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oder teilwei<strong>se</strong>‘ zu 210 % zurückzukaufen.“ Und genau die<strong>se</strong>r Fall trat bereits <strong>ein</strong> Jahr<br />
später <strong>ein</strong> – und die Mitglieder des Vorstandes mussten, bis auf <strong>ein</strong>en, dafür haften. Um<br />
sie nicht völlig zu ruinieren, gab <strong>Karstadt</strong> den Lindemanns u.a. das Warenhaus in Spandau<br />
zurück.<br />
„Tietz, Wertheim, <strong>Karstadt</strong> – jedes Warenhaus, tau<strong>se</strong>nd vernichtete<br />
Ex<strong>ist</strong>enzen des Mittelstands“: Karikatur in der Ausgabe vom 2. März<br />
1932 in der Karlsruher NS-Zeitung „Der Führer“.<br />
noch mit rund 60 Millionen in der Kreide) auf <strong>ein</strong>en Deal <strong>ein</strong>igen musste.<br />
Obwohl <strong>Karstadt</strong> 1932<br />
schon 32 unrentable Filialen<br />
geschlos<strong>se</strong>n und fast alle<br />
Produktionsstätten<br />
aufgegeben hatte, wurde<br />
die finanzielle Situation des<br />
Konzerns so brenzlig, dass<br />
sie die staatliche<br />
Akzeptbank um <strong>ein</strong>en Kredit<br />
bitten musste (die<br />
Hausbanken wollten nun<br />
nicht mehr). Am 1. August<br />
1932 bewilligte die<br />
Akzeptbank <strong>ein</strong>en Kredit<br />
über 25 Millionen RM. Das<br />
erhielt <strong>Karstadt</strong> am Leben –<br />
bis die nächste Kri<strong>se</strong> kam.<br />
Denn es wurde immer<br />
deutlicher, dass die<br />
Aktionäre den Hauptanteil<br />
an der Sanierung zu tragen<br />
haben und man sich mit den<br />
amerikanischen Gläubigern<br />
(<strong>Karstadt</strong> stand bei ihnen<br />
Als die NSDAP Ende Januar <strong>1933</strong> an die Macht kam, befand sich <strong>Karstadt</strong> erneut in <strong>ein</strong>er<br />
höchst gefährlichen Lage. Es war klar, dass der Konzern <strong>ein</strong>en weiteren Kredit benötigte,<br />
um über die Runden zu kommen. Auch jetzt kam dafür nur die staatliche Akzeptbank in<br />
Frage. Zuerst aber ging es dem <strong>Karstadt</strong>-Vorstand darum, mit der NS-Parteiführung <strong>ein</strong><br />
Arrangement herbeizuführen, dass die <strong>Karstadt</strong>-Warenhäu<strong>se</strong>r vom geplanten Boykott der<br />
Warenhäu<strong>se</strong>r am 1. April <strong>1933</strong> ausgenommen werden. Die<strong>se</strong> Zusage machte die Partei<br />
jedoch von der weitgehenden Entlassung der jüdischen Angestellten abhängig. <strong>Karstadt</strong><br />
sagte dies zu – und wurde am 1. April <strong>1933</strong> in aller Regel verschont.<br />
Rudolf Lenz, der die <strong>Karstadt</strong>-Geschichte aufgearbeitet hat, stellt fest, dass bei <strong>Karstadt</strong> im<br />
März <strong>1933</strong> „allerdings auch innerhalb des Unternehmens Forderungen nach <strong>ein</strong>er<br />
weitgehenden Entfernung der jüdischen Mitarbeiter laut“ wurden: „Weniger der Zwang<br />
der Verhältnis<strong>se</strong> als vielmehr Opportunismus und Eigennutz dürften die Motivation für <strong>ein</strong><br />
derartiges Verhalten gewe<strong>se</strong>n <strong>se</strong>in. Möglicherwei<strong>se</strong> rechneten <strong>ein</strong>ige Angestellte nach<br />
dem Ausscheiden der jüdischen Kollegen mit entsprechend bes<strong>se</strong>ren Aufstiegschancen für<br />
sich <strong>se</strong>lbst.“ Für Lenz war dies „<strong>ein</strong> in der deutschen Warenhausgeschichte ebenso<br />
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