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Doktor - DGB-Jugend

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Thema: Arbeiten für Dumme<br />

Von: Zissi<br />

Datum: 06.02.2005 16:57:06<br />

Ich bin im 1. Lehrjahr in der Ausbildung zur Kauffrau im Einzelhandel in einem<br />

sehr großen Küchenwerk. Ich hatte am 1.8.04 eine Ausbildung zur Fachfrau für<br />

Systemgastronomie begonnen und bin am 31.10.04, also am letzten Tag der Probezeit,<br />

ohne Angabe von Gründen gekündigt worden. Auch auf Nachfrage habe<br />

ich keine Antwort erhalten. Da war ich froh, dass ich gleich eine neue Stelle gefunden<br />

hatte.<br />

Fakt ist nur, dass mich die neue Ausbildung von Grund auf unglücklich<br />

macht, oder gemacht hat. Die Bezahlung erfolgt nach dem Tarif einer Verkäuferin,<br />

das ist genau so viel, dass ich meine Miete bezahlen kann. 20 Euro habe ich<br />

dann noch für den Monat, ich weiß nicht, wie ich das bis jetzt immer geschafft<br />

habe. Im Unternehmen gibt es keinen Ausbildungsplan, ganz zu schweigen von<br />

einem zuständigen Ausbilder. In der ersten Woche durften wir (wir haben zu<br />

dritt angefangen) uns noch zu einem Verkäufer setzen, um Kundengespräche<br />

mitzubekommen. Inzwischen will der Chef uns nicht mehr sitzend sehen. Er ist<br />

der Meinung, dass wir dafür da sind, um den Kunden Kaffee zu bringen. So unwahr<br />

es auch klingt… Und das machen wir nun den ganzen Tag: Kaffee kochen!<br />

Samstags stehen wir 9 Stunden an der Eingangstür, um den Kunden Sekt anzubieten.<br />

Ich habe schon so oft versucht, meinen Eltern zu erklären, was für Aufgaben<br />

wir haben. Das Problem ist, dass sie es nicht glauben, oder nicht glauben<br />

wollen. Ich übertreibe ja nur und soll doch froh sein, dass ich was habe. Oder es<br />

heißt, das wird schon wieder… Wenn ich aber sehe, dass die Azubis im 3. LJ<br />

(Lehrjahr, die Red.) nix anderes machen als wir im 1.LJ und auch die ganzen im 3.<br />

Jahr nix anderes gemacht haben als Kaffee kochen… Ich weiß nicht, ob ich dann<br />

noch Hoffnung habe…<br />

Die Azubine, die mit mir angefangen hat, hat auf ihrem Vertrag stehen, dass<br />

ihr Regelschulabschluss mit 12 Monaten anerkannt wurde und die Verkürzung genehmigt<br />

wurde. Da habe ich im Unternehmen nachgefragt, wie das bei mir aussieht,<br />

weil ich Abitur habe und das auf meinem Vertrag nicht anerkannt wurde.<br />

Die Antwort, die ich bekam, war: Nur weil ich Abitur habe, bin ich ja nicht gleich<br />

schlauer als andere! In der Berufsschule bin ich die Beste. Auch deswegen möchte<br />

ich die Ausbildung ungern abbrechen. Aber ich kann in dem Unternehmen nicht<br />

so weiter machen. Ich steh jeden Tag auf und frag mich, wie ich den Tag am besten<br />

rum bekomme. Ich sehe mein Abi da als verschenkt an und weiß auch nicht,<br />

wenn ich das durchziehe, was ich danach mit dem Titel anfangen soll, wenn ich<br />

doch keine Erfahrung habe.<br />

Schwarzbuch <strong>Doktor</strong> Azubi 21

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