Jahresbericht 2010 - Luzerner Kantonsspital
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18<br />
STROKE UNIT<br />
heit» tun wolle – doch dann vergassen sie das Ganze, ohne<br />
etwas unternommen zu haben. Jetzt, während des Wartens<br />
auf Hilfe, erhält das Ereignis eine Bedeutung, die den beiden<br />
damals entgangen war.<br />
Mit Blaulicht und Sirene nach Luzern<br />
Maria Bucher schaut auf die Uhr. Wo bleibt der Rettungswagen?<br />
Die Minuten verstreichen unendlich langsam, es scheint<br />
eine Ewigkeit zu dauern, bis sie endlich von ferne die Sirene<br />
hört. Sie schaut wieder auf die Uhr: Seit ihrem Telefonanruf<br />
sind nur 15 Minuten vergangen, denn der Rettungswagen ist<br />
beim LUKS Wolhusen, dem nächstliegenden Standort des<br />
Rettungsdiensts, losgefahren. Maria Bucher lässt beide<br />
Rettungssanitäter ins Haus, diese erkennen die lebensbedrohliche<br />
Situation des Patienten und sehen die Vermutung ihres<br />
Kollegen bestätigt, dass es sich um einen Hirnschlag handelt.<br />
Sie verlieren keine Sekunde, denn sie wissen: Die Zeit ist jetzt<br />
der entscheidende Faktor, von dem das Überleben und die Genesung<br />
von Max Bucher abhängen. Schnell wird der Patient im<br />
Rettungswagen medizinisch mit Sauerstoffgabe und Blutdrucküberwachung<br />
versorgt und transportfähig gemacht. Mit<br />
Blaulicht und Sirene geht es in Richtung Luzern, denn am LUKS<br />
Luzern steht eine Stroke Unit, eine spezielle Einrichtung für die<br />
Behandlung von Hirnschlagopfern, zur Verfügung.<br />
Während der Fahrt nimmt der Rettungssanitäter, der den Zu-<br />
stand von Max Bucher stets im Auge behält, mit der Notfallsta-<br />
tion Kontakt auf, informiert den zuständigen Arzt und übermit-<br />
telt dem Neurologen seine Beobachtungen über den Zustand<br />
des Patienten, damit schon vor ihrem Eintreffen alles optimal<br />
vorbereitet werden kann. Der 30 Kilometer lange Weg wird in<br />
einer knappen halben Stunde zurückgelegt. Alles ist parat. In<br />
der medizinischen Notfallstation nehmen Dr. med. Regina Esser<br />
und der Neurologe Dr. med. Jan Voss den Patienten in Empfang.<br />
Noch während der ersten Untersuchungen richtet die<br />
Notfallärztin ein paar beruhigende Worte an dessen Ehefrau.<br />
Maria Bucher sagt später: «Die kompetente und warmherzige<br />
Art von Dr. med. Esser wirkte auf mich sehr wohltuend, sie gab<br />
mir das Gefühl, dass alles wieder gut wird.»<br />
Hirninfarkt oder Hirnblutung?<br />
Die klinische Untersuchung ergibt, dass Max Bucher eine<br />
Sprachstörung (Aphasie) sowie eine rechtsseitige gesichtsund<br />
armbetonte Halbseitenlähmung hat. Noch ist aber unklar,<br />
ob es sich um einen Hirninfarkt (Gefässverschluss, verstopftes<br />
Blutgefäss) oder um eine Hirnblutung (Riss eines Blutgefässes,<br />
dann Einblutung in das Hirngewebe) handelt, denn die Symptome<br />
sind in beiden Fällen ähnlich. Die Unterscheidung zwischen<br />
Hirninfarkt und Hirnblutung ist dringend notwendig, da<br />
die Behandlung eines Hirninfarkts von jener einer Hirnblutung<br />
völlig verschieden ist. Nun nimmt eine Pflegefachfrau Blut ab.<br />
Vom Ergebnis der Blutuntersuchung hängt ab, ob der Patient<br />
eine sogenannte Lysetherapie erhalten kann oder nicht. Durch<br />
die Lysetherapie kann das verstopfte Gefäss medikamentös oft<br />
befreit werden. Dies ist aber nur möglich, wenn der Patient<br />
rechtzeitig im Spital eintrifft, das heisst, nicht später als vier<br />
Stunden nach dem Schlaganfall. Weil Maria Bucher richtig reagiert<br />
und ohne zu zögern die Nummer 144 angerufen hat, ist<br />
ihr Gatte innerhalb der zulässigen Zeitspanne im Spital eingetroffen.<br />
Max Bucher könnte Glück im Unglück haben.<br />
Jetzt wird der Patient von der Notfallstation in den Computer-<br />
tomographie-Raum gebracht. Die Computertomographie (CT)<br />
ist ein Röntgenverfahren zur Darstellung des Gehirns und<br />
seiner Gefässe. Die CT des Gehirns zeigt keine Blutung. Der<br />
Befund ist vereinbar mit einem Infarkt. Gut 30 Minuten nach<br />
der ersten neurologischen Untersuchung und der Blutabnahme<br />
stehen die Blutergebnisse zur Verfügung. Sie zeigen insbesondere,<br />
dass keine Blutgerinnungsstörung vorliegt. Inzwischen<br />
ist aufgrund der Befragung der Ehefrau klar, dass keine<br />
wesentlichen Vorerkrankungen vorhanden sind. Da die Sprachstörung<br />
und die Bewegungslosigkeit des rechten Arms noch<br />
bestehen, beginnt gut 90 Minuten nach Beginn der Beschwerden<br />
die Lysetherapie: Mit Hilfe eines das Blutgerinnsel auflösenden<br />
Medikaments soll die verstopfte Arterie, die den Hirninfarkt<br />
verursacht hat, wieder durchgängig gemacht werden.<br />
«Der Zustand der Sprachlosigkeit war schrecklich»<br />
Max Bucher wird auf die Intensivstation beziehungsweise in<br />
die Stroke Unit verlegt, wo Dr. med. Jan Voss und Dr. med.<br />
Serge Elsasser, Leitender Arzt der Intensivstation, die Lysetherapie<br />
überwachen. Das intravenös gespritzte Medikament<br />
wirkt schnell: Ultraschalluntersuchungen belegen, dass das<br />
Blutgerinnsel sich auflöst. Etwa 30 Minuten nach Beginn der<br />
Lysetherapie bessert sich die Kraft im rechten Arm, 15 Minuten<br />
später kann der Patient wieder Sätze reden, wenngleich die<br />
Sprache noch nicht vollständig zurückkehrt.