Pirouette No. 06/2020 Juli + August

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26 Sommertraining in Russland Neues aus Russland Der Berg Elbrus in Kislovodsk, Fotos: Molotov In Russland haben bis Mitte Juli auch die Sankt Petersburger Läufer wieder das Training aufnehmen können. Die Hallen öffneten nach längerem Hin und Her am 13. Juli. Das betraf unter anderem die Eiskunstlauf-Akademie und die Schule von Tamara Moskvina. Weil sich die Öffnung der Hallen immer wieder hinauszögerte, waren Alexei Mishin und seine Trainingsgruppe Anfang Juli schließlich doch ins Trainingslager nach Kislovodsk im Kaukasus geflogen. Dort kamen Elizaveta Tuktamysheva, Sofia Samodurova und weitere Läufer nach rund drei Monaten Pause wieder auf das Eis. Schon bald lud Tuktamysheva ein Video hoch, auf dem sie einen 3A springt und bestätigte damit die weisen Worte ihres Trainers, der in einem Interview gesagt hatte, die dreimonatige Pause sei kein Grund zur Beunruhigung und sowieso nur ein kurzer Moment in seiner jahrzehntelangen Eislauf-Karriere. Mishins Gruppe bekam überraschend Zuwachs, denn Mikhail Kolyada, der im Juni zunächst am Trainingslager in Novogorsk teilgenommen hatte, wechselte von Valentina Chebotareva, die ihn von Kindheit an trainiert hatte, zum Altmeister. Warum Kolyada diesen von vielen lang erwarteten Trainerwechsel nun plötzlich doch vollzog und zu Mishin ging, kommentierte er auf Wunsch seines neuen Coachs zunächst nicht. Auch Mishin wollte nichts sagen, zumal die Nachricht vom Wechsel ungewollt durchgesickert war. Seine Frau Tatiana sagte der russischen Presse, dass ihr Mann nicht lange überlegt habe, als die Anfrage kam. Es gab noch einen weiteren, weniger prominenten Trainerwechsel. Der lange verletzte Juniorenweltmeister von 2018, Alexei Erokhov, verließ die Schule von Eteri Tutberidze und trainiert nun bei Viktoria Butsaeva (Volchkova). Er danke seinen bisherigen Trainern per Instagram und schrieb: „Leider geschieht es im Leben, dass sich die Pfade von Menschen trennen und der Sport bildet keine Ausnahme.“ Evgeni Rukavitsin kehrte mit Europameister Dmitri Aliev und mit Makar Ignatov nach fünf Wochen in Kislovodsk nach St. Petersburg zurück. An dem Trainingslager hatte auch Alexander Samarin mit seiner Trainerin Svetlana Sokolovskaia teilgenommen. (siehe Kommentar S. 27) Tamara Moskvina berichtete der Pirouette von Neuigkeiten aus ihrer Schule. Neu hinzugekommen sind Anastasia Mishina/Alexander Galliamov, die sie gerne genommen habe. Aus Moskau kam der bisherige Einzelläufer Georgi Kunitsa, der nun Paarläufer werden will. Die talentierten Junioren Petr Gumennik, Andrei Kutovoi und Nikolai Ugozhaev trainieren weiterhin bei Veronika Daineko und ihrem Team. Moskvina ist nach wie vor die Cheftrainerin des Clubs, der ihren Namen trägt, und arbeitet zusammen mit Artur Minchuk mit den Europameistern Aleksandra Boikova/Dmitrii Kozlovskii und mit Mishina/Galliamov. (siehe Kommentar S. 27) Boikova und Kozlovskii konnten die Corona- Pause gut für die Schule bzw. das Studium nutzen. Boikova schloss die Schule ab, Kozlovskii das dritte Studienjahr in Verwaltungswissenschaft an einer renommierten Petersburger Hochschule. (siehe Kommentar S. 27) Medvedeva in Moskau, Sotskova hört auf Bei den Paaren von Liudmila, Nikolai Velikov und Enkel Vasili gab es einige Veränderungen. Polina Kostiukovich und Dmitri Ialin, die sich - wie gemeldet - getrennt hatten, haben neue Partner. Kostiukovich trainiert nun mit Andrei Briukhanov. Das neue Duo sei vielversprechend und wird bei den Junioren starten. Ialin und seine neue Partnerin Valeria Ponosova hätten dagegen nach der Pause Anlaufschwierigkeiten, sagte Vasili Velikov der Pirouette. Die frühere Einzelläuferin Alisa Solovieva hat einen neuen Partner in Elisei Ivanov gefunden. „Sie beherrschen den dreifachen Flip und dreifach-dreifach Kombis“, verriet der Trainer. Die Vize-Juniorenweltmeister Ksenia Akhanteva/ Valeri Kolesov laufen entgegen einiger Gerüchte weiterhin zusammen. „Wir haben das auch gelesen und darüber gelacht. Sollen sie doch schreiben, was sie wollen“, kommentierte Velikov. Außerdem blieben Tatiana Kuzmina/Andrei Khvalko zusammen. Die Moskauer Hallen hatten schon länger wieder geöffnet, aber die Tutberidze-Gruppe blieb in Novogorsk, wo sie jeden Sommer ein langes Trainingslager abhalten. Dort waren auch die Eistänzer Alexandra Stepanova/Ivan Bukin und später Tiffany Zagorski/Jonathan Guerreiro. Viktoria Sinitsina/ Nikita Katsalapov trainierten in anderen Hallen, sobald diese öffneten, und haben inzwischen eine neue Kür. Der Stil sei ganz anders als das, was sie bisher gemacht hätten, sagte Katsalapov, aber mehr enthüllte er noch nicht. Es gibt ein neues Eistanzpaar – Elizaveta Khudaiberdieva, Zweite der Junioren-WM 2019, wechselte erneut den Partner und läuft jetzt mit Egor Bazin, dessen bisherige Partnerin Sofia Evdokimova ihre Karriere wegen anhaltender Verletzungsprobleme beendet hat. Das Duo trainiert bei Denis Samokhin. Evgenia Medvedeva kehrte Ende Juni aus Japan nach Moskau zurück und begann nach zweiwöchiger Quarantäne bei ZSKA Moskau mit dem Training. Dort kann sie bei Cheftrainerin Elena Vodorezova (Buianova) mit aufs Eis, ihr Haupttrainer aber bleibe Brian Orser, sagte ihre Mutter Zhanna der Pirouette. Mit ihm arbeitet sie online und postete ein Video, auf dem zu sehen ist, wie Orser sie aus der Ferne coacht. Die Paarlauf-Vizeeuropameister Evgenia Tarasova/Vladimir Morozov hatten in Novogorsk trainiert und kehrten im Juli ausgerechnet ins besonders Corona-verseuchte Florida zurück, um mit Marina Zueva ihre Programme aufzubauen. Maria Sotskova erklärte nicht ganz unerwartet im Juli ihren Rücktritt. „Wenn du das erste Mal den Geschmack des Sieges spürst, scheint dir, dass es nie enden wird. Leider ist das nicht so Die Trainingsgruppe mit Evgeni Rukavitsin (Dritter von rechts) in Kislovodsk
Boikova/Kozlovskii mit ihren Trainern Tamara Moskvina und Artur Minchuk bei der letzten WM, Foto: Flade und alles geht leider irgendwann einmal zu ich überwinden kann. Ich verstand, dass ich Ende“, schrieb die Olympiateilnehmerin auf Instagram. „Mein Weg war dornig, aber sehr inter- und habe gekämpft. Aber es gibt Umstände, die mein Potenzial nicht ganz ausgeschöpft hatte, essant und schön. (…) Auf die Olympischen Spiele folgte eine misslungene Saison, aber ich überwindliche Hindernisse aufbauten, dass mir langsam meinen Glauben zerstörten und so un- wusste, das sind zeitweilige Schwierigkeiten, die bewusst wurde, es ist vorbei.“ In der vergangenen Saison hatte Sotskova, die am renommierten GITIS-Institut in Moskau in Vollzeit Choreographie studiert, schwache Leistungen gezeigt und war bei der Russischen Meisterschaft nicht angetreten. Ein schwerer Schlag war für sie der überraschende Tod ihres Vaters im vergangenen Jahr. In einem Interview berichtete die 20-Jährige von ihrer baldigen Hochzeit mit einem Komponisten. Der ehemalige Paarläufer und Juniorenweltmeister Nodari Maisuradze (32) hat die 19 Jahre alte Alina Ustimkina geheiratet, ebenfalls eine ehemalige Paarläuferin, die in Shows auftritt. Team-Olympiasiegerin Julia Lipnitskaia (22) bestätigte einen Pressebericht, dass sei ein » » » Kind erwarte. Der Vater ist ihr langjähriger Foto: Flade Evgeni Rukavitsin: Tamara Moskvina: „Meine Sportler haben die Corona-Zeit gut bewältigt. Es kommt im Leben vor, dass man einen langen Urlaub hat, krank oder „Unser Trainingslager war sehr fruchtbar. Dima (Aliev) ist gleich beim ersten Mal aufs Eis gegangen und ist einen Vierfachen gesprungen, ohne uns vorher etwas davon zu sagen! Damit hat er die anderen angefeuert, die beim nächsten Training auch alle Elemente einschließlich eines Vierfachsprungs gemacht haben. Das ist ein gutes Zeichen und zeigt, dass unsere Arbeit außerhalb vom Eis richtig war. Danach haben wir den Trubel etwas gebremst, damit sich niemand schadet, denn die Form war nach der langen Pause natürlich nicht ganz da. Wir haben für Makar (Ignatov) zwei neue Programme aufgebaut und für Dima eine neue Kür. Ich denke, das wird ein gelungenes Programm mit Tiefgang. Das KP ist auch schon in den Köpfen unserer Choreographen geboren und wir werden jetzt daran arbeiten und die Programme für die anderen Läufer, die in St. Petersburg bleiben mussten, zusammenstellen. Zur Musik möchte ich noch nichts « sagen, denn vielleicht ändert sich noch etwas. Dima hat sich (nach dem Erfolg) nicht verändert. Er geht mit genau derselben Denkweise heran wie vorher auch und das freut mich. Makar hat in der vergangenen Saison erstmals gespürt, was Erfolg ist. Jetzt muss ich ihm nichts mehr erklären, sondern ihn eher manchmal etwas bremsen.“ verletzt ist. Wir haben sie motiviert, was sie machen und wie sie damit umgehen sollen. Es betraf die ganze Welt und deshalb hat niemand eine Tragödie daraus gemacht. Bereiche wie Bildung, Wirtschaft, Transport hatten viel größere Probleme. In Panik zu verfallen ist nicht richtig. Mishina/Galliamov hatten selbst den Wunsch zu uns zu kommen und stellten offiziell einen Antrag. Ich war einverstanden, denn es ist besser, zwei Paare zu trainieren, es ist lustiger für sie und es existiert der Wettkampf-Effekt mit einem Sparringpartner. Sie sind ein Paar von hohem Niveau. Es ist eine motivierende und gutartige Zusammenarbeit. Natalia Bestemianova und Igor Bobrin schafften es, für Mishina/Galliamov das KP aufzubauen und wir planen, mit Alexander Zhulin bald die Kür zu machen. Alexander « Zhulin hat für Boikova/Kozlvoskii nach der EM ein neues KP aufgebaut und wir hatten vor, noch mit anderen Choreographen zu arbeiten. Leider kam das wegen der Einschränkungen nicht zustande. Wir können eine neue Kür machen oder 007 (James Bond Kür) behalten, zumal es bisher keine Klarheit über den Beginn der Saison gibt.“ Freund Vladislav Tarasenko, der wie sie ein ehemaliger Eiskunstläufer ist. Tatjana Flade » Aleksandra Boikova: „Die WM-Absage war hart, weil die Saison irgendwie kein richtiges Ende hatte. Das brachte ein Gefühl der Leere mit sich. Für mich war die Selbst-Isolation leichter, weil ich wegen der Abschlussprüfungen an der Schule viel zu tun hatte. Ich habe Prüfungen in Literatur, Russisch und Gesellschaftswissenschaften abgelegt. Im Herbst möchte ich anfangen, Journalismus zu studieren. Ich bin jemand, die immer in Bewegung ist und nicht stillsitzen kann. Die Zeit der Selbst-Isolation half mir, ruhiger und aufmerksamer zu werden. Wenn du jeden Tag mit deinen Trainern arbeitest, bemerkst du keine Veränderungen und denkst, du läufst am Anfang der Saison genauso wie am Ende. Aber wenn Sie unseren ersten Wettbewerb, die Shanghai Trophy, mit der EM vergleichen, sehen Sie den Unterschied in der eisläuferischen Qualität und in der Ausführung der Elemente. « Daran wollen wir weiterhin arbeiten, denn obwohl wir Fortschritte gemacht haben, haben wir noch Defizite. Ich denke, dass der Wettbewerb (im Training) ein Motor für den Fortschritt ist. Die Ankunft von einem unserer Konkurrenzpaare (Mishina/ Galliamov) in unserer Gruppe ist - ich würde nicht sagen ein Tritt in den Hintern, aber etwas, das uns vorantreibt.“ Dmitrii Kozlvoskii: „Wir hatten uns so auf die WM gefreut, sie hätte etwas Besonderes werden sollen mit den ISU-Auszeichnungen, die das erste Mal stattfinden sollten. Aber wir verstehen, dass die Gesundheit der Menschen das Wichtigste ist. In der Quarantäne-Zeit haben wir getrennt voneinander trainiert, denn wir wollten nichts riskieren und es ist auch nicht schlecht, mal eine Pause voneinander zu machen (lacht). Direkt nach der EM haben wir mit Alexander Zhulin ein neues KP gemacht, das war ein Wink des Schicksals. Es ist immer logistisch schwer, Programme aufzubauen, denn Alexander Viacheslavovich (Zhulin) arbeitet mit den führenden Paaren der Welt und er und auch andere Choreographen arbeiten nicht nur mit dem Paar Boikova/Kozlovskii und es ist nicht einfach, die Pläne zu koordinieren. Nach der WM denkt jeder an neue Programme. Daher hatte Tamara Nikolaevna (Moskvina) eine gute Zeit gefunden und es war Teil unserer WM-Vorbereitung, denn nach einem Wettbewerb wie der EM brauchst du einen mentalen Reload. Wir hatten Glück und gingen mit « einem neuen KP in die Quarantäne. In dieser Corona-Zeit realisierst du, dass das Wichtigste in der Welt die Fähigkeit zuzuhören und einander zuzuhören ist. Alle diese Konflikte sind dumm, denn wir sind alle Menschen, die auf einer Erde leben. Wir sind eins und wir können diese Konflikte nur lösen, wenn wir als Einheit handeln und aufeinander hören.“ 27 Sommertraining in Russland
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