20 Jahre BauWerkStadt Architekten Bonn - Passgenaue Lösungen
Jubiläumsbuch "Passgenaue Lösungen" für das 20-jährige Bestehen des Architekturbüros BauWerkStadt Architekten in Bonn mit Projektbeispielen und Interviews mit David Kasparek.
Jubiläumsbuch "Passgenaue Lösungen" für das 20-jährige Bestehen des Architekturbüros BauWerkStadt Architekten in Bonn mit Projektbeispielen und Interviews mit David Kasparek.
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ROBUSTE
STRUKTUR
Wohn- und Geschäftshaus Hohe Pforte
Aufstockung, Erweiterung und Umnutzung eines Bürogebäudes in Köln
Fertigstellung: 2020
Projektgröße:
BGF: 12.245 m²
BRI: 42.003 m³
Wohnfläche: 4.700 m²
(58 Wohneinheiten)
Gewerbefläche: 853 m²
Adresse:
Hohe Pforte 4 – 6
50676 Köln
Fotos: Constantin Meyer,
Frank Rümmele
Text: David Kasparek
Leben bedeutet Veränderung. In diesem steten Fluss befinden sich nicht nur wir, unsere Mitmenschen und
die Häuser, in denen wir wohnen, sondern auch unsere Städte, die von diesen Gebäuden gebildet werden.
Firmen wachsen und schrumpfen, Standorte werden geschlossen, das Kapital zieht weiter, die zur Mobilität
einer globalisierten Gesellschaft gezwungenen Mitarbeiter*innen notgedrungen auch. Was bleibt, sind
die nicht beweglichen Güter, die Immobilien. Was aber tun mit jenen Häusern, die im Zuge der boomenden
Wirtschaft der Nachkriegszeit errichtet wurden, die im Laufe des Strukturwandels nun aber vermeintlich ohne
Zweck in unseren Städten stehen, noch dazu in einer Art und Weise, die viele Menschen selten als schön beschreiben
würden?
Für diese Gebäude gilt es, eine Funktionsfindung vorzunehmen, sie einem neuen Zweck zuzuführen. So wurde
aus einem alten Bürogebäude mit Ladenzeile in der Kölner Kernstadt ein Wohnhaus. Dem Ort angemessen,
gute zehn Gehminuten vom Dom und noch näher zum Rheinufer gelegen, haben die Architekt*innen die
Erdgeschosszone ertüchtigt, sie aber dem Handel und damit dem städtischen Leben zugeordnet belassen.
Die darüber aufgehenden vier Stockwerke wurden bis auf den Rohbau zurückgebaut und um ein Staffelgeschoss
in Holzrahmenbauweise ergänzt. So wurde Raum geschaffen für insgesamt 53 Wohnungen. Die
alte Halle, die das in Nord-Süd-Richtung entlang der Hohen Pforte gestreckte Grundstück über zwei Tiefgaragengeschosse
im Osten fast komplett ausfüllt, wurde ebenfalls neu geordnet. Fünf Lichthöfe schnitten die
Planer*innen hier ein, die nun fünf barrierefreie Wohnungen mit Tageslicht versorgen und diesen außerdem als
private Außenräume dienen.
Die Wohnungen im Vorderhaus sind über die beiden bestehenden Treppenhauskerne und einen neuen,
zwischen Halle und Haus gestellten Laubengang erreichbar. Das neue Erschließungsbauwerk ist dabei mehr
als nur bloßer Zuweg zu den privaten Wohnräumen, sondern bietet den Bewohner*innen die Möglichkeit, sich
einen halböffentlichen Raum als Pufferzone zwischen Stadt und Wohnung einzurichten. Stühle, Gartenbänke
und -tische sowie abgestellte Fahrräder zeugen davon, dass diese architektonische Planung erkannt und
genutzt wird. Wenngleich man diesem Ort ein wenig mehr Sensibilität bei der Detaillierung gewünscht hätte,
funktioniert er genau seiner gedachten Intention entsprechend als Kommunikations- und Begegnungsort der
internen Halböffentlichkeit des Hauses und dient damit als Schwelle zwischen dem Außen der Stadt und dem
Innen der Wohnung. Dieser letzte Rückzugsort des Einzelnen wiederum ist über eine Loggia erneut mit der
Öffentlichkeit der Stadtgesellschaft direkt optisch verbunden.
Zu dieser Öffentlichkeit hin, an der Straßenseite der Hohen Pforte nämlich, ist das Haus mit einer neuen
Klinker-Riemchen-Fassade bekleidet, die in ihrer horizontalen Lagerung gleichermaßen ihre Herleitung aus
dem konstruktiven Gerüst des Bestandsbaus zeigt, wie sie eine adäquate und selbstbewusste neue Tektonik
an den Tag legt, die der Funktionsfindung durch die Zweckveränderung des Hauses auf angenehme
Weise entspricht.
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