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20 Jahre BauWerkStadt Architekten Bonn - Passgenaue Lösungen

Jubiläumsbuch "Passgenaue Lösungen" für das 20-jährige Bestehen des Architekturbüros BauWerkStadt Architekten in Bonn mit Projektbeispielen und Interviews mit David Kasparek.

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BauWerkStadt Architekten, Wohnund

Geschäftshaus Hohe Pforte,

Köln 2016 – 2020

>>> S. 62

es jenseits von Materialien oder Ausstattung

erst einmal um das Fügen von Räumen, das

Platzieren von Übergangszonen oder dem zur

Verfügung stellen von Stauraum. Habt Ihr solche

Stellschrauben, die aber in Bezug auf das Wohnen

gleich sind?

ND: Da sind wir eher experimentierfreudig.

PJ: Ja, zum Glück. Das hängt sehr vom Typus ab:

Wenn man ein Studentenwohnheim plant, kann man

für das jüngere Publikum auch mehr experimentieren,

als wenn man ein Haus für Senioren baut. Wir

versuchen im Wohnungsbau klar geordnete Eingangsbereiche

zu schaffen, die einen fließenden

Übergang in den Wohnraum haben, da dadurch eine

Großzügigkeit entsteht.

ND: Wenn ich einen gehobenen Wohnbau mit Eigentumswohnungen

für das obere Preissegment baue,

gibt es einen anderen Grundriss, als wenn ich einen

geförderten Wohnungsbau realisiere. Das muss man

differenziert betrachten. In dem schon erwähnten

Kölner Projekt haben wir ein Bürohaus umgebaut,

so dass sich im Gebäude jetzt sechzig Wohnungen

befinden. Das ergibt relativ lange Schläuche: etwa

zwölf Meter lang, aber nur 4,50 Meter breit. Da gibt es

Wohnungen, bei denen wir in einen großen, fließenden

Raum nur einen Kubus in die Mitte gestellt haben, der

Toilette und eine Küchenzeile aufnimmt. An das Haus

schließt sich eine alte Lagerhalle an, in die wir kleine

Höfe eingeschnitten haben, die die Wohnungen belichten

– einen anderen Ausblick aus den Wohnungen

gibt es dort nicht. Ich glaube, solche Dinge ließen sich

mit den von Dir genannten Prinzipien nicht umsetzen.

Das kommt auf Typologie, Ort und Nutzer an und

nicht auf Prinzipien. Eine Eigentumswohnung mit drei

Zimmern ist immer zwanzig Quadratmeter größer

als eine Mietwohnung mit drei Zimmern. Das geben

die Gesetze des Marktes in gewisser Weise vor und

denen muss man Rechnung tragen.

Anja Oelmann: Dazu kommt der Bauherr mit seinen

Vorstellungen. Die sind oft sehr festgelegt.

ND: Ich würde nie sagen, eine Dreizimmerwohnung

muss eine Gästetoilette haben. Im geförderten

Wohnungsbau gibt es sie meistens gar nicht, im

Marc Schraa, Petra Jockers

und Nikolaus Decker

gehobenen Eigentumswohnungsbau hat sie zusätzlich

noch eine Dusche. Man kann nicht verallgemeinern,

dass Wohnungsbau so oder aussehen müsse.

MS: Wenn wir bestimmte Voraussetzungen im Vorfeld

für uns festlegen, würden wir unsere Freiheit

beschränken, auch einmal quer zu denken. Es ist

spannend, verschiedene Dinge auszuprobieren. Dazu

kommen, wie schon gesagt, unterschiedlichste Anforderungen

von Bauherren und Nutzern.

Dann bleiben wir bei den Bauherren: Macht Ihr bei

deren Wünschen in den letzten zwanzig Jahren bestimmte

Konstanten fest oder kann man Veränderungen

feststellen?

ND: Ich nehme im Zeitalter von Pinterest eine Art

gleichzeitige Vielfältigkeit und Gleichschaltung wahr.

Das, was von Online-Portalen, Hochglanz-Architektur-Magazinen

und Hotels kommt, nehmen viele als

Wünsche mit – das ist anders als vor zwanzig Jahren.

Leute mit eigenen klaren Vorstellungen werden eher

weniger als mehr. Es geht immer öfter um Oberflächen

und den Grad der Repräsentation, der damit vermeintlich

einhergeht, und immer weniger um die Art und

Weise, wie man in solchen Räumen eigentlich lebt.

PJ: Das beobachte ich auch, aber ich sehe auch positive

Entwicklungen wie zum Beispiel den Wunsch

nach großen Außenflächen und deren Verbindung

und Verschmelzung mit dem Wohnraum. Dass Terrassen

und Balkone im Wohnungsbau als zusätzliche

Werte anerkannt werden, war nicht immer so. Keiner

will heute mehr Balkone, die nur 1,20 Meter tief sind.

Auch Bäder haben heute in Ausstattung und Wertigkeit

einen größeren Stellenwert als früher.

Inwiefern läuft man als Architektin und Architekt

Gefahr, Entwicklungen wie Gentrifizierung und

Leerstand von Gewerbeeinheiten in Innenstädten

Vorschub zu leisten?

ND: Die Gefahr, sich an Gentrifizierungsentwicklungen

zu beteiligen, besteht. Wir versuchen, unsere

Bauherren zu beraten, ihnen immer Möglichkeiten

und Potenziale aufzuzeigen, die über das Bekannte

hinausgehen. Das gilt auch für den sich

wandelnden Handel. Wir sehen durchaus Chancen

für eine neue Qualität in Innenstädten, wenn die

Mieten wieder sinken und damit Raum für lokale,

inhabergeführte Geschäfte und gemischt genutzte

Gebäude entsteht.

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