Grundschule aktuell Heft 152
Grundschule in und nach Corona
Grundschule in und nach Corona
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Thema: <strong>Grundschule</strong> in und nach Corona<br />
Thema: <strong>Grundschule</strong> in und nach Corona<br />
gen zur Arbeitsweise zu Hause (Fragen<br />
4–9) beantworteten die Schüler*innen<br />
fast ausschließlich positiv und gaben an,<br />
genauso gearbeitet zu haben wie in der<br />
Schule. Ein Ergebnis, das sich mit dem<br />
Arbeits- und Lernverhalten, das die<br />
Schüler*innen zuvor in der Schule zeigten,<br />
deckt. Meine Lernvideos kamen bei<br />
den Schüler*innen ebenfalls sehr gut an.<br />
Alle Kinder empfanden diese als sehr<br />
hilfreich, nur zwei gaben an, dass andere<br />
Videos ihnen besser geholfen hatten.<br />
Positiv für mich war außerdem die<br />
Rückmeldung, dass alle Kinder, trotz der<br />
Situation, das Gefühl hatten, dass ich<br />
für sie da bin. Die meisten betonten, die<br />
Schule vermisst zu haben. Gründe dafür<br />
waren fast ausschließlich das Fehlen der<br />
Freunde und der Lehrerin sowie Langeweile<br />
zu Hause.<br />
Fast alle gaben an, froh zu sein, wieder<br />
in die Schule gehen zu können. Dafür<br />
nahmen auch fast alle die starken<br />
Einschränkungen und Regeln in Kauf<br />
und gaben an, sich dennoch wohl in<br />
Ich würde mir wünschen, dass …<br />
––<br />
wir alle gesund bleiben und dass wir<br />
alle zusammenhalten in dieser Zeit.<br />
––<br />
unsere Klasse bald wieder zusammen<br />
ist und wir Ausflüge bzw. Übernachtungen<br />
machen können.<br />
––<br />
wir, wenn Corona weg ist, unsere<br />
Lesenacht machen können.<br />
––<br />
alles wieder gut wird, alle sollen<br />
gesund bleiben, alle dürfen zur<br />
Schule / arbeiten.<br />
––<br />
die Schule so schnell, wie es geht,<br />
ohne Einschränkungen ist.<br />
––<br />
das Corona-Virus wieder weggeht.<br />
––<br />
wir gesund und munter bleiben.<br />
der Schule zu fühlen. Auf die letzte Frage<br />
im Fragebogen hin, was sich die Kinder<br />
wünschen würden, gab es u. a. folgende<br />
Antworten, die die starke soziale<br />
Bindung der Kinder untereinander zum<br />
Ausdruck bringen (s. Textkasten oben).<br />
––<br />
dieses Corona schnell vorbei ist.<br />
––<br />
hier alles schnell vorbei geht und wir<br />
wieder zusammen sein können.<br />
––<br />
wir uns in der Schule wieder anfassen<br />
können, richtig spielen können und<br />
nicht mehr Abstand halten müssen.<br />
––<br />
der Virus schnell wieder weggeht<br />
und wir wieder mit Freunden spielen<br />
können.<br />
––<br />
die Quarantäne zu Ende ist und alles<br />
wieder normal ist.<br />
––<br />
Corona vorbei ist.<br />
––<br />
alle wieder gesund werden und<br />
jeder gesund bleibt.<br />
Da eine direkte Auswertung der Fragebögen<br />
durch die Schüler*innen selbst<br />
aufgrund der Hygienebestimmungen<br />
nicht möglich war, erhielten diese in<br />
Arbeitsteilung die Aufgabe, die Antworten<br />
auf jeweils eine Frage in Form eines<br />
Diagramms darzustellen. Freigestellt<br />
war dabei, welches Diagramm genutzt<br />
werden sollte. Darüber hinaus mussten<br />
die Schüler*innen selbst eine passende<br />
Skalierung und eine Beschriftung<br />
anfertigen. Einige Beispiele sind hier<br />
und auf der nächsten Seite abgebildet.<br />
Dadurch beschäftigten sich die Schüler*innen<br />
noch einmal mit der Situation.<br />
Während der Vorstellung der Diagramme<br />
konnten die Erfahrungen und<br />
Erlebnisse der Schüler*innen und mir<br />
noch einmal intensiv gemeinsam reflektiert<br />
werden. Ängste und Gedanken /<br />
Befürchtungen wurden thematisiert.<br />
Als Fazit der Durchsicht und Auswertung<br />
der Fragebögen wurde eins ganz<br />
klar: Das Lernen an sich, als reiner Erwerb<br />
von Wissen, stellte in der vorgestellten<br />
Klasse gar kein so großes Hindernis<br />
bzw. Problem dar. Viel stärker<br />
fielen soziale Aspekte ins Gewicht, an<br />
die die Schüler*innen aus der Schule gewöhnt<br />
waren: Freie Wahl des Sitzplatzes<br />
und der Sozialform (allein, mit dem Partner,<br />
im Team), gegenseitige Rückmeldung<br />
und Wertschätzung, gemeinsame Rituale<br />
und Gewohnheiten, sich helfen, teilen,<br />
füreinander da sein, sich ermutigen, Teil<br />
einer Gemeinschaft sein, zusammenhalten,<br />
Probleme gemeinsam lösen, Streit<br />
haben, auch mal raufen und sich wieder<br />
vertragen, Aktivitäten und Vorhaben<br />
gemeinsam planen, sich gegenseitig eine<br />
Freude machen, füreinander einstehen,<br />
gemeinsam lachen u. v. a. m.<br />
Hinzu kam, dass auch im Präsenzunterricht<br />
durch die Hygienebestimmungen<br />
all diese Aspekte keinen Einzug<br />
in den Unterricht halten konnten.<br />
Dieser „a-soziale“ Unterricht war weder<br />
für mich noch für die Schüler*innen<br />
wirklich befriedigend. Der Abschied<br />
von der <strong>Grundschule</strong> wurde so weitestgehend<br />
unmöglich gemacht. Auch im<br />
Oktober 2020 hoffen die Kinder und ich<br />
weiterhin, dass wir noch ein gemeinsames<br />
Abschlussfest feiern können. Vor allem<br />
auch, weil sich die Klasse seit März<br />
nicht mehr in ihrer ursprünglichen Zusammensetzung<br />
gesehen hat. Die Eltern,<br />
die Kinder und ich stehen in den Startlöchern.<br />
Die Situation zeigte und zeigt, was<br />
die (Grund-)Schule wirklich leistet. Sie<br />
ist ein Ort, an dem Kinder miteinander<br />
und gemeinsam „Zukunft lernen“, über<br />
die Schulfächer hinaus.<br />
Fragebogen zweite Seite und<br />
Diagramme zu Fragen 12 und 19<br />
Fragebogenausschnitt und Diagramm eines Kindes zu Frage 4<br />
Die Autorin<br />
ist Klassenlehrerin einer vierten Klasse<br />
im Schuljahr 2019/20.<br />
16 GS <strong>aktuell</strong> <strong>152</strong> • November 2020<br />
GS <strong>aktuell</strong> <strong>152</strong> • November 2020 17