MEDIEN BULLETIN 2/2020 Vorschau
Law & Order für den perfekten Konzertfilm – 8K Live-Konzert von MANOWAR, Flexibilität ist Trumpf in der Corona-Pandemie, Produktion im kleinen Kreis – „Matze Knops Homeoffice“, In der Zwickmühle – Zukunft des IRT ungewiss, Wenn nicht jetzt, wann dann – Nevion-CEO Geir Bryn-Jensen im Interview
Law & Order für den perfekten Konzertfilm – 8K Live-Konzert von MANOWAR, Flexibilität ist Trumpf in der Corona-Pandemie, Produktion im kleinen Kreis – „Matze Knops Homeoffice“, In der Zwickmühle – Zukunft des IRT ungewiss, Wenn nicht jetzt, wann dann – Nevion-CEO Geir Bryn-Jensen im Interview
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Business / IRT<br />
Ganz klar verfügt das IRT über international anerkannte wissenschaftliche<br />
rundfunkspezifische Expertise, die seit Jahren<br />
auch die digitale Transformation des Rundfunks betrifft –<br />
wozu aktuell Arbeitsschwerpunkte wie unter anderem KI,<br />
Metadaten, IP-Produktion und -Distribution, UHD-Live-<br />
Streaming, 5G, objektbasiertes Audio, HbbTV und nicht<br />
zuletzt auch barrierefreie Lösungen zählen, um die sich kommerziell<br />
agierende Entwickler wenig scheren. Und, dass sich<br />
aus der Verbindung von Broadcast und Informationstechnologie<br />
(IT) tolle neue Möglichkeiten ergeben, darauf wies<br />
sogar Google als damals neuestes Mitglied der HbbTV-<br />
Association 2018 in Berlin auf einem Symposium der Deutschen<br />
TV-Plattform hin: HbbTV sei „genial“, weil sich daraus<br />
ein neuer „Milliarden-Markt“ für Werbung auftun werde, referierte<br />
der Google-Delegierte.<br />
© IRT<br />
IRT-Gebäude auf dem Gelände des Bayerischen Rundfunks in Freimann<br />
Auch der größte eigene Entwicklungscoup des IRT, ein<br />
Kodierungsverfahren für den Audio-Standard MPEG, wofür<br />
das Institut im Jahr 2000 einen Emmy Award erhielt, entpuppte<br />
sich als wesentlicher Baustein für einen Milliardenmarkt<br />
im Patent-Geschäft. Nur leider hatten das IRT-Mitarbeiter<br />
erst einige Jahre später anlässlich eines Prozesses in<br />
den USA überhaupt zur Kenntnis genommen.<br />
Um die lange Geschichte, die sich bis ins Jahr 2018 hinzog,<br />
kurz zu machen: Das IRT und dann auch seine Gesellschafter<br />
witterten einen Betrug bei einem italienischen Patentverwerter<br />
und ihrem deutschen Patentanwalt und versuchten<br />
ihr Recht – zumindest 140 Millionen Euro – rückwirkend zu<br />
erhalten, vor Gericht durchzusetzen. Zu spät, es gelang<br />
nicht. Aber immerhin einigte sich das IRT mit dem Patentanwalt<br />
2018 auf einen Vergleich. Wie Schierbaum erläutert:<br />
„Der Patentanwalt und seine Verwaltungsgesellschaft zahlten<br />
dem IRT 60 Millionen Euro. Die Hälfte davon wurde an<br />
die Arbeitnehmererfinder ausbezahlt. Nach der damals gültigen<br />
Arbeitnehmererfindervergütung standen den Erfindern<br />
50 Prozent der Erlöse zu“. Und: „Alle an den MPEG-Audio<br />
beteiligten IRT-Erfinder sind inzwischen im Ruhestand beziehungsweise<br />
aus dem IRT ausgeschieden. Die Erlöse, die an<br />
das IRT flossen, sollen nun „zur finanziellen Entlastung der<br />
Gesellschafter im Jahr <strong>2020</strong> eingesetzt“ werden, ergänzt<br />
Schierbaum. Wohlgemerkt: 30 Millionen Euro sind immer<br />
noch mehr als die 16,6 Millionen Euro, die dem IRT 2019 an<br />
Gesellschafterzuschüssen und eigenen Einnahmen zur Verfügung<br />
standen.<br />
Nun hatte aber beispielsweise die SZ schon im Mai 2018<br />
rund um den Patentstreit „einen Finanzskandal beim Technikinstitut<br />
von ARD und ZDF“ ausgemacht, der „mutmaßlich<br />
größte finanzielle Fehlgriff in der Geschichte des öffentlichen<br />
Rundfunks“. Denn, so die SZ: „Es fehlen 140 Millionen<br />
Euro“. Der schwarze Peter wurde ARD und ZDF als Gesellschafter,<br />
die sich zu spät um das Patent gekümmert hätten,<br />
in die Schuhe geschoben. Laut anderen Berichten soll auch<br />
der Rechnungshof ARD und ZDF ermahnt haben, ihre Einnahmepolitik<br />
zu optimieren. Unberücksichtigt bei allem<br />
blieb, dass der Gründungsfokus des IRT nicht auf kommerziell<br />
verwertbarer Forschung liegt, sondern auf ökonomischen<br />
Synergien bei den öffentlich-rechtlichen Anstalten. So<br />
aber wurde ARD und ZDF (mithin auch ORF und SRG/SSR)<br />
die Vernachlässigung der wirtschaftlichen Kontrolle vorgeworfen<br />
– und das in Zeiten, in denen die Politik die Öffentlich-rechtlichen<br />
permanent zur Sparsamkeit ermahnt, und<br />
private Medienunternehmen teils fordern, auch Gelder aus<br />
der öffentlich-rechtlichen Finanzierung zu erhalten.<br />
Das IRT ist in eine seltsame Zwickmühle geraten, weil ausgezeichnete<br />
Forschung im digitalen Zeitalter, wenn man sie<br />
auf dem internationalen Markt aggressiv zu vermarkten<br />
weiß, auch zu lukrativen Geldeinnahmen und glorreichem<br />
Reichtum führen kann, wie es allen voran die Internetgiganten<br />
mit ihren technologischen Produktions- und Distributionsstandards<br />
beweisen.<br />
Wie auch immer: Im Dezember letzten Jahres gab das ZDF<br />
bekannt, dass es sich zum Jahresende <strong>2020</strong> aus dem IRT-<br />
Gesellschafterkreis zurückziehen werde und hat den Vertrag<br />
kurz danach auch gekündigt. Das ZDF hielt 9,3 Prozent der<br />
Gesellschafterteile und war mit 14,4 Prozent an den jährlichen<br />
Zuschüssen beteiligt, die neun ARD-Anstalten zu 81<br />
Prozent. Mittlerweile haben alle Gesellschafter den IRT-Vertrag<br />
gekündigt. Als Begründung für den Rückzug gab ZDF-<br />
Sprecher Alexander Stock damals die „Vorfälle im Zusammenhang<br />
mit Patentrechten“ an. Außerdem sinke aufgrund<br />
der IT-Durchdringung aller Produktionsprozesse beim ZDF<br />
„der Bedarf nach rundfunkspezifischem Know-how, wie es<br />
das IRT vorhält.“ Doch aktuell begründet Stock den Rückzug<br />
auf Anfrage von mebulive anders: Er stellt klar: „Die Kündigung<br />
der IRT-Mitgliedschaft durch das ZDF hatte nichts mit<br />
den Patentvorfällen zu tun. Vielmehr haben wir im ZDF<br />
mebulive 2.<strong>2020</strong><br />
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