Mut und Liebe 35/2020 Mut Mach Geschichten 01062020
Eine Seuche vor unserer Haustür... der erste Schock scheint langsam überwunden. Zwischen Urlaubsstimmung und Existenzangst hat sich unser Alltag wieder etwas normalisiert. Doch das unbeschwerte Lebensgefühl ('die Katastrophen sind immer weit weg') der Vor-Corona-Zeit wird es sobald nicht mehr geben. Deshalb haben wir für Euch Mut-Mach-Geschichten gesammelt. Viel Spaß beim Lesen... und bleibt gesund!
Eine Seuche vor unserer Haustür... der erste Schock scheint langsam überwunden. Zwischen Urlaubsstimmung und Existenzangst hat sich unser Alltag wieder etwas normalisiert. Doch das unbeschwerte Lebensgefühl ('die Katastrophen sind immer weit weg') der Vor-Corona-Zeit wird es sobald nicht mehr geben. Deshalb haben wir für Euch Mut-Mach-Geschichten gesammelt. Viel Spaß beim Lesen... und bleibt gesund!
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MUT&LIEBE / THEMA /
Was hat sich verändert im Lauf von vier Jahrzehnten
als „Kindergärtnerin“?
Die lebhafte Frau mit dem blonden Kurzhaarschnitt
und einer Vorliebe für Basecaps und bunte Sonnenhüte
überlegt. „Die Anforderungen sind viel höher geworden“,
sagt sie schließlich. „Vorgaben, Bildungspläne,
Dokumentation, Protokolle, die Arbeit mit dem Elternbeirat,
verschiedene Kulturen, die unterschiedliche Vorstellungen
von Erziehung haben, Kinder, die eigene Fernseher,
Computer und Handys haben, aber oft überbehütet,
verwöhnt und unselbständig sind.“ Ein Beispiel? „Wir
haben Kinder, die wenn Sie zu uns kommen, nichts mit
Essbesteck anfangen können, da sie daheim nur gefüttert
wurden“, erzählt sie. Und weiter: „Früher haben Kinder,
wenn sie Zoff hatten, das untereinander ausgemacht.
Heute erzählen sie es zuhause, dann kommen die Eltern
zu uns und mischen sich ein.“
Was sie auch als negative Entwicklung erlebt: “Es wird
kaum noch nach Begabungen und Stärken der Kinder
und Jugendlichen geschaut. Der Besuch des Gymnasiums
und ein Studium sind aus Sicht der Eltern ein Muss, eine
handwerkliche Ausbildung gilt als minderwertig.“ Trotz
der hohen Ansprüche und einem immensen Lärmkinder
für‘s leben
fit machen
Die Offenbacherin Monika Lattki ist
seit 40 Jahren Erzieherin
1960 im ehemaligen Offenbacher Stadtkrankenhaus
geboren und in einem Altbau am Wilhelmsplatz
aufgewachsen, hat Monika Lattki selbst nie einen Kindergarten
besucht. „Mein Bruder und ich waren ständig
draußen, haben mit den Nachbarskindern auf der Straße
und in den Hinterhöfen gespielt“, erinnert sie sich.
„Wenn nach dem Wochenmarkt die Wagen der Stadtreinigung
kamen, haben sie im Sommer extra die Düsen
für uns aufgedreht, damit wir durch den Wasserstrahl
springen konnten. Im Herbst haben wir auf dem Platz
Kastanien aufgesammelt.“
Ihre Mutter, eine Bankangestellte, riet der Tochter,
einen kaufmännischen Beruf zu erlernen. „Aber ich
wollte schon immer etwas mit Kindern oder mit Tieren
machen.“ Nach dem Realschulabschluss entschied sie
sich für die vierjährige Ausbildung zur Erzieherin: Ein
Jahr Vorpraktikum, zwei Jahre Fachunterricht an der
Käthe-Kollwitz-Schule und ein Anerkennungsjahr bei
der Stadt. Am 1. Sept. 1981 tritt sie, zwischenzeitlich
staatlich geprüft und anerkannt, eine Stelle in Goldstein
an, einer zwischen Niederrad und Schwanheim
gelegenen Siedlung, die sich trotz ihrer rund 11.000
Einwohner einen dörflichen Charakter bewahrt hat.
Bis heute ist Moni, wie sie von den meisten genannt
wird, der Einrichtung treu geblieben. Sie schätzt die
Trennung zwischen Privatleben und ihrem fordernden
Beruf. Dafür nimmt sie die knapp einstündige Anfahrt
per RMV vom Mathildenviertel, wo sie mit ihrem
Mann Siggi in einer gemütlichen Dachwohnung mit
Balkon und weitem Blick über Offenbach lebt, in Kauf.
Als stellvertretende Leiterin des Kinderzentrums, das
heute einen Kindergarten mit 63 Kleinkindern und
einem Hort mit 42 Schulkindern umfasst, widmet
sie sich morgens der Büroarbeit, am Nachmittag den
Kindern.
© Christine Ciampa
JUNI / JULI / AUGUST 2020
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