PUTZ DI‘,WENN DU EINPROBLEM HASTEmina, Ulaş und Nora putzen, genauso wie es ihre Eltern taten – und sind stolz drauf.Text: Naz Küçüktekin, Fotos: Zoe OpratkoIch helfe meiner Mutter seit meinem siebten Lebensjahrbeim Putzen“, erinnert sich Ulaş. Der 33-jährige WienerTürke ist groß, breit gebaut und aufgewachsen inOttakring beziehungsweise „OK“, wie er es nennt. Er istder letzte, von dem man auf den ersten Blick erwarten würde,dass er in seinem Leben schon viel geputzt hätte. Das Saubermachen,privat oder beruflich, wird hierzulande oft den Frauenzugeschrieben. „Meintest du Putzfrau?“, fragt selbst Google,wenn man nach einer Putzkraft im Internet sucht. Ulaş kanndarüber nur müde lachen.Laut dem Experten für Schattenwirtschaft Friedrich Schneidervon der Johannes-Keppler-Universität in Linz (JKU) sind 90Prozent aller Haushaltshilfen nicht offiziell beschäftigt. Er gehtvon bis zu 400.000 Menschen aus, die „privat“ putzen gehen,was für diese Arbeiterinnen und Arbeiter bedeutet, dass sieweder kranken- noch pensionsversichert sind. In akademischenKreisen innerhalb des Gürtels muss man lange nacheinem Haushalt suchen, der nicht auf fremde Hände angewiesenist, wenn es um Ordnung und Sauberkeit in den eigenenvier Wänden geht.Trotzdem hat der Job einen schlechten Stand in derGesellschaft. „Die Putze“ steht ganz unten in der sozialenHierarchie. „Putzen hat eine sehr lange Tradition. Früher warenes die Diener, die das gemacht haben“, erklärt der SoziologeKenan Güngör. Das Ansehen eines Jobs hängt sehr stark mitdem dafür nötigen Bildungsgrad oder mit dem damit erreichbarenEinkommen zusammen. „Diese beiden Faktoren sindbei Putzpersonal oft nicht besonders hoch, spielen aber ebeneine große Rolle, was die soziale Anerkennung betrifft. Dassieht man z.B. im Vergleich mit den Müllmännern. Die machentheoretisch auch sauber, verdienen aber sehr gut und habendadurch gleich einen viel besseren gesellschaftlichen Stand“,so Güngör.„MENSCHEN GRÜSSEN MEINE MUTTEROFT NICHT MAL.“Boden aufwischen und Fenster reinigen gehören für Ulaşschon von klein auf zu seinem Alltag. Seine Mutter ist vor 27Jahren nach Österreich gekommen und seither übt sie denknochenharten Beruf aus. Stolz erzählt ihr Sohn, mit wievielHingabe und Genauigkeit sie arbeitet. „Als sie mal krank war,haben wir uns bei uns Zuhause eine Putzkraft genommen. Washat Mama gemacht? Natürlich nochmal hinterhergeputzt, alssie weg war“, lacht er. Ulaş ist einer der wenigen, denen seineMutter beim Putzen wirklich vertraut. Deswegen „darf“ er auchab und zu statt ihr ran. „Sie würde mich nie als Vertretungnehmen, wenn sie nicht wüsste, dass ich alles genauso gutmache wie sie“, erklärt er. Immer wieder betont der sanftmütigeVorzeigesohn, wieviel er durchs Putzen gelernt hat. „Als ichausgezogen bin, war es kein Problem für mich, meine eigeneWohnung zu putzen. Und auch als ich beim Bundesheer war,hat ein Kommandant mich und einen anderen mal zum Kloputzeneingeteilt. Für mich keine große Sache. Der Kollege abermeinte, das sei doch Frauensache. Daraufhin musste er dieKlos allein Putzen“, grinst Ulaş verschmitzt.Einige Zeit lang arbeitete der Ottakringer auch selbst in der20 / POLITIKA /
Ulaş‘ Mutter putztseit 27 Jahren.Er hilft mit./ POLITIKA / 21