wandern trotzdem weiter ab.<br />
1999-2000: Der damalige <strong>Karstadt</strong>-Chef Walter Deuss kann die Entstehung <strong>ein</strong>es neuen<br />
Handelsgiganten verkünden. S<strong>ein</strong>e Aktionäre haben der Verschmelzung von <strong>Karstadt</strong> und<br />
Quelle zugestimmt und damit <strong>ein</strong>en Koloss geschaffen, der 16,5 Milliarden Euro um<strong>se</strong>tzen<br />
soll, 116.500 Mitarbeiter beschäftigt und mit <strong>ein</strong>em Unternehmenswert von 4,5 Milliarden<br />
Euro zu den 30 Titeln im Deutschen Aktienindex Dax zählt. Nicht nur die Kernmarken<br />
35
<strong>Karstadt</strong> und Quelle, auch die Hertie-Warenhäu<strong>se</strong>r, der Neckermann-Versand, die<br />
Runners-Point-Filialen, die Textilkette Wehmeyer und die WOM-Musikgeschäfte gehören<br />
zum fusionierten Unternehmen, das Deuss nun in die Zukunft führen soll. Doch mit dem<br />
Schritt beginnt <strong>ein</strong> Drama um Managementversagen, strategische Fehler und<br />
Interes<strong>se</strong>nkonflikte.<br />
2003: Die Probleme bei <strong>Karstadt</strong> sind nicht länger zu über<strong>se</strong>hen. Um 9,1 Prozent sind die<br />
Filialumsätze im vergangenen Jahr <strong>ein</strong>gebrochen. Die Kunden meiden die Einkaufsbunker<br />
von <strong>Karstadt</strong> – bei der damaligen Metro-Tochter Kaufhof laufen die Geschäfte noch<br />
deutlich bes<strong>se</strong>r. Zudem rächt sich, dass <strong>Karstadt</strong> noch immer 90 Prozent <strong>se</strong>iner Umsätze im<br />
Inland erwirtschaftet. Metro verdankt bereits die Hälfte des Umsatzes den<br />
Auslandstöchtern.<br />
Das Gesicht der <strong>Karstadt</strong>-Kri<strong>se</strong> im<br />
ersten Jahrzehnt des 21. Jahrhunderts:<br />
Thomas Middelhoff, Chef der Arcandor<br />
AG, im Jahr 2008. Foto: David Locke<br />
2004-2009: Thomas Middelhoff, Vorstandsvorsitzender<br />
der Arcandor AG, übernimmt bei <strong>Karstadt</strong>. Er macht<br />
gleich zu Beginn <strong>se</strong>iner Arbeit klar: Der Patient <strong>Karstadt</strong><br />
liege „auf der Intensivstation“, es „geht ums<br />
Überleben“. Damit schockiert er Belegschaft und<br />
Politik. Ausgestattet mit <strong>ein</strong>em permanenten<br />
Siegerlächeln, korrekt gescheiteltem Haar und reichlich<br />
Anglizismen im Sprachschatz gibt „Big T“ eher den<br />
kühnen Finanzinvestor als den bodenständigen<br />
Handelsmann ab. Innerhalb von drei Monaten schlägt<br />
er die Einzelhandelsketten SinnLeffers, Wehmeyer,<br />
Runners Point und Golf Hou<strong>se</strong> los. Der <strong>wichtig</strong>ste Deal<br />
<strong>ist</strong> der Verkauf von 75 kl<strong>ein</strong>eren Warenhäu<strong>se</strong>rn, die<br />
später den Traditionsnamen Hertie verpasst<br />
bekommen, an den britischen Finanzinvestor Dawnay<br />
Day. Für die maroden Häu<strong>se</strong>r erzielt <strong>Karstadt</strong>Quelle die<br />
erstaunliche Summe von knapp 500 Millionen Euro.<br />
Ein Taschengeld im Vergleich zu Middelhoffs Verkauf des Tafelsilbers <strong>ein</strong> Jahr später – den<br />
Warenhausimmobilien. Mit rund 1,3 Milliarden Euro steht das Paket in den Büchern. Doch<br />
mit der Investmentbank Goldman Sachs und später weiteren Geldgebern findet<br />
Middelhoff Investoren, die insgesamt 4,5 Milliarden Euro lockermachen. Auf den ersten<br />
Blick <strong>ein</strong> grandio<strong>se</strong>s Geschäft, im Nachhin<strong>ein</strong> <strong>ein</strong> toxischer Deal.<br />
Denn durch den Immobilienverkauf wächst die Mietbelastung immens. Und <strong>Karstadt</strong> wird<br />
der Möglichkeit beraubt, unrentable Standorte dichtzumachen. Die neuen Verträge laufen<br />
über Jahrzehnte – Schließungen werden nun schlicht unbezahlbar.<br />
2009: <strong>Karstadt</strong> legte die bis dahin größte Pleite der deutschen Wirtschaftsgeschichte hin.<br />
Für die <strong>wichtig</strong>sten Arcandor-Ge<strong>se</strong>llschaften – darunter die <strong>Karstadt</strong> Warenhaus GmbH –<br />
wird am 1. September 2009 das Insolvenzverfahren eröffnet. Am 1. Dezember wird<br />
bekannt, dass zehn <strong>Karstadt</strong>-Standorte mit teils mehreren Häu<strong>se</strong>rn nach Angaben der<br />
Insolvenzverwaltung geschlos<strong>se</strong>n werden sollen. Etwa 1200 Mitarbeiter sind betroffen.<br />
36
2010: Beim Es<strong>se</strong>ner Amtsgericht wird am 15. März <strong>ein</strong> Insolvenzplan vorgelegt. Am 12.<br />
April stimmen die Gläubiger dem Plan zu. Am 1. Juni haben von bundesweit 94 Kommunen<br />
bis auf drei bereits alle <strong>ein</strong>em Verzicht auf die Gewerbesteuer zugestimmt. Die im<br />
Insolvenzplan geforderte Zustimmungsquote von 98 Prozent gilt damit als sicher. Nur<br />
<strong>se</strong>chs Tage später erhält die Berggruen Holding vom Gläubigerausschuss den Zuschlag zur<br />
Übernahme. Einen Tag später unterschreibt Berggruen den Kaufvertrag unter Vorbehalt.<br />
Berggruen fordert vom <strong>Karstadt</strong>-Standortvermieter Highstreet deutliche Miet<strong>se</strong>nkungen.<br />
Am 14. Juni endet <strong>ein</strong>e erste Verhandlungsrunde zu den künftigen Mieten ohne Ergebnis.<br />
Am 20. Juni lehnt Berggruen <strong>ein</strong> Angebot von Highstreet über Miet<strong>se</strong>nkungen von mehr als<br />
400 Millionen Euro ab. Am 30. September hebt das Es<strong>se</strong>ner Amtsgericht das<br />
Insolvenzverfahren auf. Damit erhält Berggruen zum 1. Oktober die Schlüs<strong>se</strong>lgewalt für die<br />
<strong>Karstadt</strong> Warenhaus GmbH. 40.000 Gläubiger verzichten auf zwei Milliarden Euro. Die<br />
Belegschaft verzichtet auf 150 Millionen Euro.<br />
2014: Der Österreicher René Benko kauft <strong>Karstadt</strong> im August des Jahres für nur <strong>ein</strong>en Euro.<br />
Der bisherige Eigentümer Nicolas Berggruen zieht sich komplett zurück. Die<br />
Sanierungsaufgaben bleiben gewaltig.<br />
2015: Am 1. Oktober des Jahres übernimmt der nordamerikanische Handelsrie<strong>se</strong> HBC<br />
Galeria Kaufhof für 2,8 Milliarden Euro von Metro. Auch <strong>Karstadt</strong>-Inhaber Benko will<br />
damals Kaufhof übernehmen, scheitert allerdings. So lässt der ehemalige Inhaber Metro<br />
damals wis<strong>se</strong>n, dass HBC stets der Top-Kandidat gewe<strong>se</strong>n <strong>se</strong>i. Die Anforderungen an<br />
Jobgarantien, Finanzierung und Konzept für die Zukunft <strong>se</strong>ien von anderen Bietern nicht<br />
im gewünschten Maße erfüllt worden. 2009 rauschte <strong>Karstadt</strong> in die erste Pleite. Nun <strong>ist</strong><br />
der Traditionskonzern wieder <strong>ein</strong> Sanierungsfall.<br />
Gut, dass es den Oberbegriff Galeria schon vor der Fusion „auf<br />
Augenhöhe“ gab, so konnten sich die Warenhaus-Größen Kaufhof und<br />
<strong>Karstadt</strong> im Jahr 2018 elegant darunter ver<strong>ein</strong>igen. Hier <strong>ein</strong> Blick auf das<br />
Galeria <strong>Karstadt</strong>-Kaufhof-Warenhaus in Bremen.<br />
Foto: we<strong>se</strong>r-kurier.de<br />
2018: Im insgesamt fünften<br />
Anlauf gelingt die Fusion<br />
von <strong>Karstadt</strong> und Galeria<br />
Kaufhof schließlich.<br />
Kaufhof bringt 96 Filialen<br />
mit. Offiziell <strong>ist</strong> von <strong>ein</strong>er<br />
„Fusion unter Gleichen“ die<br />
Rede. Doch <strong>Karstadt</strong>-Chef<br />
Stephan Fanderl<br />
übernimmt die Leitung des<br />
Warenhaus-Konzerns. Und<br />
auch die Mehrheit der<br />
Anteile am neuen<br />
Unternehmen gehen an die<br />
Signa-Holding des <strong>Karstadt</strong>-<br />
Eigentümers René Benko:<br />
Signa erhält 50,01 Prozent,<br />
HBC 49,99 Prozent.<br />
2019: <strong>Karstadt</strong> macht auch nach der Fusion hohe Verluste. Zu der neuen<br />
Unternehmensgruppe gehören <strong>se</strong>itdem auch Warenhäu<strong>se</strong>r in den Niederlanden, die unter<br />
37
dem Label „Hudson‘s Bay“ betrieben werden. Noch im März 2019 wird <strong>ein</strong> neues Haus in<br />
Utrecht eröffnet. Die Häu<strong>se</strong>r entwickeln sich allerdings zum Problemfall.<br />
27.03.2020: Galeria <strong>Karstadt</strong> Kaufhof hat Staatshilfe beantragt, um die wirtschaftlichen<br />
Folgen der Coronavirus-Kri<strong>se</strong> abfedern zu können. Wegen der zur Bekämpfung der<br />
Pandemie angeordneten Schließung der Warenhäu<strong>se</strong>r befindet sich <strong>ein</strong> Großteil der<br />
Filialbeschäftigten inzwischen in Kurzarbeit. Der Konzern verliert nach eigenen Angaben<br />
jede Woche mehr als 80 Millionen Euro durch die Ladenschließungen.<br />
1.04.2020: Die Warenhauskette Galeria <strong>Karstadt</strong> Kaufhof will sich in <strong>ein</strong>em Schutzschirm-<br />
Insolvenzverfahren sanieren. Der Handelskonzern hat <strong>ein</strong>en entsprechenden Antrag beim<br />
Amtsgericht Es<strong>se</strong>n für die Sport- und Warenhäu<strong>se</strong>r <strong>ein</strong>gereicht.<br />
*<br />
Die Frage also stellt sich wie schon <strong>1933</strong>: Ist <strong>Karstadt</strong> (nun im Verbund mit Kaufhof) <strong>wichtig</strong><br />
genug, um das Unternehmen, notfalls auch mit Staatsgeldern, zu retten?<br />
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