Branche als Reinigungskraft ineiner Schule. Mittlerweile ist der33-Jährige im Tech-Support beider Firma Siemens tätig. SeinerMutter steht er aber noch immerzur Seite. „Es ist selbstverständlich,dass ich ihr helfe. Das machtdie ganze Familie. Dann ist sieauch schneller fertig“, erklärt er.Im Laufe des Gesprächs merkeich aber immer wieder, dasses hier nicht nur um die Arbeitgeht. Denn oft ist Ulaş auch dasSprachrohr für seine Mutter, stehtfür sie ein, wenn sie es nichtkann. „Wir hatten mal einen Auftrag für eine Wohnung im erstenBezirk. Und der Gazda (Hausherr) hat dann gleich begonnen,mit meiner Mutter in gebrochenem Deutsch zu reden. Soauf ‚machst du so, putzt du da‘. Ich stand da noch draußen.Als ich das gehört habe, bin ich rein, und habe gefragt, obdas nicht auch ein bisschen freundlicher ginge. Ich mein, derTyp war ein Professor“, zeigt Ulaş sich verwundert. Bei einemanderen Einsatz war es auch Ulaş, der für die Arbeit seinerMutter mehr Geld verlangte, als sie eine Wohnung zusätzlichputzen sollte, man ihr aber nicht mehr bezahlen wollte. „DieLeute denken: ‚Sie ist ja eh nur eine Putzfrau.‘ Menschen grüßenmeine Mutter oder generell Putzfrauen oft nicht mal. Odersie tun so, als ob sie nicht da wären. Dabei würde ohne dieseArbeit die ganze Gesellschaft nicht funktionieren“, sagt Ulaş.„Das gilt eigentlich für jeden Job. Aber Menschen erkennendas erst, wenn eine Knappheit herrscht. Man hat das in derCorona-Zeit gut bei Pflegern gesehen. Ein ähnlich harter Job,der erst Anerkennung bekam, als es einen Mangel gab“, erklärtGüngör die fehlende Wertschätzung.„ICH HABE DAS VON IHR.“„Wenn ich beginne zu sprechen, sind Viele mal überrascht,dass ich Deutsch kann“, erzählt Nora. Sie ist 22, im Burgenlandals Tochter einer Kroatin und eines Österreichers aufgewachsenund passt gar nicht in das Bild einer typischen Putzfrau.Jung, stylisch gekleidet und selbstsicher sitzt sie mir gegenüber.„Das Klischee ist schon die ältere ausländische Frau,die kein Deutsch kann. Und dann komme ich“, lächelt Nora.„Die Leute müssen nicht mal was sagen. Ich sehe sofort anihren Gesichtern, dass sie nicht jemanden wie mich erwarten.“Manchmal könne das ganz lustigwerden, und in manchen Fällenunangenehm. „Letzens zumBeispiel hatte ich einen Auftrag,wo es keinen Wischmoppund Putzkübel vor Ort gab. Alsomusste ich welche besorgen undals ich dann mit den Sachen überdie Straße ging, lachte mich eineGruppe von Jungs aus. Hätteich es nicht eilig gehabt, hätteich schon gefragt, was das soll“,erzählt Nora.Die Burgenländerin ist eineAusnahme im Putz-Business:Eine junge Frau, die sich freiwillig ausgesucht hat, Vollzeit alsReinigungskraft zu arbeiten und davon gut leben kann. 15 Euroverlangt sie in der Stunde, ist versichert und versteuert ihr Einkommen.Damit geht es Nora besser als vielen anderen. Lauteinem Bericht der Arbeiterkammer wird jeder zehnten Putzkraftihr Lohn nicht korrekt abgerechnet. Ihnen geht es zudemgesundheitlich überdurchschnittlich schlecht und mehr als zweiDrittel können sich nicht vorstellen, den Job bis zur Pensiondurchzuhalten.Bei Nora ist dies nicht der Fall. „Mit circa 15 habe ich fürsTaschengeld bei Freunden und Verwandten begonnen. Mit derZeit wurde es dann immer mehr. Irgendwann musste ich zwischenmeinem Studium als Freizeitpädagogin und dem Putzenentscheiden. Jetzt bin ich seit drei Jahren als Reinigungskraftselbstständig“, so Nora. In der Familie gab es keine Kontroverseum ihre Berufswahl. „Die haben das eh schon kommengesehen und fanden es gut, dass ich einen Job mache, dermir Spaß macht.“ Zudem war sie nicht die erste in der Familie,die als Putzkraft zu arbeiten begonnen hat. „Meine Mutter istwährend des Bosnienkriegs herkommen und hat anfangs auchgeputzt. Meine Ur-Oma hat das sogar ihr ganzes Leben langgemacht. Ich glaube, von der habe ich das auch.“ Putzen überGenerationen hinweg.Ihre Berufswahl verstehen trotzdem die Wenigsten. „Ichmuss schon immer erklären, wie und warum ich das mache.Grad bei Männern kommt das auch oft komisch. Aber in derRegel verstehen es die meisten dann. Deshalb finde ich eswichtig, darüber zu reden. Es ist ein toller Job, der mehr Aufklärungbraucht. Wir sind mehr als nur Menschen mit einemBesen in der Hand.“22 / POLITIKA /
Viele sindüberrascht,dass NoraDeutsch kann./ POLITIKA / 23