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– kein Tschetschene. „Ich weiß, dass
meine Brüder mit allen Lisas und Annikas
Wiens schreiben, und das ist egal, weil
sie Jungs sind. Aber ich will mir nicht
ausmalen, wenn meine Eltern von meinem
Freund erfahren würden.“ Sie will
ihren Freund heiraten. „Auch wenn wir
uns einmal trennen – wir sind ja noch
jung. Aber immerhin weiß er dann, dass
er mich aus dieser Familie herausgeholt
hat“, sagt sie ernst. Mit der Familie zu
brechen, das wäre nur im äußersten
Notfall eine Option – und wie überall, wo
Communities stark vernetzt sind, auch
problematisch.
„UNSERE KULTUR IST ARG
PATRIARCHAL. DAS KANN
NIEMAND VERLEUGNEN."
Bei Zara merkt man schnell, dass dieser
Hass auf tschetschenische Männer aus
ihrer Erziehung verinnerlicht ist. „Tradition
wird bei vielen unserer Männer über
Religion gestellt. Mein Vater ist so einer:
Betet nicht, raucht, betrügt meine Mutter.
Aber wenn ich mich früher als Teenagerin
geschminkt habe, hat er mir ins
Gesicht gespuckt.“ Bis Zara den Hijab –
den sie nie tragen wollte – ablegen konnte,
war es ein langer Kampf. Der Vater
drohte ihr, sie einzusperren. Mit der Hilfe
ihrer Mutter und viel Überzeugungskraft
hat sich Zara im Endeffekt durchgesetzt.
Die Kleiderordnung bei ihr zuhause ist
nach wie vor ein Thema: Jeans werden
bei ihr daheim auch nicht gern gesehen:
„Das Ironische ist: Egal wie kurz mein
Minirock wäre, es ist weniger schlimm,
als eine Hose.“ Dies bekräftigen auch
die anderen Mädchen – manche Regeln
ergeben für sie keinen Sinn. „Unsere Kultur
ist arg patriarchal. Das kann niemand
verleugnen." resümiert Makka.
„
Das Ironische ist:
Egal wie kurz mein
Minirock wäre, es ist
weniger schlimm, als
eine Hose.
“
„WIR MÜSSEN DIE
NÄCHSTE GENERATION
ANDERS ERZIEHEN“
Aus unseren Gesprächen geht eines
klar hervor: Alles, was Zara, Makka,
Leyla, Seda und Kadishat an ihrer Kultur
beklagen, ist die verzerrte, patriarchale
Denkweise aus ihrem Umfeld. Somit
drehen sich unsere Gespräche erst recht
hauptsächlich um die Männer: Um die
Denkweise jener Männer, die aufgrund
fragwürdiger Vorbilder und patriarchal
verinnerlichter Strukturen die lautesten
sind. Darunter leiden nicht nur die
tschetschenischen Männer, die diesem
Image null entsprechen – sondern vor
allem die Frauen. Auch in Wien sind sie
nicht in Sicherheit. Was braucht es also,
damit mehr tschetschenische Frauen
wie Madina aufwachsen und nicht
wie Zara, Makka, Seda und Kadishat
vor Sittenwächtern Angst haben? Die
Männer brauchen gute Vorbilder. Es
braucht mehr Aufklärung, mehr Bildung,
mehr Austausch, und vor allem: Es muss
den Frauen endlich zugehört werden.
Was sich diese Frauen für ihre Zukunft
wünschen? Dass sie nicht mehr für jeden
ihrer Schritte verurteilt werden, nur weil
sie Tschetscheninnen sind. Dass auch
ihre Community mit der Zeit geht. Das
resümiert Leyla: „Wir werden diese Freiheit
so nicht mehr erleben. Aber was wir
tun können, ist, unsere Kinder, unsere
Söhne so zu erziehen, dass die nächste
Generation endlich normal aufwachsen
kann.“ ●
Alle Fotos wurden für die Geschichte nachgestellt
– bei den abgebildeten Personen handelt es sich
nicht um die Protagonistinnen aus dem Artikel.
Alle Namen wurden von der Redaktion geändert.
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