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Zukunftsprojekt Mitbestimmung? - tuprints - Technische Universität ...

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Akteure der Interessenvertretung (Trautwein-Kalms 1995, Kotthoff 1997). Insbesondere<br />

dann, wenn diese Beschäftigten über eine große „Marktmacht“ verfügen, können sie sich in<br />

den betrieblichen Interessenauseinandersetzungen als sehr durchsetzungsfähig erweisen,<br />

ohne hierfür unmittelbar auf kollektivvertragliche Regelungen oder betriebliche Interessenvertreter<br />

angewiesen zu sein. Damit zeichnet sich zum anderen eine weitere Veränderung<br />

ab. Denn wenn Mitarbeiter zu verhandelnden Akteuren werden, verschwimmen die Grenzen<br />

zwischen abhängiger Beschäftigung und Selbständigkeit (Heidenreich, Töpsch 1998). Auch<br />

wenn diese Veränderungen nicht unbedingt in einen tiefgreifender Wandel der „Grundform<br />

der Ware Arbeitskraft“ (Voß, Pongratz 1998; vgl. auch Hielscher, Hildebrandt 1999) münden,<br />

sind tiefgreifende Implikationen für die Arbeitsbeziehungen in der IT-Industrie zu erwarten.<br />

1.2 Ziel und Aufbau der Studie<br />

Die Forschung zum Wandel der Arbeitsbeziehungen in der IT-Industrie verdeutlicht, daß<br />

zentrale Aspekte der gesellschaftlichen Transformation – wie die Veränderung der Produktions-<br />

und Arbeitsprozesse, der Managementmethoden sowie der Orientierungen der Beschäftigten<br />

-, denen in der Wirtschaft allgemein ein nachhaltig wirkendes Veränderungspotential<br />

auf die Arbeitsbeziehungen unterstellt wird, in der IT-Industrie bestimmende Bedeutung<br />

haben. Die unterdurchschnittliche Verbreitung der Kerninstitutionen deutscher Arbeitsbeziehungen<br />

– die allgemein unterstellt wird – sowie der „Deregulierungstrend“, in dem sich<br />

die Branche mit Blick auf dieses institutionelle Setting vermeintlich befindet, werden in engem<br />

Zusammenhang zu eben diesen Veränderungstendenzen gesehen. Daraus schließen<br />

verschiedene Autoren auf einen generellen Trend, wonach die Veränderung der Arbeit, wie<br />

sie nicht nur für die IT-Industrie konstatiert wird, eine Erosion der traditionellen institutionellen<br />

Strukturen der Arbeitsbeziehungen mit sich bringt (vgl. Heidenreich, Töpsch 1998; Schmierl<br />

2001). Den Beschäftigten – es handelt sich in diesem Wirtschaftssegment im allgemeinen<br />

um relativ hochqualifizierte und junge Personen – wird mit der Erosion der traditionellen<br />

Formen der <strong>Mitbestimmung</strong> eine zentrale Rolle in den Prozessen des Interessenaustauschs<br />

zugewiesen und eine vergleichsweise große „Marktmacht“ unterstellt, die sie in die Lage<br />

versetzt, ihre Interessen auch jenseits kollektivvertraglicher Regelungen durchzusetzen<br />

(Trautwein-Kalms 1995; Heidenreich, Töpsch 1998). Dies wirft die Frage auf, ob diese hochqualifizierten<br />

Beschäftigtentypen überhaupt noch Gewerkschaften, Betriebsräte und kollektive<br />

Regelungen benötigen. Zugleich deutet sich darin eine Veränderung der Muster des Interessenaustauschs<br />

an: Dem „individuellen Interessenhandeln der Beschäftigten“ (Boes,<br />

Marrs 2001) kommt unter diesen Bedingungen eine große Bedeutung zu.<br />

Die Untersuchung der Arbeitsbeziehungen muß diesem Umstand Rechnung tragen und darf<br />

sich nicht nur auf die formellen Strukturen der <strong>Mitbestimmung</strong> konzentrieren. Unterhalb der<br />

Ebene kollektiver Interessenvertretung sind die vielfältigen Formen schwach formalisierter,<br />

informeller Formen und Praxen des Interessenaustauschs zwingend in den Blick zu nehmen.<br />

Zugleich verweist die vorhandene Literatur darauf, daß jedes Unternehmen über eine spezifische<br />

Kultur der Arbeitsbeziehungen verfügt. Deutlich wird, daß die IT-Industrie in sich<br />

hochgradige Unterschiede hinsichtlich der historischen Verankerung und der konkreten Ausprägung<br />

der Arbeitsbeziehungen aufweist. Dem ist in der Untersuchung Rechnung zu tragen.<br />

Seite 24 von 287 Andreas Boes: <strong>Zukunftsprojekt</strong> <strong>Mitbestimmung</strong>?

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