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20 Jahre BauWerkStadt Architekten Bonn - Passgenaue Lösungen

Jubiläumsbuch "Passgenaue Lösungen" für das 20-jährige Bestehen des Architekturbüros BauWerkStadt Architekten in Bonn mit Projektbeispielen und Interviews mit David Kasparek.

Jubiläumsbuch "Passgenaue Lösungen" für das 20-jährige Bestehen des Architekturbüros BauWerkStadt Architekten in Bonn mit Projektbeispielen und Interviews mit David Kasparek.

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Fenstergrößen, Gebäudekanten. Das ist das, was

ich mit Städtebau meine. Wenn ich eine Baulücke

beplane, links ein gründerzeitliches Dreifensterhaus

steht und rechts auch eines, dann gibt das vor, wie

der Entwurf auszusehen hat.

PJ: Das sehe ich auch so. Wenn Proportionen in

der Nachbarschaft gut sind, würde ich immer versuchen,

diese weiterzuführen.

BauWerkStadt Architekten,

Verwaltung Regionalverkehr Köln,

Meckenheim 2011 – 2014

>>> S. 70

Und an welchen Kriterien erkennt man eine

gute Proportion?

PJ: Das ist natürlich der Goldene Schnitt. Gut

gelernt, ist halb gewonnen (lacht). Schönheit hat

immer etwas damit zu tun, dass man sich emotional

berührt und beim Betrachten wohl fühlt. Diese

Harmonie hat etwas mit dem Goldenen Schnitt zu

tun. Eine andere Möglichkeit wäre, dass wir Dinge

wie Gebäude schön finden, weil sie alt sind, eine

bestimmte Zeit überdauert und vielleicht auch

Patina haben.

Hattet Ihr jemals den Anspruch, dass Projekte

von Euch als BauWerkStadt-Häuser erkannt

werden?

ND: Nein, das war mir nie wichtig.

MS: Für mich war das auch nie ein Thema.

PJ: Ich habe schon den Anspruch, den Gebäuden

eine gewisse Persönlichkeit zu geben – wenngleich

nicht meine eigene. Dabei geht es mir nicht darum,

ein typisches BauWerkStadt-Gebäude zu realisieren,

sondern ein Haus mit Charakter, das nicht

0815 ist.

Marc Schraa und Petra Jockers

Wie erhält ein Gebäude eine solche Persönlichkeit?

PJ: Durch die Auseinandersetzung mit der Entwicklung

von innen nach außen wie von außen

nach innen. Die unterschiedlichen Funktionen spielen

ebenso eine Rolle wie die Tatsache, dass eine

städtische Architektur anders ist als eine ländliche.

ND: Ein Gebäude hat eine Adresse, das heißt, es

braucht einen sinnvoll dimensionierten Eingang,

der städtebaulich richtig positioniert ist und eine

einladende Geste vermittelt. Idealerweise springt

der Eingang aus der Fassadenebene zurück oder

wird durch ein Vordach hervorgehoben und bildet

einen halböffentlichen Raum, der den Besucher

oder Nutzer schon vor dem Eintreten in das Gebäude

einlässt.

PJ: Für die Persönlichkeit eines Gebäudes sind

außerdem eine schlüssige Materialwahl und eine

selbstbewusste Gestaltung der Fassaden entscheidend.

Betrachten wir die Fassadengestaltung beim Bauen

mit Bestand: Gibt es im ewigen Streit zwischen

fugenlosem Weiterbauen und dem deutlichen Trennen

von Neuem und Altem eine richtige Position?

AO: Es gibt für mich kein Schwarz oder Weiß in

dieser Frage. Der Umgang ergibt sich aus dem Ort,

der vorgefundenen Bausubstanz und der Bauaufgabe.

Städtebaulich sehe ich alt und neu immer als

Einheit, die harmonieren muss und sich als Ganzes

in ihr Umfeld eingliedern sollte. Das muss nicht

gleichzeitig bedeuten, dass alt und neu in der Umsetzung,

in Formensprache und Materialität einen

direkten Bezug brauchen. In meinen Projekten sind

das Alte und Neue klar ablesbar. Das Neue versucht

nicht, das Alte zu überdecken, sondern ergänzt

und unterstützt die bestehenden Strukturen, ohne

in Formensprache oder Materialität einen direkten

Bezug herzustellen. Gestaltung und Material folgt in

meinen Projekten oft auch nachhaltigen, funktionalen

und wirtschaftlichen Gesichtspunkten.

Wenn es für Dich kein schwarz-weiß gibt, kein

falsch oder richtig, warum dann doch die deutliche

Unterscheidung zwischen alt und neu, die

sich zum Beispiel im Materialwechsel in einigen

Projekten darstellt? Warum wäre der Speicher in

Meckenheim für die Verwaltung des Regionalverkehrs

Köln nicht fugenlos denkbar?

AO: Bei diesem Bauvorhaben handelte es sich

um Anbau und Aufstockung des gewachsenen

Bestands. Das wollte ich deutlich zeigen. Um den

Bestand ablesbar zu lassen, habe die Erweiterung

deshalb bewusst optisch von ihm abgehoben. Was

nicht bedeuten soll, dass für mich in einem anderen

Bauvorhaben eine Erweiterung in Anlehnung an den

Bestand nicht denkbar wäre, allerdings kann ich

mir kein Nachahmen des Bestehenden vorstellen,

sondern lediglich eine Neuinterpretation.

Was ist für Dich Nachhaltigkeit in Bezug auf das

Bauen im Bestand?

AO: Meine Erfahrungen zeigen, dass mit der Sanierung

und Revitalisierung von Bestandsgebäuden in

vielen Fällen geringere Investitionskosten einhergehen.

Im Vergleich zu einem kompletten Neubau können mit

einer Sanierung weitere Flächenversiegelungen oder

Abbruch- und Entsorgungskosten vermieden werden.

Wenn dann die richtigen Maßnahmen zur energetischen

Verbesserung der Gebäudehülle und der technischen

Gebäudeausstattung gefunden werden, kann

das – bei niedrigerem Energie- und Ressourcenverbrauch

als beim Neubau – neben geringeren Baukosten

auch zur Reduzierung der verbrauchsabhängigen

Kosten führen.

Der Bund Deutscher Architekten hat auf dem BDA-

Tag 2019 in Halle an der Saale mit dem Papier „Das

Haus der Erde“ Positionen „für eine klimagerechte

Architektur in Stadt und Land“ verabschiedet.

Darin werden unter anderem eine vollständige

Entkarbonisierung und eine Kultur des Pflegens

und Reparierens in der Architektur gefordert.

Neubau wird dann immer schwerer, vielleicht gar

nicht mehr möglich. Muss man als Architekt*in, vor

dem Hintergrund einer globalgesellschaftlichen

Fairness, nicht bei manchen Bauherrenwünschen

erzieherisch tätig werden, vielleicht auf Neubau

verzichten und auf das auch sehr erfolgreiche Feld

Revitalisierung setzen?

ND: Das ist eine Frage der Definition. Wir haben

auch Umbauten gemacht, die für den Entwurf formgebend

waren und in ihrem Ausbaustandard und

>>> S. 70

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