KAV Magazin Ausgabe 03-2020
Das Magazin des Kölner Anwaltverein e.V. www.koelner-anwaltverein.de
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Editorial |<br />
3<br />
Liebe Kolleginnen,<br />
liebe Kollegen,<br />
am 04.09.<strong>2020</strong> fand die Mitgliederversammlung<br />
des Deutschen Anwaltvereins<br />
statt. Die Präsidentin berichtete, dass die<br />
lange diskutierte Erhöhung unserer Gebühren<br />
mit Glück noch in dieser Legislaturperiode<br />
vom Bundestag verabschiedet<br />
wird. Es wurde lange um diese Erhöhung<br />
gerungen. Der Deutsche Anwaltverein<br />
und die Bundesrechtsanwaltskammer<br />
haben sich seit Jahren dafür eingesetzt.<br />
Man könnte die Erhöhung, die nun endlich<br />
kommt, also als Erfolg sehen.<br />
Sollte man aber nicht.<br />
Die Anwaltschaft ist Organ der Rechtspflege<br />
und leistet einen großen Beitrag<br />
zum Funktionieren unseres Rechtsstaats.<br />
Alleine dass wir wie eine Art Bittsteller<br />
immer wieder an die Regierung herantreten<br />
müssen, um dann nach Jahren<br />
eine Erhöhung zu erhalten, ist eine Missachtung<br />
der Arbeit und der wichtigen<br />
Rolle der Anwaltschaft.<br />
Wesentlicher Kernpunkt der Erhöhung ist<br />
die lineare Erhöhung der Gebühren um<br />
zehn Prozent. Wenn man dagegensetzt,<br />
dass wir seit über sieben Jahren keine<br />
Erhöhung der Gebühren erhalten haben,<br />
aber z. B. die Besoldung der Richterschaft<br />
in NRW in der gleichen Zeit um deutlich<br />
mehr als zehn Prozent gestiegen ist<br />
(alleine von 2017 bis Januar 2021, also in<br />
nur vier Jahren, um 12,15 Prozent), dann<br />
drängt sich nur zu deutlich auf, dass hier<br />
mit zweierlei Maß gemessen wird.<br />
Es steht zu befürchten, dass die erzielte<br />
Erhöhung – wie bereits die Erhöhungen<br />
des RVG zuvor – noch nicht einmal die<br />
Inflation ausgleichen wird. Alles lobt den<br />
Rechtsstaat und jeder Politiker ist auf<br />
unseren Rechtsstaat stolz. Im Kleinen<br />
aber wird der Rechtsstaat hier mit Füßen<br />
getreten. Gerade in den Bereichen, in<br />
denen die Anwaltschaft dem Bürger<br />
in seinen vielen kleinen und größeren<br />
Alltagsproblemen zum Recht verhilft,<br />
wird die anwaltliche Vertretung zu Tode<br />
gespart. Wir reden hier nicht von Mandanten,<br />
die problemlos eine Honorarvereinbarung<br />
bezahlen können, sondern<br />
von den Menschen, die mit einem Durchschnittseinkommen<br />
Hilfe im Rechtsstaat<br />
suchen. Wenn das so weitergeht, werden<br />
diese Menschen bald keinen Anwalt und<br />
keine Anwältin mehr finden, die sie vertreten.<br />
Kann man das als Erfolg sehen?<br />
Ich meine, nein.<br />
Die nächste Erhöhung muss schnell kommen<br />
und sie muss deutlich höher sein.<br />
Ansonsten sollten wir das RVG besser<br />
heute als morgen aufgeben und den<br />
Markt die Sache bereinigen lassen. Damit<br />
allerdings würden noch mehr Rechtsstreite<br />
ohne unsere gute Gerichtsbarkeit<br />
erledigt. Die ausgewogenen Kostenregelungen<br />
unserer Gesetze würden sinnlos<br />
und der „kleine Mann“ und die „kleine<br />
Frau“ werden lange nach jemandem<br />
suchen müssen, der ihren Fall betreut<br />
und vor Gericht vertritt. Denn nur wir als<br />
Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte<br />
garantieren die Durchsetzung des Rechts<br />
bei und mit den staatlichen Organen auf<br />
Augenhöhe.<br />
Damit sind wir bei der hohen Qualifikation<br />
der Anwaltschaft. Ich freue<br />
mich, dass der Kölner Anwaltverein sein<br />
Fortbildungsangebot schon in diesem<br />
Jahr wieder hochgefahren hat und eine<br />
Vielzahl von Seminaren online anbietet.<br />
Präsenzveranstaltungen in der Fortbildung<br />
wird es im Jahre <strong>2020</strong> nicht mehr<br />
geben – zu ungewiss ist die Pandemielage.<br />
Aber in 2021 hoffen wir, zumindest<br />
teilweise auch zu unseren Präsenzveranstaltungen<br />
zurückkehren zu können. Ich<br />
bitte Sie zu bedenken, dass wir möglichst<br />
Vielen die Teilnahme an unseren<br />
Seminaren ermöglichen wollen. Bei<br />
Präsenzveranstaltungen unter Beachtung<br />
der Hygienevorschriften müssten wir die<br />
Teilnehmerzahlen drastisch beschränken.<br />
Wir könnten dann nicht jedem Mitglied<br />
„sein“ Seminar garantieren. Das digitale<br />
Seminar bietet dafür die Lösung.<br />
Unsere Arbeitskreise und Ausschüsse<br />
haben ihre Arbeit auch schon wieder<br />
aufgenommen und ich konnte bereits<br />
an einigen Treffen teilnehmen, die unter<br />
Beachtung der Hygienevorschriften stattgefunden<br />
haben. Es ist anders, aber es<br />
geht. Ich bin sehr froh, dass wieder der<br />
Kontakt untereinander stattfindet und<br />
bedanke mich bei den Sprecherinnen<br />
und Sprechern sowie den Mitgliedern<br />
der Ausschüsse und Arbeitskreise, dass<br />
sie trotz dieser Beschränkungen wieder<br />
Netzwerkveranstaltungen planen und<br />
durchführen, was wegen der geltenden<br />
Hygienevorschriften einen hohen Aufwand<br />
bedeutet.<br />
Wenn die Vorschriften es zulassen, wird<br />
auch der Verein schon in diesem Jahr<br />
wieder erste Schritte in diese Richtung<br />
gehen und ggf. kleinere, in der Teilnehmerzahl<br />
beschränkte Veranstaltungen<br />
anbieten.<br />
Bleiben Sie gesund!<br />
Ihr<br />
Markus Trude<br />
Vorsitzender