Stahlreport 2020.12
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
BDS<br />
Bericht<br />
Wenn die Abnahme verweigert wird: „Das können wir doch sowieso nicht beweisen!“<br />
Ist eine Auftragsbestätigung bindend?<br />
Verpflichtet bereits die Auftragsbestätigung zur Abnahme und Zahlung des Kaufpreises? Immer wieder kommt es<br />
vor, dass Stahlhändler mit ihren Abnehmern nicht nur über Details in einem Kaufvertrag wie die Einhaltung von<br />
Lieferfristen, Berechtigung von Zuschlägen, etc. streiten. Vielmehr wird von Käuferseite häufig der Vertragsschluss<br />
gänzlich bestritten. Dann stellt sich für den Stahlhändler die Frage, ob er gegen den Käufer einen Anspruch auf<br />
Abnahme des Stahls und Zahlung des Kaufpreises hat. Rechtsanwalt Dr. Thorsten Hauröder, Henseler & Partner<br />
Rechtsanwälte mbB, gibt Auskunft.<br />
Konstellationen solcher Fälle<br />
sind mannigfaltig und stets eine<br />
Frage des Einzelfalls. Auf alle Situationen<br />
kann an dieser Stelle daher<br />
nicht eingegangen werden. Auch stellen<br />
sich solche Fragen in der Regel<br />
nicht, wenn bereits Teilmengen geliefert<br />
und bezahlt wurden. Probleme<br />
tauchen allerdings dann auf, wenn<br />
sich der Käufer weigert, überhaupt<br />
einen Abruf zu tätigen und damit<br />
eine Lieferung auszulösen.<br />
Hierzu zwei Beispiele aus den<br />
letzten Monaten, die Gegenstand von<br />
Rechtsstreitigkeiten vor zwei Landgerichten<br />
waren. Stahlhändler A verhandelt<br />
mit dem Bauunternehmer B<br />
über die Lieferung bestimmter Mengen<br />
Betonstabstahl und Betonstahlmatten<br />
zu einem bestimmten Preis.<br />
Als Festlaufzeit wird ein bestimmtes<br />
Enddatum vereinbart bzw. es wird<br />
vereinbart, dass der Betonstahl bis<br />
zu einem bestimmten Datum vollständig<br />
abgenommen werden muss.<br />
Wenn die Abnahme<br />
verweigert wird<br />
Wie in der Praxis allerdings häufig<br />
anzutreffen, schließen der Stahlhändler<br />
A und der Bauunternehmer B<br />
darüber keinen schriftlich fixierten<br />
Kaufvertrag, den beide Parteien mit<br />
ihrer Unterschrift unterzeichnen.<br />
Vielmehr erfolgen die Korrespondenz<br />
und die Verhandlungen per E-Mail,<br />
telefonisch und/oder anlässlich persönlicher<br />
Besprechungen. Nachdem<br />
sich die Parteien – aus Sicht des<br />
Stahlhändlers – über die wesentlichen<br />
Vertragsbestandteile wie zu liefernde<br />
Menge und Kaufpreis verständigt<br />
haben, lässt der Stahlhändler<br />
dem Bauunternehmer eine Auftragsbestätigung<br />
zukommen. Der Bauunternehmer<br />
erhält diese Auftragsbestätigung<br />
auch, reagiert darauf jedoch<br />
nicht. Mehrere Monate ziehen ins<br />
Land. Ein Abruf seitens des Bauunternehmers<br />
erfolgt hingegen nicht.<br />
Daraufhin ruft der Stahlhändler den<br />
Bauunternehmer an und fragt, wann<br />
denn mit dem ersten Abruf zu rechnen<br />
sei. Der Bauunternehmer erwidert,<br />
es sei doch überhaupt kein Kaufvertrag<br />
zustande gekommen, sodass<br />
er zur Abnahme auch nicht verpflichtet<br />
sei. Wer hat Recht?<br />
Wer kann was beweisen?<br />
In rechtlicher Hinsicht sind diese<br />
Fragen in der Regel leicht zu beantworten.<br />
Ein Vertrag kommt durch<br />
Angebot und Annahme zustande.<br />
Anhand der Korrespondenz und<br />
Absprachen muss dann lediglich<br />
geprüft werden, in welcher Erklärung<br />
oder Handlung das Angebot und wo<br />
die Annahmeerklärung lag.<br />
Darauf kommt es allerdings häufig<br />
und zwar insbesondere im Rahmen<br />
einer gerichtlichen Auseinandersetzung,<br />
also im Rahmen eines<br />
Gerichtsprozesses, nicht an. Denn<br />
dort sind die entscheidenden Fragen:<br />
Wer kann was beweisen? Wem<br />
34 <strong>Stahlreport</strong> 12|20