23.12.2012 Aufrufe

Zukunftsprojekt Mitbestimmung? - tuprints - Technische Universität ...

Zukunftsprojekt Mitbestimmung? - tuprints - Technische Universität ...

Zukunftsprojekt Mitbestimmung? - tuprints - Technische Universität ...

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

weitgehend geteilt. Gerade in der Auseinandersetzung um die Novellierung des Betriebsverfassungsgesetzes<br />

wurde die IT-Industrie daher von den Gegnern dieser Neufassung als<br />

„Beweis“ gegen die Notwendigkeit einer Erweiterung und Modernisierung von <strong>Mitbestimmung</strong>srechten<br />

angeführt.<br />

Diesen Aussagen liegt bezüglich der IT-Industrie wenig fundiertes empirisches Material zugrunde.<br />

Die Aussage von Bispinck und Trautwein-Kalms (1997), daß gerade in dieser Branche<br />

die „Tariflandkarte“ mehr „weiße Flecken“ aufweise als in anderen Branchen (ebd.,<br />

S. 232), ist zwar plausibel, läßt sich aber aufgrund der ungenauen wirtschaftsstatistischen<br />

Abgrenzung des Wirtschaftssegments anhand der vorliegenden Zahlen nicht belegen. 4<br />

Selbst wenn davon ausgegangen werden kann, daß Tarifverträge und Betriebsräte unterdurchschnittlich<br />

verbreitet sind, bestehen in wichtigen Unternehmen dennoch Organe der<br />

verfaßten <strong>Mitbestimmung</strong> und auch Tarifverträge. Somit handelt es sich bei der IT-Industrie<br />

nicht um eine „tarifvertrags- und mitbestimmungsfreie Zone“ (Wagner, Schild 1999).<br />

Die vermeintlich geringe Verbreitung der dualen Struktur (Schmidt, Trinczek 1999) der deutschen<br />

Arbeitsbeziehungen wird von Heidenreich und Töpsch (1998) sowie von Töpsch u.a.<br />

(2001) auf die besonderen Formen der Arbeitsregulation in der IT-Industrie zurückgeführt<br />

und als Ausdruck eines generellen Veränderungstrends interpretiert, der auch andere Branchen<br />

der Wirtschaft erfasse. Die Autoren gehen von der Argumentationsfigur des derzeit sich<br />

vollziehenden Übergangs von der „Industriegesellschaft“ zur „Wissens- und Kommunikationsgesellschaft“<br />

5 aus und fragen nach dem darin liegenden Veränderungspotential für das<br />

„industriegesellschaftliche Institutionenset“, bestehend aus industriellen Beziehungen, Berufsausbildung<br />

und Sozialversicherungssystemen. Ihre These ist, daß „die bestehenden Regulationsstrukturen<br />

sich (...) als nicht mehr adäquat für die Beschäftigungsbedingungen der<br />

Wissens- und Kommunikationsgesellschaft (erweisen)“ (Heidenreich, Töpsch 1998). Bezogen<br />

auf die IT-Industrie vermuten sie, daß sich gerade hier verstärkt ein „neuer Typus der<br />

Arbeitsregulation“ ausbreitet, der gänzlich ohne tarifvertragliche Regelungen auskommt. Im<br />

4 Exakte Zahlen zur Tarifbindung der IT-Industrie sind nicht verfügbar. Dies ist nicht zuletzt dem<br />

Umstand geschuldet, daß über die Zuordnung von Betrieben zu dieser sich gegenwärtig neu konstituierenden<br />

Branche keine Einigkeit herrscht (Seufert 2000). Die Vermutung von Bispinck und<br />

Trautwein-Kalms, wonach die tarifliche Bindung unterdurchschnittlich ist, ist aufgrund meiner Erfahrungen<br />

aus den diversen Expertengesprächen durchaus realistisch. Eine tarifliche Bindung, wie<br />

sie Kohaut und Bellmann für die westdeutschen Unternehmen insgesamt errechnen, ist hier nicht<br />

zu erwarten. (In Auswertung der Daten aus dem Betriebspanel des IAB kommen Kohaut und<br />

Bellmann (1997) zu dem Ergebnis, daß im Jahre 1995 62 % der Betriebe und 83 % der Beschäftigten<br />

in Westdeutschland unter eine Tarifbindung fielen.) Dies mag auch darauf zurückzuführen<br />

sein, daß die IT-Industrie in der Breite klein- und kleinstbetrieblich strukturiert ist. Da die Tarifbindung<br />

mit abnehmender Betriebsgröße deutlich sinkt (ebd.), erscheint es durchaus plausibel, daß<br />

die IT-Industrie mit ihren vielen kleinen und mittleren Unternehmen eine unterdurchschnittliche Tarifbindung<br />

aufweist, die allerdings – würde man die Betriebsgrößenklassenstruktur der IT-Industrie<br />

mit der der gesamten Wirtschaft vergleichen – u.U. gar nicht so weit unter den Durchschnittswerten<br />

liegt.<br />

5 Dieser, für die Argumentation grundlegende Begriff wird von den Autoren nicht theoretisch bestimmt,<br />

sondern mit dem Verweis auf bestimmte Erscheinungen plausibel gemacht. Daher erhält<br />

ihre Argumentation stets eine gewisse Beliebigkeit und die vorgetragenen Argumente könnten<br />

ebenso gut unter einem anderen begrifflichen „Label“ thematisiert werden.<br />

Seite 10 von 287 Andreas Boes: <strong>Zukunftsprojekt</strong> <strong>Mitbestimmung</strong>?

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!