Mut und Liebe 35/2020 Mut Mach Geschichten 01062020
Eine Seuche vor unserer Haustür... der erste Schock scheint langsam überwunden. Zwischen Urlaubsstimmung und Existenzangst hat sich unser Alltag wieder etwas normalisiert. Doch das unbeschwerte Lebensgefühl ('die Katastrophen sind immer weit weg') der Vor-Corona-Zeit wird es sobald nicht mehr geben. Deshalb haben wir für Euch Mut-Mach-Geschichten gesammelt. Viel Spaß beim Lesen... und bleibt gesund!
Eine Seuche vor unserer Haustür... der erste Schock scheint langsam überwunden. Zwischen Urlaubsstimmung und Existenzangst hat sich unser Alltag wieder etwas normalisiert. Doch das unbeschwerte Lebensgefühl ('die Katastrophen sind immer weit weg') der Vor-Corona-Zeit wird es sobald nicht mehr geben. Deshalb haben wir für Euch Mut-Mach-Geschichten gesammelt. Viel Spaß beim Lesen... und bleibt gesund!
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MUT&LIEBE / THEMA /
ein kaltstart mit lastenrad
Lisa Schumacher, die neue Inhaberin der Steinmetz’sche Buchhandlung,
freut sich über die Rückkehr zum Verkauf im Laden
© Christina Dirlich
Das hatte sich Lisa Schumacher ganz anders vorgestellt.
Sich selbstständig machen mit einer Buchhandlung
– davon hatte sie schon lange geträumt.
2019 reifte der Traum zu einem konkreten Plan. Die
Steinmetz’sche Buchhandlung – das Offenbacher Traditionshaus
in Sachen Literatur – wollte sie weiterführen.
Doch als es so richtig losgehen sollte, da stand
die Welt wegen der Corona-Pandemie still.
Eigentlich kaum vorstellbar: Lisa Schumacher übernahm
einen geschlossenen Laden. Der 1. April sollte
ihr erster Tag als neue Inhaberin sein. Als sich am
17. März herausstellte, dass die Buchhandlung würde
schließen müssen, befand sich Lisa Schumacher
gerade in der Einarbeitungsphase, in der ihr ihre Vorgängerin
Helma Fischer zur Seite stand. „Da hat sich
bei mir der Schalter umgelegt“, sagt Schumacher. Sie
realisierte, dass aus der behutsamen Übergabe der
Buchhandlung – wie sie sich das vorgestellt hatte –
nichts werden würde. Und wechselte in den Krisenmodus.
Von einem Tag auf den anderen verwandelte sich
das Unternehmen in eine Versandbuchhandlung. Für
Lisa Schumacher bedeutete das: ein Logistikunternehmen
zu organisieren. Sie platzierten die Schaltzentrale
mit Telefonen und Computern im Keller des
Ladengeschäfts. Und lieferten die Bestellungen mit
dem Lastenrad aus. „Das war natürlich ganz anders als
das, worauf ich mich lange gefreut hatte“, so Schumacher.
Ein Dreivierteljahr hat Lisa Schumacher auf ihre
Selbstständigkeit hingearbeitet. Absolvierte eine
Gründungsberatung, schrieb einen Businessplan,
verhandelte mit Banken. Ihren Vertrag am Literaturhaus
Frankfurt ließ sie Ende 2019 auslaufen. Dort
hatte sie das Bildungs- und Vermittlungsprogramm
„Kolleg Schöne Aussicht“ mitgestaltet, in dem sie mit
Schulklassen, Kindern und Jugendlichen arbeitete.
Seit ihrem Studium der Germanistik, Romanistik und
Psychoanalyse hatte sie im Literaturhaus Frankfurt
eine richtig gute Zeit. Dennoch trieb sie der Wunsch
nach Unabhängigkeit um.
Die Freude an der Selbstständigkeit liegt bei Schumacher
in der Familie. Ihre Eltern führen heute ein
Hotel. „Sie haben sich nie über ihren Job beschwert“,
sagt Lisa Schumacher. Und da die Literatur neben
dem Tanzen zu ihren großen Leidenschaften zählt,
war klar, dass es eine Buchhandlung sein sollte. „Ich
kann gut verkaufen, kenne mich mit Literatur aus und
28 JUNI / JULI / AUGUST 2020